Rohrbach
Raus aus dem Teufelskreis

Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft: EU-Gelder künftig sinnvoller einsetzen

16.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:27 Uhr

Rohrbach (PK) Zu einem Vortrag unter dem Titel "Bäuerliche Landwirtschaft statt Billigproduktion für den Weltmarkt" hatte die ÖDP Josef Schmid, den Landesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), nach Rohrbach eingeladen. Wichtig sei, die EU-Gelder künftig besser einzusetzen.

Es gehe um ein Thema, das alle angehe, so Gustav Neumair, der die Anwesenden als stellvertretender Vorsitzender der ödp im Landkreis begrüßte und gleich als bayerische Lebensart für die Landwirtschaft forderte: "Leben und leben lassen statt wachsen oder weichen."

Schmid stellte einen Vorschlag für eine bessere Verteilung der jährlich circa vier Milliarden Euro EU-Agrar-Fördermittel vor, die derzeit für eine pauschale Flächenförderung ausgegeben werden. Den Vertretern der Landwirtschaft und Zuhörern stellte er das ausgearbeitete AbL-Punktesystem dem bisher angewandten System der Förderung nach Fläche gegenüber. Josef Schmid, selbst Landwirt, erklärte die Folgen des von der Agrarpolitik verursachten Strukturwandels. Seit Jahrzehnten werde durch eine Orientierung am Weltmarkt die Expansion von landwirtschaftlichen Betrieben gefördert.

In der Folge seien die Bauernhöfe größer und weniger geworden, die Landwirte hätten mit großem Risiko viel investiert, die Arbeit sei eher mehr geworden. Das alles habe aber keine wesentliche Verbesserung der Einkommen gebracht. Um neue Märkte im Ausland zu erobern, müssten, so Schmid, die Landwirte dortige Preise unterbieten, worauf die Konkurrenz versuche, diese Preise wiederum zu unterbieten. So werde ein Teufelskreis ausgelöst, der die Preise für landwirtschaftliche Produkte immer weiter drücke. Diese Negativentwicklung wirke sich auch auf die Inlandspreise aus, da der mächtige Lebensmittelhandel diese Niedrigpreise auch für sich beanspruche.

Der wirtschaftliche Druck dränge Landwirte oft dazu Boden, Wasser und Tierwohl nicht mehr ihrer Überzeugung entsprechend zu berücksichtigen. Bodenerosion, Nitrat und Spritzmittelrückstände im Trinkwasser, Monokulturen, industrielle Massentierhaltung und sinkende Akzeptanz bei den Verbrauchern seien Folgen dieser falschen Agrarpolitik. "Mehr Strukturwandel ist für Bayern nicht mehr verträglich", so Schmid, "wir haben viel zu verlieren".

Die EU setze mit ihren Fördermitteln verkehrte Anreize, denn je mehr Fläche ein Landwirt bewirtschafte, umso mehr Fördergelder bekomme er. Jährlich vier Milliarden Euro von der EU, würden als Einkommenssicherung für kleine Betriebe und als Ausgleich für höhere Auflagen gerechtfertigt. Tatsächlich aber erhielten nach Schmid die größten 1,6 Prozent der Betriebe 30 Prozent der Fördermittel, unabhängig davon, wie umwelt- und sozialverträglich sie wirtschaften. Dabei sage die Größe nichts über die Qualität s aus. "Man kann auf 20 Hektar umweltschädlich arbeiten und auf 300 Hektar ökologisch sinnvoll wirtschaften", so Schmid, der forderte, die Gelder der EU-Agrarförderung in Zukunft zielgerichteter einzusetzen. AbL habe einen konkreten Vorschlag erarbeitet, der keinen bürokratischen Mehraufwand erfordere. Nicht mehr allein die Größe der bewirtschafteten Fläche solle für die Vergabe der Förderung ausschlaggebend sein, sondern nach einem transparenten Punktesystem auch die Größe der Felder, die Fruchtfolge, der Anbau von Leguminosen, der Grünlandanteil, die Anzahl der Tiere je Hektar und die Haltungsform. So könnten gezielt umwelt- und tierfreundliche Produktionsweisen gefördert werden. "Öffentliche Gelder nur für gesellschaftliche Leistungen" würde nach Ansicht von Schmid auch das Vertrauen der Konsumenten stärken. Die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte müssten aber langsam rückgängig und das Punktesystem gleitend eingeführt werden. Unbedingt erforderlich sei auch eine einheitliche Kennzeichnungspflicht landwirtschaftlicher Produkte, bezüglich Herkunft und Umwelt- beziehungsweise Tierfreundlichkeit der Produktionsweise. Auf der Homepage könnten Landwirte ihre Daten eintragen und erfahren, wie sich der Vorschlag auf die Höhe der Förderung auswirken würde.

Siegfried Ebner betonte, dass sich das Interesse von Großgrundbesitzern nicht durchsetzen dürfe. "Es kann nicht sein, dass sich Konzerne in großem Stil Land kaufen und dann die EU-Förderungen einstreichen." Wer keine Vorteile für die Gesellschaft bringe oder sogar Nachteile, soll nicht dafür belohnt werden."