Ingolstadt
Operette "Der Bettelstudent" als liebevoll inszeniertes Gastspiel

09.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:03 Uhr

Überzeugten mit Stimme und Spielwitz: Rodrigo Porras Garulo als Bettelstudent, Thomas Lüllig als Enterich und Stan Meus als Jan in der Inszenierung der Operette „Der Bettelstudent“. - Foto: foto-ed.de

Ingolstadt (DK) Dass in einer Operette Irrungen und Wirrungen an der Tagesordnung sind, gehört als wesentliches Merkmal des Genres einfach dazu. Umso besser, wenn sie derart liebevoll und farbenfroh auf die Bühne gebracht werden wie in Ingolstadt.

Das Meininger Theater aus Thüringen gab mit Carl Millöckers Klassiker „Der Bettelstudent“ ein dreitägiges Gastspiel. Die im sächsisch besetzten Krakau 1704 angesiedelte Liebesgeschichte um den armen Studenten Symon, der wegen amouröser Rachegelüste des Obersts Ollendorf und weiterer Verwicklungen zuerst zum Fürsten, dann zum Herzog „aufsteigt“, um schließlich doch in seiner wahren Identität sein eheliches Glück zu finden, bietet schon aufgrund des humorvollen Librettos und der mitreißenden Musik ideale Inspirationen für eine Inszenierung. Unter der Regie von Wolfgang Quetes agierten die Darsteller mit Herzblut in Helge Ullmanns raffiniert konzeptionierter Kulisse: Die turmartigen Drehelemente dienten nach Bedarf als Gefängnishof, Marktplatz, Ankleidezimmer, Empfangssaal oder Park. So kamen sowohl die intimen Arien und Duette als auch die schwungvollen Chor- und Tableauszenen optimal zur Geltung. Die Meininger Hofkapelle sowie der Chor spielten und sangen schmissig-frivol unter Gregor Rot am Dirigentenpult.

Zum sängerisch und schauspielerisch überzeugenden Drahtzieher, der die turbulente Verwechslungskomödie erst ins Rollen bringt, wurde mit seinem kraftvollen Bass Stephanos Tsirakoglou als Oberst Ollendorf. Seine beleidigt-wütende, fast zum Erkennungszeichen gewordene Auftrittsarie „Ach, ich hab’ sie ja nur auf die Schulter geküsst“ wie auch das Couplet „Schwamm drüber“ mit Anspielungen auf aktuelle Steuerhinterziehungen sorgten für zusätzliche Lacher. Rodrigo Porras Garulo in der Hauptrolle des polnischen Studenten und Liebhabers Symon mit der nötigen Portion tenoralem Schmelz in der Stimme, etwa beim Hohelied auf die Polin („Ich knüpfte manche zarte Bande“), hatte überdies durch seine Frische und Jugendlichkeit die Sympathien auf seiner Seite. Eher mit professioneller Bühnenausstrahlung als mit gesanglicher Präsenz punktete Stan Meus als sein Studienkollege „incognito“ Graf Opalinski. Musikalische Innigkeit kam besonders im Duett „Durch diesen Kuss sei unser Bund geweiht“ mit seiner angebeteten Comtesse Bronislawa auf, apart gesungen mit leichtem, soubrettenhaftem Sopran von Maria Rosendorfsky. Ihre Schwester (und Geliebte des Bettelstudenten) Laura, verkörpert von Sonja Freitag, stand ihr an Beweglichkeit in nichts nach und bestach durch reine, glockenhelle Koloraturen. Ute Dähne als Gräfin Palmatica ließ zwar etwas stimmlichen Elan vermissen, gab jedoch eine umso charmantere schwiegersohnsuchende Mutter. Weiteres komödiantisches Highlight war Gefängniswärter Enterich in Gestalt von Thomas Lüllig mit freilich wenig Volumen im Tenor, aber herrlich sächselndem Dialekt. Ein Abend voller Amüsement mit vielen Ohrwürmern und Gassenhauern.