Ort mit längster Siedlungstradition in Bayern

05.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:13 Uhr

Die Ergebnisse der Auswertung der Grabungen an der ICE-Trasse werden im Band "Beiträge zur Archäologie" präsentiert.? Repro: Karch

Greding (HK) Über zehn Jahre liegen die Rettungsgrabungen entlang der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt zurück, deren "Highlights" für wenige Jahre im Focus des öffentlichen Interesse standen.

Für die Archäologen fing damit die Arbeit aber erst an: Die vielen Funde und Befunde, die sie bei ihren – stets vom Heranrücken der Bagger bedrohten – Grabungen gesammelt hatten, mussten ausgewertet werden. Einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse der archäologischen Arbeit im südlichen Landkreis und zugleich eine Wertung geben die "Beiträge zur Archäologie in Mittelfranken", 8/2008, die im Verlag Dr. Faustus erschienen sind.

Dass gerade Mittelfranken durch seine ambivalente Situation als Grenz- und Durchgangsraum mit besonders vielen interessanten Funde aufwarten kann, schreibt Martin Nadler vom Landesamt für Denkmalpflege, der die Beiträge mit Ulrich Pfauth zusammengestellt hat, in seinem Vorwort. Die Strategische Situation bestimmte das Gebiet des heutigen Mittelfrankens in historischer Zeit und ist verantwortlich für das Entstehen einer abwechslungsreichen Denkmälerlandschaft.

Nadler fordert in seinem Vorwort, "den Quellen und Informationen einer weitestgehend schrift- und bildlosen Zeit, die der Gegenstand archäologischer Beschäftigung nun einmal sind, einen entsprechenden Wert und das Recht auf Erhalt und Bewahrung zuzuerkennen". "Denn letztlich versucht Archäologie doch nichts anderes, als Nachrichten und Quellen aus Zeiten ohne verbale oder schriftliche Überlieferung wiederzugewinnen und Erinnerungen an diese Zeiten, die uns so entfernt scheinen, wieder zum Teil unserer individuellen und kollektiven Erinnerung zu machen."

Die Großbaustelle ICE-Trasse habe, so Nadler in seinem Fazit, trotz aller Verluste und Unzulänglichkeiten einen immensen Erkenntniszuwachs gebracht. Auf nur wenigen Kilometern Baustrecke sei eine Anzahl von Siedlungen und Bestattungsplätzen aufgedeckt worden, die zusammen mit bereits bekannten Lesefund- und Gräberstellen das "Bild einer intensiv und dicht und womöglich bis an die Belastungsgrenzen aufgesiedelten und genutzten Landschaft in der frühen Eisenzeit aufscheinen lassen". Zusätzlich ermöglichen die vielen bei Großhöbing entdeckten gut erhaltenen Hölzer aus der Zeit der Bronzezeit bis zum hohen Mittelalter recht genaue Datierungen. "Höbing könnte damit einer der Orte mit der längsten Siedlungstradition in Bayern werden."

Im vorliegenden Band werden aber nicht nur die Grabungen im Bereich um Höbing vorgestellt, sondern auch eine Reihe von anderen Grabungen im Landkreis Roth. "Archäologie und Geowissenschaften in Offenbau" ist der Aufsatz von Manfred Hilgart und Martin Nadler überschrieben, "Organische Reste aus dem merowingerzeitlichen Frauengrab 160 von Greding-Großhöbing" der von Anja Bartel. Christina Peek stellt "Beobachtungen an organischen Resten der Strumpfbandgarnitur aus Grab 160 von Greding-Großhöbing" und Thomas Platz "Archäologische Befunde zum frühmittelalterlichen Hausbau in Süddeutschland" vor. "Die frühmittelalterlich Burg Greuth in der Schwarzachaue bei Greding-Obermässing" hat Volker Herrmann zum Thema, der auch über "Schließen, Schnallen und Bestandteile des Gürtels in Mittelalter und Neuzeit" berichtet.

Beiträge zur Archäologie in Mittelfranken, Band 8/2008, Verlag Dr. Faustus, Büchenbach, Herausgegeben vom Bezirk Mittelfranken, Kulturreferat 335 Seiten, ISSN 1430-5461.