Geisenfeld - Sie sind als treue Kirchgängerinnen bekannt und sie schätzen die barocke Schönheit der Stadtpfarrkirche. Ihre eigene, kleine Hauskapelle möchten die Nonnen des Ordens der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau in Geisenfeld aber dennoch nicht missen. "Er ist für uns ein Ort des stillen Gebets", betonen sie. Doch birgt sie auch Anekdoten und eine bewegende Geschichte.
Schwester Wiltraud gewährt unserer Zeitung einen Einblick in das sonst für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Refugium. "Die Kapelle ist wohl von Anfang an im Haus eingeplant gewesen", vermutet die 82-Jährige, deren Orden in Geisenfeld auf eine lange Tradition zurückblickt. Schon 1881 betreuten sie hier ein Waisenhaus, ab 1882 auch eine sogenannte Kinderbewahranstalt - also die erste Kita am Ort. Bis ins Jahr 1972 gab es sogar noch zwei Filialen in Geisenfeld - die im heutigen Einrichtungshaus Weiß und jene im Gebäude des heutigen Kindergarten St. Theresia (Ecke Augsburger-Fuchsbüchlerkeller-Straße). Letzteres beherbergt die Wohnräume der Schwestern und den Geborgenheit vermittelnden Gebetsraum.
Die Wand links neben dem Eingang zur Kapelle ziert ein Bildnis der "Maria vom Guten Rat" - vermutlich war es bei der Säkularisation von Geisenfelder Bürgern gekauft und dann den Schulschwestern geschenkt worden. Der Kreuzweg ist hingegen ein Präsent aus Dachau. "Das Altarkreuz ist über 100 Jahre alt und stammt von einem Schreinermeister namens Herbert Strauch", weiß die seit 1986 in Geisenfeld lebende Schwester zu berichten, die respektvoll auf einer der hölzernen Bänke Platz nimmt. "Da haben meine eigenen Lehrerinnen schon drauf gekniet und gebetet", verrät die pensionierte Lehrerin unter Verweis auf die Herkunft des heutigen Interieurs. Es stammt größtenteils aus der 1995 aufgelösten Aichacher Filiale des Ordens.
Was man vermisste, war indes eine Stele für den Tabernakel. Die damalige Oberin Donatina und deren inzwischen verstorbene Mitschwester Serafine stellten Nachforschungen an und erfuhren: Altar und Tabernakel stammen von einer Firma Ludwig in München. Die, so der Gedanke, könne sicher das fehlende Teil im passenden Stil nachfertigen. Und so fuhren die beiden Schwestern mit einem Kerzenständer als Musterbeispiel im Gepäck in die Landeshauptstadt. "Und sie haben nicht schlecht gestaunt, als der Handwerksmeister angesichts des Stücks in Lachen ausbrach und im Hinterzimmer verschwand", erzählt Schwester Wiltraud schmunzelnd. Von dort brachte der Geschäftsinhaber eine Stele zum Vorschein. "Die hatte er mit dem Aichacher Ensemble hergestellt, aber sie war dann von den dortigen Schwestern nicht gebraucht worden", erklärt Schwester Wiltraud, froh über den bis heute in Ehren gehaltenen Fund.
Alles andere als lustig ist hingegen die Geschichte, die der Altar zu erzählen weiß. Unter seinem unscheinbaren Holzfurnier beherbergt er Reliquien von 22 ostafrikanischen Heiligen. Die Männer waren einst von Missionaren des Kardinals Charles Lavigerie zum Christentum bekehrt worden und standen im Dienste des Königs Mwanga II. von Buganda (im heutigen Uganda). Weil sie ihrem Glauben nicht abschwören wollten, verurteilte man sie zwischen dem 15. November 1885 und dem 27. Januar 1887 allesamt zum Tode - dem ein Martyrium durch Zerstückelung und Verbrennung bei lebendigem Leib vorausging.
Im Sommer des Jahres 2004 übernahm Pater Kizito Kiyimba aus Uganda erstmals die Urlaubsvertretung für Stadtpfarrer Stummer. Als der Jesuit von den Reliquien hörte, hielt er aus Respekt und Dankbarkeit in der Hauskapelle barfüßig eine Messe zu Ehren der Mitstreiter des Heiligen Karl Lwanga. "Das war so berührend, dass ich es kaum in Worte fassen kann", bekennt die Schulschwester, noch heute regelrecht erschüttert vom grausamen Schicksal der Märtyrer und beeindruckt von der tiefen Ehrfurcht des Priesters.
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