"Offene Provokation"

17.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:07 Uhr

Zum Leserbrief "Theologisch fragwürdig" (EK vom 11. Mai 2017):

Normalerweise lese ich Stellungnahmen von der sogenannten Initiative "Wir sind Kirche" mit Geduld und bisweilen mit Humor, auch wenn ich inhaltlich selten beziehungsweise eigentlich nie zustimmen kann. Den Leserbrief "Theologisch fragwürdig" von Herrn Walter Hürter empfinde ich aber, auch wenn ich nicht direkt betroffen bin, als offene Provokation. Das ist sicherlich vom Verfasser auch so gewollt, aber leider nur auf sehr niedrigem Niveau gelungen.

Zunächst frage ich mich, ob es notwendig ist, drei jungen Männern, welche sich bewusst entschieden haben, in die Nachfolge Jesu Christi, als Priester im Bistum Eichstätt zu treten, ihre "Zuwanderung" (die drei Neupriester sind nicht im Bistum Eichstätt gebürtig) zum Vorwurf zu machen. Jeder Priester sollte als Geschenk und Werkzeug Gottes gesehen werden, der bereit ist, seinen Dienst zu tun. Gäbe es keine Weihe, würde man sich auch wieder beklagen, wie Herr Hürter es bereits 2014 tat und ebenso einen polemischen Rundumschlag gegen die "Amtskirche" ausführte (EK vom 24. Juli 2014).

Darüber hinaus habe ich kein Verständnis, die überaus erfreuliche Weihe von drei Männern hier als "Aufhänger" zu nehmen, um in der gewohnten "Wir sind Kirche-Art" die alten Phrasen wieder aufzuwärmen. Dies ist eine Respektlosigkeit gegenüber Menschen, die sich lange auf diesen Tag vorbereitet haben, und meines Erachtens unterste, billigste Schublade. Wenn junge Männer sich entscheiden Priester zu werden, und diese Entscheidung fällt ihnen sicher nicht immer leicht in heutiger Zeit, so sollte man ihnen Anerkennung und Unterstützung zusagen, insofern man sich als gläubiger Christ versteht. Das Studium der Theologie, die pastorale Ausbildung und die geistliche Reifung der Priesteramtskandidaten sind eine große Bewährungsprobe. Der Tag der Priesterweihe ist für sie ein lang ersehntes Ziel.

Ist es notwendig, ihnen diesen Tag der Freude gleich wieder negativ zu konnotieren? Man stelle sich einmal die Familie eines Bräutigams vor, die noch auf der Hochzeitsfeier ihre ganzen Vorbehalte über die Brautfamilie kundtut. Genauso verfehlt sehe ich es an, den Eichstätter Oberhirten Bischof Gregor M. Hanke als den Schuldigen aller genannten Schwierigkeiten an den Pranger zu stellen. Wenn Herr Hürter einen Blick in den CIC von 1983 (das geltende Gesetzbuch der lateinischen Kirche) werfen würde, könnte er klar erkennen, dass Zölibatsdispens gemäß Kanon 1047 . 3 alleine dem Apostolischen Stuhl vorbehalten ist.

Die genaueren Gründe hierfür sind an ebendieser Stelle nachzulesen und eindeutig rechtlich geregelt. Es gibt im Übrigen auch im Bistum Eichstätt verheiratete Priester - auch in der lateinischen Kirche. Ein formal kirchenrechtlicher Hinweis an Herrn Hürter in diesem Fall: Die Kritik muss an den Heiligen Vater gerichtet werden.

Die Unmöglichkeit, Frauen die Priesterweihe zu spenden, wurde ebenfalls auf höchster Ebene festgestellt. Mit dem Apostolischen Schreiben Ordinatio Sacerdotalis von Papst Johannes Paul II. vom 22. Mai 1994 wurde dies meines Erachtens nicht nur rechtlich, sondern auch theologisch fundiert eindeutig geklärt.

Ich möchte aber hier keine Diskussion über Frauenordination und Zölibat führen. Mir geht es einzig und alleine darum, dass man hier Bischof Hanke nicht vorwerfen kann, es liege in seinem Ermessen, solche Reformen einzuführen und ihn zum Sündenbock zu machen.

Otto Ziegler

Diplom-Theologe, Eichstätt