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Nur der Verkehr stört die Idylle

Beschauliches Eck der Altstadt: Christian Dannenbrink und Sara Holzmann wohnen im Birnbaumhäusl bei der Schleifmühle

07.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:09 Uhr

Vorm Birnbaum, der ihrem Wohnhaus den Namen gab: Die Altstadtbewohner Sara Holzmann und Christian Dannenbrink können sich gut vorstellen, dass vor ihrer Tür wieder der Stadtbach fließt - Foto: Engel

Jetzt hat einer mal guten Willen gezeigt – und schon wurde es ihm zum Verhängnis. Während des Gesprächs mit Sara Holzmann und Christian Dannenbrink in einem Restaurant in der Straße Bei der Schleifmühle passiert direkt vorm Lokal ein Auffahrunfall.

Ein Autofahrer hat festgestellt, dass die Weiterfahrt nicht möglich ist, weil ein Sperrschild die Einfahrt in die entgegengesetzt verlaufende Einbahnstraße untersagt. Der Mann wollte zurücksetzen, um in die Schäffbräustraße einzubiegen. Dieser Plan ist schiefgegangen. Sein Auto ist auf den „Hintermann“ geknallt.

„Wenigstens hat der guten Willen gezeigt“, sagt Christian Dannenbrink. Der gebürtige Hannoveraner wohnt im altehrwürdigen Birnbaumhäusl direkt am Ende dieser Einbahnstraße in der Altstadt – und nach seiner Erfahrung „fahren alle gegen die Richtung durch“. Zweimal habe er sogar schon die Polizei falsch durchfahren sehen, erzählt er – „ich habe es nicht glauben können“.

Ihren Namen verdankt die Straße einer mittelalterlichen Schleifmühle, in der einst Handwerker Metall oder Glas bearbeiten ließen. Durch einen Makler kamen Christian Dannenbrink und seine Partnerin Sara Holzmann (beide 30) an die Wohnung im Birnbaumhäusl, dessen Name vom Obstbaum an der Nordwestecke des Hauses rührt. Das Fachwerkhaus wurde 1473 errichtet und 1992 aufwendig saniert. Im Wohnzimmer von Christian und Sara ist in der Wand noch ein originaler Balken aus dem 15. Jahrhundert zu sehen. In die Küchenwand sind Reste eines Torbogens eingelassen. „Dieser Teil wurde später erweitert“, erzählt der Wirtschaftsingenieur. „Unter diesem Torbogen sind früher die Pferdefuhrwerke durchgefahren.“

Behaglich ist es im Birnbaumhäusl mit seinen dicken Mauern, den kleinen Fenstern und dem vielen Holz. „Wie im Skiurlaub“, sagt Sara Holzmann. Das Haus steht – natürlich – unter Denkmalschutz, weshalb auch bei der Sanierung kein Balkon angebracht werden konnte. „Die Leute hatten früher auch anderes zu tun als auf einem Balkon die Sonne zu genießen“, sagt Christian Dannenbrink. Der passionierte Jazzmusiker und seine Freundin haben die Sommerabende deshalb gern im benachbarten Wirtshaus „Ölbaum“ verbracht.

Früher floss hier auch mal die Schutter vorbei, die längst in den Untergrund verbannt wurde. Ob die Bewohner des Birnbaumhäusls es einmal erleben werden, dass der Stadtbach wieder freigelegt wird, steht dahin. Verbunden mit einigen Cafés und Bistros würde so ein Bächlein sicher viel hermachen, glauben die Anwohner. „Aber“, so Christian Dannenbrinks Einschätzung, „um es richtig gemütlich zu machen, müsste man noch den Verkehr verbannen.“ Christine Engel