Ingolstadt
Pleiten, Pech und Pannen

29.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr

Foto: Stefan Boesl

Der ERC Ingolstadt war 2014 Meister und 2015 Vizemeister der Deutschen Eishockey-Liga - doch seit zweieinhalb Jahren hangeln sich die Panther von Krise zu Krise. Das Chaos in der Chronik.

Ingolstadt (DK) Im neuen Jahr wird alles besser - so oder so ähnlich lautet der Satz, der rund um den Jahreswechsel vermutlich am häufigsten ausgesprochen wird. Beim ERC Ingolstadt hat dieser Vorsatz in den vergangenen Jahren nicht gefruchtet - im Gegenteil: Das Chaos ist beim sportlich im Mittelmaß versunkenen Klub aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) eher immer größer geworden. Nachfolgend haben wir Pleiten, Pech und Pannen der jüngeren Vergangenheit aufgelistet. Aber im nächsten Jahr wird es dann ganz bestimmt wirklich besser . . .

 

Frühjahr 2015

 

Weil Sportdirektor Jiri Ehrenberger die Vertragsgespräche mit Trainer Larry Huras zu lange hinauszögert, nimmt der Kanadier die Offerte des schwedischen Erstligisten Modo Hockey an. Sein Nachfolger in Ingolstadt wird der bisherige Co-Trainer Emanuel "Manny" Viveiros, Torwarttrainer Peppi Heiß wird zum Assistenzcoach befördert. Ehrenberger lässt Stürmer Jean-Francois Boucher über seine Zukunft lange im Unklaren und öffentlich durchblicken, dass der Meisterpanther zu hohe Gehaltsforderungen habe. Nach seinem Abgang zu den Kölner Haien erhebt der Publikumsliebling gegenüber unserer Zeitung schwere Vorwürfe: "Jiri hat gelogen. Das entspricht nicht meinem Charakter. Ich hätte auf Geld verzichtet." Ehrenberger gerät bei den Fans wegen seiner Kommunikationsschwäche mehr und mehr in die Kritik.

 

September/Oktober 2015

 

Der Saisonstart misslingt: Aus den ersten vier DEL-Partien holen die Panther nur drei Punkte. Nach einem 3:6 beim EHC München am 16. Oktober, der sechsten Auswärtsniederlage in Serie, fällt der ERC ans Tabellenende - erstmals seit dem 12. Oktober 2003. Ebenfalls nicht in Schwung kommt der als Torjäger verpflichtete Brian Lebler: Am Ende der Saison stehen zehn Tore und 15 Vorlagen in der Statistik des überforderten Austro-Kanadiers, der als einer der größten Transferflops in die Vereinsgeschichte eingeht. Das teure Missverständnis endet nach nur einem Jahr. In der Champions Hockey League scheitern die Ingolstädter dagegen nur äußerst knapp am späteren Titelträger Frölunda Indians aus Schweden.

 

14. November 2015

 

Trotz der sportlichen Krise halten die Panther auch während der Länderspielpause an Viveiros fest. Doch das erste Spiel danach verliert ein desolater ERC mit 2:5 gegen die Iserlohn Roosters. Die Anhänger skandieren "Ehrenberger raus!", Viveiros ist ratlos: "Momentan habe ich keine Ahnung, warum das passieren konnte." Einen Tag später, am Samstag, 14. November, wird Viveiros entlassen. Beim Auswärtsspiel in Krefeld am folgenden Tag betreut Heiß interimsmäßig die Mannschaft, die 2:3 nach Verlängerung verliert. Übergangsweise stellt sich auch Ehrenberger hinter die Bande.

 

26. November 2015

 

Die Panther präsentieren Viveiros' Nachfolger: Mit Kurt Kleinendorst kommt ein ehemaliger Spieler des ERC zurück an die Donau. "Es ist ein Neuanfang für jeden", sagt der US-Amerikaner, "es zählt nicht, was war, und nach allem, was ich gehört habe: Wir sind besser als unser Tabellenplatz." Unter der Regie Kleinendorsts kämpfen sich die Panther von Tabellenplatz 13 auf Rang acht nach der Hauptrunde nach oben.

 

11. März 2016

 

In den Pre-Play-offs wartet der Neunte Straubing Tigers, gegen den der ERC die vergangenen zwölf Spiele gewonnen hat. Doch in den K.-o.-Spielen reißt die Serie: Nach dem 3:4 in der Saturn-Arena verlieren die Panther, die ohne den verletzten Top-Stürmer Brandon Buck auskommen müssen, auch das zweite Spiel der "Best-of-Three"-Serie am Pulverturm mit 1:2 nach Verlängerung - die Saison ist vorbei. "Das Team hat die Qualität gehabt", sagt ein sichtlich enttäuschter Ehrenberger, der trotz des frühen Scheiterns eine Bewährungschance erhält. Kleinendorst, dessen Punkteschnitt über die Saison gesehen für die direkte Viertelfinal-Qualifikation gereicht hätte, unterschreibt ebenfalls einen neuen Vertrag. "Wir werden besser sein", kündigt der 55-Jährige an. Kapitän Patrick Köppchen legt er in einem persönlichen Gespräch den Abschied nahe - doch der Meisterpanther bleibt.

