Hilpoltstein (HK) Der Tennis-Boom in Deutschland ist längst Geschichte. Lange vorbei die Zeit, als sich fast alle Kinder einen Tennisschläger wünschten, um Boris Becker und Steffi Graf nachzueifern. Schon seit der Jahrtausendwende geht es mit der Sportart stetig bergab. Immer mehr Vereine verschwinden, immer mehr Aktive hören auf und immer mehr Plätze liegen brach. Nicht aber beim TC Rot-Weiß Hilpoltstein. Der wächst und wächst und will nun sogar seine Anlage in Hofstetten vergrößern, wie in der jüngsten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses be-kannt wurde.
Eigentlich wäre diese Sitzung kaum der Rede wert gewesen. Zwei private Bauanträge und ein paar Auftragsvergaben für die Kanalisation und Wasserversorgung – also alles nur Routine für das Gremium. Doch der Bauantrag des TC Rot-Weiß ist eine außergewöhnliche Angelegenheit. Weit und breit gibt es in der Region keinen anderen Tennisverein, der seine Anlage erweitern will. „Wir brauchen die beiden neuen Plätze unbedingt“, erklärt der TC-Vorsitzende Alexander Schneider. „Sonst gefährden wir unser Vereinsleben und damit auch den ganzen Verein.“
Der Bayerische Tennis-Verband (BTV) kennt die Problematik inmitten des allgemeinen Abwärtstrends. „Immer wieder hören wir von solchen erfolgreichen Vereinen, die einfach wachsen müssen“, sagt Detlev Kreysing, Leiter der Vereinsberatung beim BTV. Der TC Hilpoltstein-Hofstetten ist ein solcher Verein, der dem Ende des Tennis-Booms trotzt, was sich nun in einem Bauantrag niedergeschlagen hat: Neben einer Überdachung der Club-heim-Terrasse und einer neuen Umzäunung des Vereinsgeländes soll die Anlage bis zum Saisonstart 2014 von vier auf sechs Plätze wachsen.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Nicht weniger als elf Mannschaften hat der TC für die Punktspielsaison 2013 gemeldet. Das ergibt nicht nur eine Menge Heimspiele an den Wochenenden in der Hochsaison von Mai bis Juli. Auch unter der Woche sind die vier Plätze abends voll ausgelastet.
Hinzu kommen noch zwei Entwicklungen, die die beengten Verhältnisse beim TC Rot-Weiß in den vergangenen Jahren verstärkten. Einerseits hat der sportliche Aufschwung, der die erste Herren- und Damenmannschaft bis in die Landesliga beziehungsweise die Bezirksklasse brachte, auch zur Folge, dass viel intensiver trainiert wird als früher. Und andererseits können die Kinder und Jugendlichen aufgrund der gestiegenen schulischen Anforderungen immer seltener am Nachmittag spielen und brauchen deshalb ebenfalls Platz am Abend. „Aber wie wollen wir bei diesen eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten noch neue Mitglieder gewinnen“, fragt Alexander Schneider. „Wann sollen die denn spielen“
Es stellt sich aber auch die Frage, ob der TC Rot-Weiß Hilpoltstein in seiner Platznot nicht einfach mit der Tennisabteilung des TV Hilpoltstein sprechen sollte. Deren zehn Plätze – bei ebenfalls elf Mannschaften im Spielbetrieb – sind längst nicht mehr voll ausgelastet. Doch eine Zusammenarbeit der beiden Hilpoltsteiner Tennisclubs ist kein Thema, sagt Schneider, was aber weniger mit einer Ortsrivalität zu tun habe. „Es wäre einfach nicht praktikabel“, sagt Schneider und verweist auf ein umständliches Hin-und-Her-Fahren oder auch fehlende Einnahmen für den Vereinswirt.
Die einzige mögliche Antwort ist für den TC-Vorsitzenden deshalb der Bau von neuen Plätzen. Insgesamt 60 000 Euro – eingerechnet sind dabei schon das Terrassendach und der neue Zaun – will der Verein für seine Erweiterung in die Hand nehmen. Der Hilpoltsteiner Bauausschuss hat das Vorhaben bereits bewilligt – mit der Bedingung, dass ein Lärmgutachten in Auftrag gegeben wird. Schließlich sind es von den neu geplanten Plätzen nur rund 100 Meter Luftlinie bis zu den ersten Grundstücken des Baugebiets Im Grund. Gibt das Gutachten den Weg frei, soll es eine Mitgliederversammlung beim TC Rot-Weiß geben, die über die Umsetzung der Erweiterung und den dazugehörigen Finanzplan abstimmt.
