Scheyern
Reise zu den Wurzeln der Wittelsbacher

Frater Joachim zeigt Lesern unserer Zeitung die schönsten Ecken des Scheyerer Klosters

16.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:32 Uhr

Alles Schöne ist ganz oben: Leser unserer Zeitung bestaunen die Deckengemälde der Basilika. - Foto: Steininger

Scheyern (PK) Viel Historisches rund um das Kloster und über Bayerns Geschichte haben rund 40 Leser unserer Zeitung bei einer Führung durch das Benediktinerkloster erfahren. Sachkundiger Führer war Frater Joachim.

Der wies gleich zu Beginn der Führung am Samstag darauf hin, dass das Kloster nicht uneingeschränkt besichtigt werden könne, denn der Klausurbereich der zwölf Mönche, davon fünf Priester, steht der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Dafür aber die schönsten und historisch bedeutendsten Räume wie die Basilika, die Sakristei, der Kreuzgang, die Königskapelle und insbesondere „die Kapitelkirche, ein Kristallisationspunkt für die bayerische Landesgeschichte“, wie Frater Joachim nicht ohne Stolz bemerkte.

Erst aber betonte er den historischen Boden, auf dem sich die Leser versammelt hatten. Früher stand hier eine Burg der Grafen von Scheyern, den Vorfahren des bayerischen Herrscherhauses der Wittelsbacher, die hier ihre Wurzeln hatten. Die regierten von 1180 bis 1918, als deren Monarchie mit der Novemberrevolution endete und der „Freistaat Bayern“ ausgerufen wurde. Das Kloster selbst durchlebte eine wechselvolle Geschichte, vom Gründungsjahr 1119 über die Auflösung während der Säkularisation im Jahr 1803 – bis 1838 König Ludwig I. das Kloster Scheyern wieder zum Leben erweckte.

Beeindruckt zeigten sich die Besucher von der Basilika, die romanische Stilelemente ebenso enthält wie die des späten Rokoko. Die Besucher bestaunten die gut erhaltenen Stuckaturen wie auch die bunten Fresken im Dachgewölbe, die in dieser Form erst seit 1923 zu sehen sind und bereits die dritte Variante des Deckenschmucks darstellen. Weiter führte die Klostertour in die Heilig-Kreuz-Kapelle mit ihrem typischen Scheyerer Kreuz und mit Splittern und Spänen vom Kreuz Jesu, „eine der kostbarsten und bedeutendsten Kreuzreliquien im süddeutschen Raum“, sagt Frater Joachim. In der jetzigen Königskapelle wird an die Hochzeit der bayerischen Prinzessin Gisela mit dem ungarischen Königssohn Stephan erinnert, die vor über 1000 Jahren in der damaligen Burgkapelle stattgefunden hat. Mit einer gewissen Ehrfurcht betritt die Gruppe die Sakristei mit 20 kunstvoll gedrechselten Holzschränkchen für die Messutensilien der einzelnen Mönche und mit ihrer holzgetäfelten Decke. Die stammt noch aus dem Dreißigjährigen Krieg „und hat bisher allen Holzwürmern getrotzt“.

Bei dieser Gelegenheit erläutert Frater Joachim auch die Aufgaben des Klosters, insbesondere die Seelsorge für vier Pfarreien, Religionsunterricht an katholischen Schulen bis zum Schulbetrieb der Berufsoberschule (BOS) und Fachoberschule (FOS) inklusive angeschlossenem Wohnheim. Nachdenkliche Mienen bei den Besuchern, als der Frater im Kreuzgang erklärt, dass sich die auf den Wandtafeln verewigten Brüder nicht etwa dahinter ihre letzte Ruhe gefunden haben, sondern unter dem Boden, auf dem die Gruppe gerade steht. Ein besonderer Hinweis des Geistlichen gilt Pater Joseph Peruschitz, der 1912 beim Untergang der „Titanic“ sein Leben verlor. Er sollte im amerikanischen Minnesota eine Ordensschule aufbauen.

Nüchtern, eher modern anmutend ist die Kapitelkirche, ein wichtiger Gebetsraum für die Mönche. Die finden sich hier viermal täglich ein, erst zur Mette um 5.30 Uhr, dann um 12 Uhr zur Mittagshore, gefolgt um 17.45 von der Vesper und um 19.40 Uhr schließt der Tag mit dem Nachtgebet, dem das nächtliche Stillschweigen folgt. Der Raum verfügt über eine hervorragende Akustik, die bei manchen Sommerkonzerten auch für weltliche Zuhörer vernehmbar ist. Gleich nach dem Betreten geht man an einer historischen Grablege vorbei, unter der sich eine unterirdische Grabkammer befindet. Darin haben alle bis ins Jahr 1253 verstorbenen Mitglieder des Hauses Wittelsbach ihre letzte Ruhe gefunden. Mit der Erläuterung der Bilder an beiden Seiten der Kapitelkirche endet eine Klosterbesichtigung, die informativ und kurzweilig gleichermaßen war. Die anschließende Bierprobe klösterlicher Braukunst in der Klosterschenke und ein mehrgängiges Menü mit Wahlmöglichkeit stillte dann auch das Bedürfnis der Leser nach weltlichen Genüssen.