Nürnberg
Öko-Mascara und Suppe to go

Auf der Messe Biofach in Nürnberg stellt die Branche ihre Neuheiten vor ein Rundgang

15.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

"Die will ich haben": Ein junger Messebesucher zeigt auf der Biofach großes Interesse an der überdimensionalen Bio-Birne. In einer der Hallen findet die Messe Vivaness statt, auf der die Naturkosmetikbranche ihre Neuheiten präsentiert. Besucher Alex lässt sich dort den Öko-Mascara zeigen. - Fotos: Oppenheimer

Nürnberg (DK) Was für die Autoindustrie die Elektromobilität ist, das ist für den Einzelhandel der Bio-Markt. Ökologisch korrekte Produkte gewinnen immer mehr Anhänger. Auf der Messe Biofach in Nürnberg stellt die Branche jährlich ihre Neuheiten und Trends vor - das Spektrum reicht weit.

Kaum eine Branche hat sich so gewandelt wie die Bio-Branche. Das Image vom leicht müffendeln, sandalentragenden Ökofreak mit Jutebeutel ist schon längst passé. Bio ist absolut hip. Die Produkte bekommt man nicht mehr nur im Bio-Laden, sondern inzwischen auch im Supermarkt - und teils schon beim Discounter. Beim Rundgang auf der Biofach zeigt sich: Längst ist nicht mehr nur Käse und Fleisch bio - der Trend geht mittlerweile zum ökologisch korrekten Fertigprodukt.

Wenig spektakulär muten Fertigpizzen und abgepackte Salate an. Neu dagegen ist der herzhafte Smoothie. Im Prinzip eine Art Suppe im Glas. Ein Anbieter nennt sein Produkt ganz trendgemäß Suppe to go und hat ein paar exotische Geschmacksrichtungen im Angebot: Rote-Beete-Birne, Tomate-Gojibeere-Chille und Mango-Süßkartoffel-Kokos. Und man mag es kaum glauben: Das schmeckt wirklich - sogar kalt.

Ganz nach dem Motto "Süßes sonst gibt's Saures" belagern die Besucher bevorzugt die Süßwarenstände - wohl weil es sonst überwiegend Tofu und Käse zum Probieren gibt. Ganz hoch im Kurs stehen neben den Bio-Schokoladen-Anbietern die wenigen Eis-, Sorbet- und Frozen-Yoghurt-Produzenten. Denn auch hier gibt es inzwischen Bio-Varianten. Wir probieren auch - hier gibt es nichts auszusetzen. Nur die Kalorien sind leider die gleichen wie beim herkömmlichen Eis.

Einen besonders schweren Stand hat dagegen eine junge Dame, die ein Tablett mit Probierportiönchen eines Algendrinks unter die Leute bringen muss. Eine grün-braune Brühe, die - wie sich herausstellt - aus sogenanntem Chlorella-Algenpulver mit Orangensaft angerührt wurde. Eine Besucherin greift beherzt zu. Ihr charmantes Lächeln weicht schnell einem leicht schmerzverzerrtem Gesicht. Ihr Urteil: "gewöhnungsbedürftig". Wir schlürfen ebenfalls ein Becherchen. Und ja, es schmeckt so, wie es aussieht - ehrlich gesagt noch viel schlimmer. Warum soll man sich das antun? "Das hat alles, was der Mensch braucht", sagt die Algenwasser-Verteilerin.

Wir legen einen Schlenker zur Naturkosmetikmesse Vivaness ein. Dort steigt einem zunächst einmal ein angenehmer Geruch aus wohlriechenden Ölen und Cremes in die Nase. An einem Stand lässt sich ein junger Mann namens Alex zur Freude seiner Begleiterinnen von einem durchgestylten und dauerplappernden Präsentator mit Lipgloss, Mascara und Puder aufhübschen - alles öko, versteht sich. Der schnatternde Schminker hat offenbar das Talent zum Multitasking und während mehrerer parallel ausgeführten Tätigkeiten auch noch das Publikum im Auge. Als ein älterer Herr mit Vollbart vorbeigeht, will er auch diesen auf die Bühne bitten und ein passendes Produkt testen lassen - doch der winkt dankend ab.

Wieder zurück auf der Biofach wird es am Stand eines Soja-Bratling-Braters unfreiwillig komisch. "Gebraucht", steht auf einem Schild vor dessen Grill. Wie sich bei genauerer Betrachtung herausstellt, sind damit allerdings nicht die brutzelnden Bratlinge gemeint: Das Schild soll auf ein Abfallbehältnis für benutze Proben-spieße hinweisen.

Auch der Neuburger Kartoffelhändler Koch ist auf der Biofach vertreten. Was Inhaber Robert Koch neu im Angebot hat? "Blaue Kartoffeln." Und wie schmecken die? "Wie normale Kartoffeln", sagt Koch und grinst. "Aber sie sind halt blau." Die schickere Optik mache sich beispielsweise besonders gut bei Kartoffelchips. Auch weitere Betriebe aus der Region stellen auf der Biofach aus: Lammsbräu aus Neumarkt etwa oder Hipp aus Pfaffenhofen.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass es kaum ein Produkt, gibt, das vor einem Bio-Siegel sicher ist: Hundefutter, Waschmittel und sogar Grillkohle sind inzwischen mit entsprechendem Siegel zu haben. Auch bei der Verpackung ihrer Produkte legen viele Firmen mittlerweile Wert auf Öko. Ein Aussteller hat etwa Schalen aus Zuckerohrfaser und Palmblättern vom Betelnussbaum im Angebot. "Die Leute wollen das Plastik einfach nicht mehr", erklärt einer der Standbetreiber. Einziger Nachteil nach Meinung des Autors: Mitessen kann man die Verpackungen leider nicht.