Ingolstadt
Reden mit dem Körper

Mentalist Thorsten Havener verblüfft die Zuschauer mit seiner Show

07.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:13 Uhr

Schnell entlarvt: Zuschauer Michael (rechts) kann Thorsten Havener nichts vormachen. Der Mentalist errät, welchen symbolischen Gegenstand er in welcher seiner Hosentaschen trägt. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Der gläserne Bürger - noch ist die Vorstellung der vollständigen Durchleuchtung all dessen, was wir tun und denken mehr eine horrende Zukunftsvision, die allerdings in Zeiten der zunehmenden digitalen Vorherrschaft immer realistischer wird. Thorsten Havener jedoch braucht keine Datenkraken, die das Internet umgraben und keine Cookies, die sich auf Festplatten einnisten, um seine Mitmenschen zu durchschauen - sie vor seinen Augen gläsern zu machen.

Ihm genügt ein Blick auf die Haltung seines Gegenübers. Sagt er zumindest. Eindrucksvoll demonstriert hat der durch das Fernsehen und zahlreiche Bühnenshows bekannte Mentalist und Zauberkünstler das am Donnerstagabend im Festsaal des Stadttheaters Ingolstadt mit seinem Programm Der Körpersprache-Code.

"Halten Sie Ihren rechten Arm senkrecht in die Luft", bittet er das Publikum zum Anfang der Show und zeigt den Menschen auch noch, was sie tun sollen. Allerdings in leicht abgewandelter Form. Die heben ihren rechten Arm und bringen ihn in die Waagrechte. Eine der ersten Lektionen des Abends ist damit gelernt: "Willst du Menschen beeinflussen, dann mach vor, was du von ihnen willst", erklärt Havener. "Vieles ist dann möglich."

Haveners mentale Fähigkeiten sind aber noch steigerungsfähig. Selbst dann, wenn der Zuschauer meint, das sei nun der Gipfel seines seherischen Talents gewesen. Gerade dann setzt der Saarländer noch einen drauf. Michael aus dem Publikum verrät ihm anhand seines Gangs, welchen Gegenstand er in welcher Hosentasche verborgen mit an Bord eines Flugzeuges nehmen will. Ganz nebenbei macht Havener ihm dabei noch den Geldbeutel leer. Gabi und Thomas - seit drei Jahren ein Paar - erleben in Haveners Nähe noch einmal den Augenblick des ersten Kennenlernens - inklusive telepathisch übertragener Berührungen und dramaturgisch auf die Spitze getrieben ("Unter sechs Milliarden Menschen hast du gerade ihn getroffen", sagt der Entertainer bedeutungsvoll). Zum Schluss sucht Gabi sich unter 70 verdeckt aufgefächerten Polaroid-Fotos genau das heraus, das der Mentalist nur ein paar Minuten zuvor von Thomas gemacht hat.

Für eine andere Nummer holt er sich gleich fünf Leute auf die Bühne und inszeniert mit ihnen ein Krimi-Spiel. Glaubt man Havener, genügt ein Blinzeln, eine hochgezogene Augenbraue, um "Verdächtige" als Lügner zu enttarnen. Zumindest auf der Bühne gelingt das perfekt. Auch wenn eine Mitspielerin ihm beinahe die Show stiehlt, als sie Haveners richtige Einschätzung ihr gegenüber bewusst verneint und ihn so offenbar für eine Sekunde in Verlegenheit bringt. Zwischen den Acts gibt der vor Redseligkeit nur so strotzende Künstler seinen Zuschauern Tipps, wie man seine Mitmenschen im Alltag anhand ihrer Gesten und Körperhaltung entlarven kann. So würden sich erwachsene Lügner gerne ans Ohrläppchen fassen. Wer dagegen wissen möchte, ob der andere führungsstark oder empathisch ist, der solle ihn ein Q auf die Stirn malen lassen. Die Richtung, in die er den Strich setzt, würde es verraten.

Bei aller geballt demonstrierten hellseherischen Kraft gibt Havener seinen Mitspielern nie das Gefühl, er entblöße sie und ihre Gedanken derart, dass es peinlich wird. So bleibt nach zwei Stunden das erleichternde Gefühl zurück, dass alles vermutlich doch nur eine geschickt gemachte Show ist. Trickreich vielleicht, erstaunlich in jedem Fall.