 

8. Juni 2016

 

Nur drei Monate nach der Vertragsverlängerung muss der ERC wieder einen Trainer suchen: Auf Bitten von Kleinendorst wird das Arbeitspapier wieder aufgelöst, weil der Mann aus Minnesota seinen Ex-Klub Binghamton Senators in der nordamerikanischen AHL übernehmen will. Auch "familiäre Gründe" seien ausschlaggebend für die Entscheidung, lassen die Panther in der Pressemitteilung verlauten. Schon zuvor hatte Stürmer Alexander Barta die Panther trotz gültigen Vertrags in Richtung Düsseldorfer EG verlassen. Später wird bekannt: Kleinendorst und Ehrenberger hatten sich in Fragen der Kaderplanung überworfen, erneut macht das Wort "Kommunikationsprobleme" die Runde.

 

15. Juni 2016

 

Nach Barta und Kleinendorst droht den Ingolstädtern plötzlich auch der Verlust ihres besten Stürmers: Brandon Buck, der bei den Panthern einen Vertrag bis 2020 besitzt, möchte zu Ex-Meister AK Bars Kasan in die russische KHL wechseln. Dort kann er sein Gehalt vervielfachen. Im Raum stehen ein Leihgeschäft und eine Ablösesumme, doch zu einer Einigung kommt es nicht - der Kanadier muss beim ERC bleiben und ist bitter enttäuscht.

 

11. Juli 2016

 

Die Ingolstädter präsentieren den ehemaligen schwedischen Weltklasse-Verteidiger Tommy Samuelsson als neuen Trainer. "Wir wollen wie eine Familie arbeiten", sagt der 56-Jährige bei seiner Vorstellung. "Zwischen Anfang August und dem letzten Saisonspiel verbringt man mehr Zeit miteinander als mit der Familie. Deshalb ist es so wichtig, dass man miteinander kommunizieren kann." Co-Trainer wird ERC-Jugendleiter Petr Bares, Heiß kümmert sich um die Torhüter und die U 19.

 

16. September 2016

 

Nach der emotionalen Ehrung von Meisterpanther Jakub Ficenec, der seine Karriere beendet hat, gewinnt Ingolstadt mit sechs Neuzugängen das erste Saisonspiel mit 4:0 gegen die Schwenninger Wild Wings. Ungetrübte Feierstimmung herrscht allerdings nicht: Mit einem Plakat und Sprechchören fordern einige Fans erneut die Ablösung Ehrenbergers.

 

13. Januar 2017

 

Die Panther versinken mit ihrem kleinen Kader im Mittelmaß. Am 37. Spieltag stellen sie einen ligaweiten Negativrekord auf: Zum zehnten Mal in Folge verlieren sie ein Heimspiel gegen die Grizzlys Wolfsburg, diesmal mit 3:6. "Es tut weh", sagt Samuelsson, dessen Vertrag im Dezember bis 2018 verlängert worden war.

 

3. März 2017

 

Erneut schafft es der ERC als Siebter nur in die Pre-Play-offs - und erneut scheitert er in nur zwei Spielen an einem Außenseiter. Am 3. März ist das Saisonende nach einem 5:6 bei Neuling Fischtown Pinguins Bremerhaven beendet, Sportdirektor Ehrenberger muss seinen Hut nehmen. "Es hat an Typen und Charakter gefehlt", bilanziert Torwart Timo Pielmeier. "Wir waren keine Mannschaft, die durch dick und dünn miteinander geht." Durch die leistungsbezogenen Sponsorenverträge und den um 250 Fans gesunkenen Zuschauerschnitt muss der Klub finanzielle Einbußen hinnehmen.

 

28. März 2017

 

Als Nachfolger des ungeliebten Ehrenberger präsentieren die Panther Larry Mitchell, der erstmals in der DEL nicht als Trainer und Manager in Personalunion, sondern nur als Sportdirektor arbeiten soll. Im Vergleich zu seinen vorherigen Stationen in Augsburg und Straubing darf der 50-Jährige den ERC-Kader mit größerem Budget zusammenstellen. "Die Chemie in der Mannschaft stimmt", zeigt er sich mit dem Team zufrieden, das zwölf Neuzugänge integrieren muss.

 

15. Mai 2017

 

Erneut spielt sich beim ERC ein Sommertheater ab, erneut will ein Profi trotz langfristigen Vertrags aus Ingolstadt weg: Thomas Oppenheimer, der im Sommer 2016 für fünf Jahre unterschrieben hatte, bittet um die Freigabe. Der Peißenberger, der trotz 19 Saisontoren an der Donau nie richtig heimisch wurde, wechselt zu den Eisbären Berlin, im Gegenzug kommt Darin Olver nach Oberbayern.

 

7. November 2017

 

Der gute Saisonstart verleiht den Ingolstädtern keine Sicherheit: Nach sieben Niederlagen in Serie - am Ende bilden neun Pleiten hintereinander den Negativrekord für die Panther - muss Samuelsson als 14. Coach im 16. DEL-Jahr gehen. Mitchell übernimmt als Interimstrainer, der bis heute im Amt ist. Doch auch er kann die Talfahrt nicht stoppen - der ERC rutscht sogar aus den Pre-Play-off-Rängen.

 

19. Dezember 2017

 

Wieder gibt es Wirbel um Stürmer Buck: Kurz vor Weihnachten bittet der Kanadier erneut um die Freigabe für einen Wechsel: Klubs aus halb Europa sind am 29-Jährigen interessiert. Schließlich entsprechen die Panther Bucks Wunsch und lassen ihn zum HC Davos in die Schweiz ziehen. "Wer nicht zu 100 Prozent hinter dem ERC steht, hilft uns in der aktuellen Lage nicht weiter", wird Mitchell zitiert.

 

28. Dezember 2017

 

Zum Einstand des neuen Trainers Doug Shedden feiern die Panther einen 4:0-Erfolg gegen die Düsseldorfer EG. Und schon ist die Hoffnung wieder da, dass im neuen Jahr alles besser wird.