Ingolstadt
Salon mit Seele

Friseurin Sonja Rieke aus Ingolstadt freut sich über ihren Goldenen Meisterbrief

13.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:09 Uhr
Goldener Meisterbrief für Friseurin Sonja Rieke. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Was schenkt man einer Frau zum Geburtstag, die schon alles hat?

Einen Goldenen Meisterbrief, dachte sich Wolfgang Rieke. Verdient hat ihn sich seine Sonja freilich selbst - mehr als 35 Jahre nach der Meisterprüfung und selbstständiger Tätigkeit im eigenen Betrieb. Doch wegen Corona gab es keine feierliche Übergabe. Nun hängt das Dokument gerahmt im Salon, und die 63-Jährige ist stolz darauf. "Man muss halt immer fleißig sein", sagt Sonja Rieke. "Von nichts kommt nichts. "

Der Friseurberuf war immer ihr Traum. Schon als sie im Alter von 15 Jahren mit der Schule fertig war. Aber der Papa hatte zunächst andere Pläne - auch wegen Sonjas guter Noten. "Er hat bei der Despag gearbeitet und wollte, dass ich zu ihm ins Büro komme", erinnert sich die Friseurmeisterin. "Dort hab' ich aber so auf der Schreibmaschine 'rumgehaut, dass mein Vater nachgegeben hat. " So begann das junge Mädchen im Friseursalon Evi am Unteren Graben eine Lehre. "80 Mark hat es damals im ersten Jahr gegeben. " Sonja Engelhardt war zielstrebig und fleißig. Am 7. Dezember 1982 bekam sie den Meisterbrief und machte bald darauf in der Sandtnerstraße 6 ihren eigenen Betrieb auf - bis heute die Stätte ihres Wirkens. "Ohne die Unterstützung meiner Eltern hätte ich das aber nie geschafft", erzählt sie. Als Nächstes musste ein Ehemann her. Über eine Zeitungsannonce lernte die quirlige Ingolstädterin einen charmanten, älteren Herren kennen, einen Baulöwen aus München. Als er nahe des Hauptbahnhofs ein Hotel errichtete, bekam sein "Engelein" dort auch einen eigenen Salon. "Ich hatte ja keine Lust, den ganzen Tag in der Grünwalder Villa am Pool zu liegen. " Die Schanzerin gehörte plötzlich zur Schickeria, pflegte Umgang mit reichen Scheichs, jettete zwischen München, Monaco und Nizza hin und her und dinierte im berühmten Hotel Negresco neben Filmstar Omar Sharif.

Doch die Geschichte endete tragisch. So kehrte die Friseurin allein zurück in die Schanz und übernahm wieder ihren Salon, den sie zwischenvermietet hatte. Dort schneidet und frisiert sie bis heute glücklich anderer Leute Haare und rettet nebenbei Menschen und Tiere in Not. Die Stammkundschaft genießt die familiäre Atmosphäre, es wird geratscht und getratscht oder das neue Kaninchen der Chefin bewundert.

Auf den Friseurberuf hält Sonja Rieke immer noch große Stücke: "Schön will doch jeder sein. Aber nur mit Fleiß und Ehrlichkeit kommt man weiter. " Sie selbst tritt allmählich kürzer: "Wenn ich nicht mehr mag, gehe ich zum Baden oder in die Sauna oder koche was Gutes. Das geht nur, weil ich so gute Mitarbeiterinnen hab'. "

DK

Suzanne Schattenhofer