München
Ohne Ecken und Kanten

Uraufführung von Michel Decars "Philipp Lahm" im Marstall in München Gagreiche Allerweltsparabel

17.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr

München (DK) Verschmitzt lächelnd stolziert und tigert er über die Bühne. Rechts eine Pinnwand mit den Flaggen aller bedeutenden Fußballnationen, links eine graue Liege, davor ein Beistelltischchen mit Duftkerzen, Blumenvasen, Porzellankatzen und an der Wand auf den Sideboards allerlei Krimskrams: ein Wohnzimmer nach dem Geschmack eines aufgestiegenen Mittelständlers.

Nicht protzig, nicht spießig, aber sehr, sehr gediegen. Und zwischen diesen beiden Polen (Bühnenbild: Maximilian Lindner) eine Leinwand, auf der Alltagstätigkeiten dieses Durchschnittsmannes flimmern, den der Autor Philipp Lahm nennt, der aber auch Philipp Bauer oder Philipp Müller heißen könnte. Beim Gurkenschnipseln und Tomatenwaschen sieht man ihn, beim Geschirrspülen und Nägelschneiden, beim Schokolademampfen und beim Cappuccinoschlürfen. Und zwischen diesen Filmeinblendungen berichtet "Philipp Lahm" zufrieden von seinem Leben, seinen Hobbys, den Restaurantbesuchen, von den Filmen, den Lieblingsschallplatten und den Büchern, die ihm gefallen haben.

Nichts Aufregendes, nur Durchschnitt. Da ist es schon etwas Besonderes, dass er einmal nach Dubai und weitere Male zu anderen angesagten Destinationen geflogen ist, um Land und Leute kennenzulernen oder auch nur unter der Dusche eines Top-Hotels zu einem Madonna-Song im Rhythmus der Musik seinen Körper abzuschrubben. Alleine die ewig belanglosen Interviewfragen dröger Reporter gemahnen in diesem Stück an den echten Fußballer Philipp Lahm. Wie er sich denn so fühle nach all den Erfolgen bei Bayern München, wird er ständig gefragt. Gut ist er natürlich drauf und gibt immer die gleichen Antworten: Alles ist okay und toll ist das Leben sowieso nach seiner Devise: "Nichts ist progressiver, als dass alles so bleibt, wie es ist."

In 75 Miniszenen hat der Augsburger Autor Michel Decar (Jahrgang 1987) diese fiktive Homestory mit allen nur möglichen Phrasen und Allgemeinplätzen aufgedröselt. 90 Minuten reichlich Geplapper und noch mehr Floskeln, nichtssagendes Geschwafel, das der Regisseur Robert Gerloff als herrlich augenzwinkernde Satire auf banale Alltagssituationen eines Dutzendmenschen zur Uraufführung im Marstall des Bayerischen Staatsschauspiels gebracht hat. Exakt getaktet ist das alles, und rasant schnurrt diese gagreiche Allerweltsparabel ab. Vor allem jedoch brilliert Gunther Eckes in diesem Männersolo: ein sozialer Aufsteiger mit stets zufriedenem Lächeln trotz einiger Wutausbrüche. Ein "Mann in den besten Jahren" mit ach so "gesunden Ansichten" und einem durchtrainierten Körper, selbstbewusst, erfolgreich, aber nicht arrogant. Eigentlich der ideale Typ für Frauen, die an seiner Seite gesehen werden und das Leben mit diesem Selfmademan genießen wollen.

Doch kommt in Decars Stück leider kein einziges weibliches Wesen vor. "Philipp Lahm" ist und bleibt Single. Schade eigentlich, denn damit hätte der Autor noch mehr Pfiff in sein Stück bringen können. Aber ein Genuss ist's, Gunther Eckes in dieser so lockeren und doch kritischen One-Man-Show zuzusehen.

Die nächsten Aufführungen sind am 21. Dezember sowie am 2., 10. und 17. Januar. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.residenztheater.de" class="more"%>.