ÖPNV: Bürger in den Einzugsgemeinden befragen

23.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:10 Uhr

Zu „Ein tägliches Kommen und Gehen“ und „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“ (PK vom 15. Januar):

Darin sind nicht nur die Anzahl der Pendler, sondern auch deren hauptsächlichen Ziele ersichtlich. Viele dieser Pendler sind motorisiert und können individuell zu ihren Bahnhöfen fahren, um dort weiter nach München oder Ingolstadt zu fahren. An diesen Bahnhöfen, wie in Pfaffenhofen oder Petershausen, sind die Parkplätze regelmäßig überfüllt.

Es gibt aber Bevölkerungsgruppen, denen die automobile Freiheit aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zur Verfügung steht und die ebenfalls weiter entfernte Arbeitsorte haben oder dort Besorgungen erledigen müssen. Was ist mit diesen? Als Beispiele darf ich Auszubildende oder den wachsenden Anteil älterer Menschen nennen.

Diese Bevölkerungsgruppen sind auf einen funktionierenden, vernetzten und nachfrageoptimierten öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Die unterschiedlichen qualitativen Angebote für verschiedene Pendlergruppen im öffentlichen Nahverkehr im Landkreis Pfaffenhofen möchte ich an ein paar Beispielen darlegen.

1. Ein Berufspendler, der täglich Richtung München fährt und aus dem Raum Schrobenhausen oder Gerolsbach kommt, hat die Möglichkeit mit einer Buslinie über Petershausen nach München zu fahren. Dieses Angebot wurde durch den Einsatz der betroffenen Gemeinden in den letzten Jahren ausgeweitet und hat dadurch zu einer positiven Akzeptanz geführt. Probleme entstanden in der Vergangenheit bei einem Fahrplanwechsel der Bundesbahn, bei dem die Abfahrtszeiten der Buslinien nicht immer angepasst wurden. Die Folge waren leer fahrende Busse.

2.\tEin minderjähriger Auszubildender, der in Ingolstadt arbeitet oder dort die Berufsschule besucht, hat aus dem Raum Gerolsbach kommend im Prinzip zwei Möglichkeiten. Die eine ist es, mit dem Bus nach Schrobenhausen und weiter mit dem Zug nach Ingolstadt zu fahren. Die Berufsschulen beginnen dort regelmäßig um 8 Uhr. Die Züge Richtung Ingolstadt fahren in Schrobenhausen um 7.48 Uhr und damit um 20 Minuten früher ab als die Buslinie dort am Bahnhof ankommt. Der nächste Zug kommt eine Stunde später. Dieses Angebot scheidet also aus. Die andere Möglichkeit besteht darin, mit einem Bus Richtung Pfaffenhofen zu fahren, der aber an der Realschule in Pfaffenhofen um 6.55 Uhr endet. Der Anschlusszug in Pfaffenhofen um 6.59 Uhr ist nicht zu erreichen. Nur mit diesem ist die rechtzeitige Präsenz zu gewährleisten. Dies kann nur als suboptimales Angebot bezeichnet werden. Wieso kann dieser Bus nicht bis zum Bahnhof fahren? Alle späteren Busse fahren bis zum Bahnhof in Pfaffenhofen. Ein weiteres Problem stellt sich an den schulfreien Zeiten. Hier fährt dieser Bus überhaupt nicht nach Pfaffenhofen. Was ist dann? Die Folge ist mehr Individualverkehr durch den „elterlichen Fahrbereitschaftsdienst“.

3. Für ältere Mitbürger aus dem Raum Gerolsbach gibt es an schulfreien Tagen drei Möglichkeiten (Berufsverkehr, Mittags und Abends) mit der Buslinie nach Pfaffenhofen zu kommen. Dies ist kein sehr umfangreiches Angebot.

4. Was ist mit normalen Pendlern, die im Umland wohnen und in Pfaffenhofen arbeiten oder mit dem Zug von dort zu ihren Arbeitsstätten fahren? Selbst wenn sie wollten, müssten sie an schulfreien Tagen wieder in die automobile Blechwelt umsteigen.

Sehr viele dieser Angebote des öffentlichen Nahverkehrs haben das Problem, dass sie einseitig auf die Bedürfnisse der Schüler oder bestimmter Schwerpunkte des Berufsverkehrs ausgerichtet sind. Dies ist auch nachzulesen im seniorenpolitischem Gesamtkonzept des Landkreises. Dort sind Vorschläge aufgeführt, die zur Mobilität der Senioren beitragen können. Eine Entlastung würde bereits eine bessere Abstimmung zwischen den Trägern des Öffentlichen Nahverkehrs bedeuten. Es entsteht zur Zeit der Eindruck, dass die Zustände in den Bahnhöfen als Ziele des Individualverkehrs für die Einzugemeinden nicht oder nur ein sehr unwichtiges Problem darstellen. Gleichzeitig werden aber Baugebiete in den Einzugsgemeinden ausgewiesen. Denn um im Bild zu bleiben: Wer bauen lässt, wird Pendlerströme ernten! Angesichts einer zunehmenden Blechschlange, die sich täglich von und nach Pfaffenhofen windet, wäre es nicht an der Zeit, aktiv nach weiteren Alternativen Ausschau zu halten? Eine Alternative wäre ein verbessertes Angebot des Öffentlichen Nahverkehrs, der mit den überregionalen Angeboten der Bahn abgestimmt ist.

Wie hoch ist die Anzahl der Mitbürgerinnen und Mitbürger, die einen verbesserten und aufeinander abgestimmten Öffentlichen Nahverkehr aus den Einzugsgemeinden nach Pfaffenhofen nutzen würden? Dies ist die zentrale Frage, die auch für die Finanzierung entscheidend ist. Eine Möglichkeit besteht darin, eine Bürgerbefragung in den Einzugsgemeinden durchzuführen. Erst nach Prüfung der Ergebnisse und der gemeinsamen Suche nach Lösungsmöglichkeiten ist zu entscheiden – und nicht von vorne herein zu sagen „Geht mich nichts an!“. Dies ist nicht ein Handeln, das der Landkreisbürger von verantwortungsbewussten kommunalen Entscheidungsträgern erwarten könnte, die noch dazu wahlkämpfend unterwegs sind. In der Hoffnung auf Besserung

Werner Wegner

Gerolsbach