Tennenlohe
Ort voller Engel

Eine tonnenschwere spiegelnde Skulptur aus Guatemala schmückt nun Tennenlohe – Geschenk zum Jubiläum

22.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:46 Uhr

Tennenlohe (HK) Noch das ganze Jahr feiert der kleine Ort Tennenlohe, ein Stadtteil von Erlangen, sein 750-jähriges Bestehen. Zum Geburtstag erhielten die Franken ein ungewöhnliches Geschenk aus Mittelamerika.

So ein Engel kann sich ganz schön schwer machen. Aber nun haben es die drei Männer geschafft und die zwei Flügel aus Edelstahl in der Backofenhitze dieses Sommers an seinen Platz gehievt. Das spiegelnde Kunstwerk des guatemaltekischen Künstlers Pepo Toledos steht nun auf einem Betonsockel vor der evangelischen Kirche in Tennenlohe.

Da ihm sein Erschaffer kein Gesicht gemacht hat, könnte der Engel ebenso auf das Dorf schauen, aber auch auf die 200 Meter entfernte Schnellstraße. Die Blickrichtung des Engels hängt von der Blickrichtung des Betrachters ab. Denn der spiegelt sich in dem Friedensengel aus Guatemala. Je nach Standpunkt sind im Engelsmetall dazu die Efeuranken an der benachbarten Pizzeria zu sehen, der Glockenturm der Kirche oder die Schiffschaukel auf der Kirchweih-Wiese.

Der Friedensengel ist ein Geschenk des in seiner Heimat renommierten Bildhauers Toledo an den Erlanger Ortsteil zu dessen 750. Ortsjubiläum. Ende Juni kam das etwa drei Meter hohe Werk perfekt verpackt per Container in Franken an. Vorsichtig hob ihn ein Kran aus seiner Reisekiste, damit das blank geputzte Metall keine Schrammen abbekam. Im Internetvideo lässt sich die Aktion im Zeitraffer nachvollziehen.

Der Vorsitzende des Vereins „750 Jahre Tennenlohe“, Rolf Schowalter, hat inzwischen einen Dankesbrief nach Las Majadas in Guatemala an den Künstler geschickt und darin kurz berichtet, dass sein Engel eine „friedliche Auseinandersetzung“ ausgelöst hätte. Die Tennenloher konnten sich zunächst nicht über den Standort des Kunstwerks einigen. Das demokratische Suchergebnis, meint Schowalter in seinem Schreiben, habe „zu einem weiteren Zusammenwachsen der Bevölkerung beigetragen“.

Nun steht der spiegelnde Engel nicht mehr wie anfangs vorgesehen direkt vor der Kirche St. Maria Magdalena, sondern einige Meter ortsauswärts vor der Pizzeria. Pfarrer Christoph Rupprecht ist das recht. Er sei in der Standortfrage leidenschaftslos gewesen, sagt er. In seiner Willkommensandacht für den Pepo-Toledo-Engel hatte Rupprecht aber schon betont, dass Frieden entstehe, „wenn einer dem anderen zuhört und wenn aus diesem Zuhören gute und tragfähige Kompromisse wachsen, mit denen alle gut leben können“.

Rupprecht findet beeindruckend die Reihe der Standorte anderer Toledo-Friedensengel, in der Tennenlohe jetzt steht: Sie befinden sich in Washington und Mexico City und ein vierter ist in Genf geplant, erzählt der Tennenloher Künstler Dieter Erhard. Er war es, der den Kontakt zu Toledo hergestellt hat. Erhard hat bereits seit Jahrzehnten Kontakte nach Guatemala. Ihm ist es auch zu verdanken, dass in Tennenlohe eine Skulptur des Azteken-Herrschers Montezuma steht.

Erhard hat dafür gesorgt, dass allmählich ein Skulpturenweg in Tennenlohe entstanden ist, auf dem sich bereits ein paar Engel tummeln. Unter anderem sind dort die beiden Engelswesen in der Statue „Dialog“ von Igor Tschernoglasov zu sehen. Eine Skulpturachse durch Tennenlohe soll Anfang Oktober eröffnet werden, voraussichtlich wird dann Pepo Toledo dabei sein, verrät Dieter Erhard.

Pfarrer Rupprecht kann noch auf weitere Tennenloher Engel verweisen. Sie stützten im kürzlich restaurierten Altarbild aus dem Jahr 1836 in seiner Kirche den betenden Jesus auf dem Ölberg. Aber auch Menschen in seiner Gemeinde könnten lebendiger Teil des Skulpturenwegs in Tennenlohe sein, stellt der Seelsorger fest. „Hier sind viele hoch engagiert und sorgen sich um die Nachbarschaft – selbstverständlich und unaufdringlich“.