München
Rechnungshof gibt keine Ruhe

Prüfer beklagen Steuerausfälle durch fehlende Finanzbeamte: "Hier wird an der falschen Stelle gespart"

27.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:40 Uhr

München (DK) Die Forderung nach mehr Steuerfahndern ist nicht neu. Bisher wurde sie meist von der Opposition erhoben. Jetzt kommt sie vom Obersten Rechnungshof (ORH). Die Staatsregierung will ihr trotzdem nicht folgen. Obwohl sie dringend Geld braucht, um Schulden zu tilgen.

Der Präsident des Rechnungshofs, Heinz Fischer-Heidelberger, setzt eine klare Priorität. Beim Schuldenabbau müsse der Freistaat dringend vorankommen, meint er. Schon im Dezember hatte der oberste Rechnungsprüfer die Staatsregierung gerüffelt. Trotz üppiger Steuereinnahmen tue sie zu wenig, um die Schuldentilgung voranzubringen. Prompt kam die Retourkutsche von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Er werde dem Rechnungshof gerne mal erklären, wie moderne Finanzpolitik funktioniere – wenn er irgendwann mal Zeit dazu habe.

Fischer-Heidelberger hat sich davon offensichtlich nicht einschüchtern lassen. Auch im gestern veröffentlichten Bericht gibt er Tipps zur Finanzpolitik. Seiner Meinung nach schöpft der Freistaat sein Potenzial für Steuereinnahmen nicht aus. Mehr Finanzbeamte müssten her, fordert der ORH. „Hier wird an der falschen Stelle gespart“, sagt der Behördenchef. Mehr Beamte könnten Steuererklärungen genauer prüfen und so zum Beispiel Steuerhinterziehung effektiver verhindern, so die Logik. Die Kosten für zusätzliches Personal seien wesentlich geringer, als an zusätzlichen Einnahmen hereinkäme, heißt es im ORH-Bericht.

Unterstützung bekommt der Rechnungshof von der Bayerischen Finanzgewerkschaft (bfg). „Jeder zusätzliche Beschäftigte finanziert sich selber und bringt unserem Staat ein Mehrfaches des Gehaltes an zusätzlichen Einnahmen“, lässt die Gewerkschaft per Mitteilung verbreiten. Die Opposition macht genau diese Rechnung seit Jahren immer wieder auf.

Ein Beispiel für eine schlechte Steuerausbeute sieht der ORH in der Landwirtschaft. Weil landwirtschaftliche Einkünfte nicht richtig besteuert würden, entstünden jährlich Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe, heißt es. Wenn Grundstücke verkauft würden, sei die Besteuerung oft mangelhaft. Finanzämter akzeptierten oft auch unvollständige Steuererklärungen von Landwirten. Von einer Fehlerquote von 30 Prozent ist in dem Bericht die Rede. Wenn man die abstelle, könne man die Steuereinnahmen des Freistaats deutlich erhöhen.

Auf höhere Einnahmen ist die Staatsregierung angewiesen. Bis 2030 will Ministerpräsident Seehofer die Schulden Bayerns vollständig abbauen. Noch ist völlig ungewiss, wie das gelingen soll. Trotzdem will Seehofer den Vorschlag des Rechnungshofs nicht umsetzen. Er wolle den Personalapparat nicht vergrößern, sondern verkleinern, sagt er.

Im Finanzministerium weist man die Argumente für mehr Steuerfahnder ebenfalls zurück. Erstens seien die bayerischen Finanzbeamten besonders effektiv, heißt es. Außerdem gehe die Rechnung nicht unbedingt auf, wurde in der Vergangenheit argumentiert. Große Betriebe und Menschen mit hohen Einkommen würden schon jetzt genau kontrolliert. Man könne also nicht davon ausgehen, dass zusätzliches Personal ähnliche Mehrergebnisse bringe.