Riskantes Manöver

Kommentar

23.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr

Nun also die Flüchtlinge. Kanzlerkandidat Martin Schulz lässt nichts unversucht, um die Wähler doch noch von seinen Qualitäten zu überzeugen. Nachdem das Wahlprogramm und sein Zukunftskonzept weitgehend verpufft sind, präsentiert sich der SPD-Vorsitzende nun als Krisenmanager, reist am Donnerstag sogar nach Italien und trifft Premier Paolo Gentiloni.

Das Manöver des Sozialdemokraten ist allerdings riskant. Denn es ist allzu durchsichtig. Er wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel Untätigkeit vor, die SPD regiert jedoch seit Jahren mit. Schulz' Genosse Sigmar Gabriel ist Außenminister und somit eigentlich derjenige, der mit den Italienern und den anderen EU-Partnern verhandeln sollte.

In der Sache hat Schulz ja durchaus recht: Das Thema Flüchtlinge gehört ganz oben auf die Prioritätenliste. Doch ist es ja keineswegs so, als sei in den vergangenen Jahren politisch nichts geschehen. Das Problem ist nur: Solidarität innerhalb Europas kann man nicht erzwingen, und dass sie sich mit Geld aus Brüssel erkaufen lässt, ist auch nicht sehr wahrscheinlich. Eine Koalition der Willigen, die Italien Flüchtlinge, die über das Mittelmeer gekommen sind, abnimmt, klingt gut. Es gibt aber nur wenige Länder, die sich daran beteiligen würden, und die Zahlen wären zu gering, um die Krise zu lösen.

Das Patentrezept - das gibt es ohnehin nicht. Auch nicht im Bayern-Plan der CSU, die weiter stur die Flüchtlingsobergrenze fordert. Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer erklärt, es müsse schon an der EU-Außengrenze Verfahren geben, um zu klären, wer schutzbedürftig ist und wer nicht. Hier gilt ebenfalls: Klingt gut. Doch wer in Libyen in See gestochen ist und auf dem Mittelmeer gerettet wurde, der ist praktisch schon in der EU. Mit einer Regierung, deren Macht kaum über Tripolis herausreicht, lassen sich schwerlich pragmatische Lösungen finden. Richtig ist ohne Frage, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Das allerdings ist ein langwieriges Unterfangen.