Neuburg
Radeln um jede Stimme

ÖDP-Spitzenkandidat Sebastian Frankenberger erreicht Etappenziel Neuburg

20.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:46 Uhr

Ein großer Bahnhof wurde Sebastian Frankenberger (Mitte) auf dem Neuburger Schrannenplatz nicht bereitet, als der am Montagabend das Etappenziel auf seiner Wahlkampf-Radltour erreichte. Im Anschluss sprach er im Gasthaus Pfafflinger vor einem überschaubaren Kreis über die Ziele seiner Partei – zum Beispiel, den Ministerpräsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen - Foto: Frank

Neuburg (DK) Er kam doch noch, wenn auch verspätet. Ein Unwetter und ein platter Reifen brachten den ÖDP-Spitzenkandidaten Sebastian Frankenberger nur zeitlich etwas aus dem Konzept. Am Montagabend sprach er in Neuburg vor kleinem Publikum.

Das aufblasbare Zelt steht schon am späten Nachmittag auf dem Schrannenplatz. Flyer und Parteiprogramme liegen aus, der Ingolstädter ÖDP-Stadtrat und Landtagskandidat Franz Hofmaier harrt seines Bundesvorsitzenden und oberbayerischen Spitzenkandidaten. Doch Sebastian Frankenberger lässt auf sich warten. Kein Wunder, hat sich der Chef der Ökologisch-Demokratischen Partei doch vorgenommen, mit dem Fahrrad alle 90 Wahlkreise in 90 Tagen zu besuchen. Das bedeutet etwa 4500 Kilometer auf dem Rad. Am Montag startet er in Eichstätt und will nach mehreren Abstechern gegen 17 Uhr in Neuburg sein. Ein Unwetter mit Blitz und Donner erzwingt eine eineinhalbstündige Pause, ein platter Reifen bringt weitere Verzögerungen. Aber dann ist er „mit voll Speed da runtergerauscht“, wie er später erzählt und doch noch auf dem Schrannenplatz eingetroffen. Eine Passantin dankt ihm für seine Initiative zum Nichtraucherschutz, ein Vorübergehender grummelt etwas von einer Schachtel Eier, die er als Wurfgeschosse mitzubringen vergessen habe, lässt Frankenberger aber in Frieden.

Der Kampf gegen den blauen Dunst in Gaststätten, mit dem er sich viele Feinde gemacht hat, ist dann kein Thema mehr, als der 31-jährige Fremdenführer – immer noch im Radlerdress – im Nebenzimmer des Gasthauses Pfafflinger von Franz Hofmaier vorgestellt wird. So eine Wahlkampftour sei einmalig in Bayern, sagt der Ingolstädter, „so hat es noch niemand gemacht“. Dann ist Frankenberger dran. Er erzählt einer überschaubaren Anhängerschar von etwa zehn Männern und Frauen von den „vielen ganz persönlichen Erlebnissen“, die er unterwegs gehabt habe, von vielen guten Gesprächen mit den Menschen, von Betriebsbesichtigungen, einem wolkenverhangenen Allgäu und einem geradezu mediterranen Franken. Nach einem kurzen Reiseresümee gibt der Bundesvorsitzende, der gerne bayerischer Kultusminister wäre, den weiteren Verlauf des Abends frei: „Ihr bestimmt’s heut’ das Thema“, schlägt er vor.

Es kommen viele Vorschläge: Subventionen für die Betreiber von Biogasanlagen, die ihr Material auf Straßen anfahren, die die Allgemeinheit bezahlen muss zum Beispiel, der Tierschutz und die „bedrückende Massentierhaltung“, die absolute Trennung von Kirche und Staat, Klimawandel und Flächenverbrauch. Und nicht zuletzt das Verhältnis zu den Grünen.

Das sei gar nicht schlecht, greift der 31-Jährige den Faden auf. In der Sachpolitik arbeite man sogar hervorragend zusammen. „Ich pflege einen guten Draht zu den Grünen. Auf dem Land nehmen wir denen keine Stimme weg, und die uns nicht.“ Überdies, so Frankenberger, würde eine zweite ökologische Bewegung im Parlament durchaus guttun.

Der Dauerradler nimmt sich Zeit, beantwortet Zwischenfragen und kämpft mit mehreren Mineralwassern gegen die Dehydrierung an, die ihn auf dieser Bayerntour begleitet. Er spricht sich für die Energiewende aus, „die wir locker schaffen können“, würde von Konzernen und Lobbyisten nicht immer gebremst. Biogas ja, aber mit 70 bis 80 Prozent Mist und keinen Lebensmitteln. Ein Nein zu Massentierhaltung, Gentechnik und einem Freihandelsabkommen mit den USA, weil damit der Weg für grüne Gentechnik in Deutschland bereitet würde. Keine Patente auf Tiere und im Sinne des Klimaschutzes der Verzicht auf Fleisch. „Wir müssen unseren Lebensstil entrümpeln“, fordert Frankenberger. Als Vegetarier habe er 0,4 bis 0,5 Tonnen CO2 im Jahr zu verantworten, ein Fleischesser etwa zwei Tonnen. Die Ökodemokraten machen’s vor, ihre Parteitage sind fleischlos. Ziel müsse auch der regionale Einkauf sein. „Ein Kilo Schrobenhausener Spargel produziert 50 Gramm Kohlendioxid, ein Kilo argentinischer hingegen fünf Kilo“, rechnet der Parteichef vor. Die regionale Ausrichtung reiche aber nicht, auch der saisonale Aspekt müsse berücksichtigt werden, also Obst und Gemüse dann kaufen, wenn sie die Natur hervorbringt, denn Kühl- und Lagerhaltung erzeugen wiederum CO2. Der Bundesvorsitzende räumt aber ein, dass seine persönliche CO2-Bilanz trotz Vegetariertum durch jährlich 50 000 Kilometer Autofahrten und 80 000 Kilometer Bahn nachhaltig vermasselt wird.

Der pflegliche Umgang mit natürlichen Ressourcen ist Frankenberger ein Anliegen. Der Flächenverbrauch ist ihm ein Dorn im Auge. „Wir brauchen ein Moratorium. Jede Kommune versucht wegen der Gewerbesteuer so viel Fläche wie möglich auszuweisen. Deshalb muss die Gewerbesteuer weg“, erklärt er. Auch die „Überregulierung“ durch Brüssel, gegen die Edmund Stoiber gar nichts mache, müsse weg. Weitere Ziele der Ökologischen Demokraten sind elf Euro Mindestlohn, weil alles darunter in die Sozialhilfe führe und die Direktwahl des Ministerpräsidenten durch das Volk. Gut zwei Stunden steht in des Wortes Sinn Frankenberger den Zuhörern Rede und Antwort. Die Radlerkluft signalisiert, er sei in Eile. Ist er aber nicht. Erst am Dienstagvormittag macht sich der Wahlkämpfer wieder CO2-neutral auf den Weg. Die Etappe führt nach Ingolstadt. Im September soll die Tour dann im Maximilianeum enden.