Polizei sucht Bürger als Helfer

16.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:56 Uhr

München (DK) Einmal in der Woche verwandelt sich die Verwaltungsfachangestellte Petra Mittermüller in eine Ordungskraft. Nach der Arbeit bei der Gemeinde Hepberg fährt sie ins Polizeirevier nach Ingolstadt, holt sich ihr Funkgerät und geht auf Streife. Drei Stunden dauert das meistens. Als Mitglied der Sicherheitswacht hilft sie Leuten, die nach dem Weg fragen, bringt Jugendliche dazu ihre Bierflaschen aus dem Park mitzunehmen. Manchmal muss sie sogar helfen, eine Schlägerei zu schlichten. Dazu funkt sie allerdings die Polizeibeamten an. Mittermüller sieht es als gesellschaftliches Engagement. Sie sagt: "Jeder sollte doch ein bisschen was machen."

Menschen, wie Mittermüller sucht die Polizei dringend. Die Staatsregierung will die bayerische Sicherheitswacht ausbauen. Aus derzeit etwas mehr als 500 Freiwilligen sollen möglichst bald 1000 werden. Dafür haben sich die Minister gestern in ihrer Kabinettssitzung ausgesprochen. Die Polizeihelfer seien inzwischen ein "fester Bestandteil der bayerischen Sicherheitsarchitektur", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gestern in München. Sie steigerten in vielen Orten Bayerns das "subjektive Sicherheitsgefühl" der Menschen. Zudem wirkten sie "der Unkultur des Wegschauens" entgegen.

Die Sicherheitswacht wurde 1994 gegründet. Ihr gehören einfache Bürger an, die sich freiwillig melden und eine Grundausbildung erhalten. Danach können sie auf Streife gehen. Beobachten sie eine Straftat, sollen sie die Polizei anfunken, denn selbst dürfen sie niemanden verhaften. Ingolstadt war eine von drei Städten, die von Anfang Polizeihelfer beschäftigen durften. Inzwischen laufen sie in 59 bayerischen Städten Streife. Auch in Kommunen unter 20 000 Einwohner dürfen sie, anders als zu Anfang, inzwischen eingesetzt werden. Über den Einsatz entscheiden die Kommunen und die örtliche Polizei.

Allerdings seien die Ehrenamtlichen kein Ersatz für richtige Polizisten, betonte Herrmann gestern. Sie seien "weder Hilfspolizei noch Bürgerwehr". Eingesetzt würden sie würden vor allem dort, wo ein Bedürfnis nach erhöhter Präsenz von Sicherheitskräften bestehe, etwa in öffentlichen Parks. Dort seien sie "eine richtige und sinnvolle Ergänzung".

Kritiker bezweifeln den Nutzen der Sicherheitswacht. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Harald Schneider spricht von einer "Beruhigungspille" für die Bürger. Bei allem gut gemeinten Engagement, gaukele ihre Präsenz Sicherheit nur vor, sagt Schneider. Nötig seien stattdessen mehr Polizisten. Das gelte gerade für Städte wie Ingolstadt, in denen die Bevölkerungszahl ständig wachse.

Dass sie einen Polizsiten nicht ersetzen kann, weiß Petra Mittermüller ganz genau. Aber sie habe festgestellt, dass sie und ihre Kollegen inzwischen als sehr gut akzeptiert würden, sagt sie. Schläger oder Einbrecher verfolgt sie eher selten, Häufiger hilft sie bei der Suche nach dem richtigen Weg. Am nächsten Donnerstag geht sie wieder auf Streife.