Notorischer Schwarzfahrer

27.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:15 Uhr

Ingolstadt (DK) Ohne Führerschein ist vergangenen September ein 72-jähriger Ingolstädter am Steuer eines alten Lieferwagens erwischt worden. Die Sache wäre juristisch mit einer Geldstrafe erledigt gewesen, wenn der Mann nicht mehrfacher Wiederholungstäter wäre. Nur zweieinhalb Wochen zuvor war ihm wegen eines identischen Delikts ein Strafbefehl ins Haus geflattert. Er war außerdem schon einmal wegen einer Trunkenheitsfahrt – ebenfalls ohne gültige Fahrerlaubnis – mit dem Gesetz in Konflikt geraten. So musste der Betreiber eines Imbissstands gestern im Amtsgericht auf der Anklagebank Platz nehmen.

Mit ihm war seine 67 Jahre alte Ehefrau als Beschuldigte vorgeladen. Sie soll vorsätzlich zugelassen haben, dass der Mann ihr Auto benutzte, obwohl sie wusste, dass er keinen Führerschein besitzt. Rainer Maria Rehm räumte als Verteidiger im Namen des 72-Jährigen alle Vorwürfe ein. Das Ehepaar lebe von einer kargen Rente und müsse sich mit seinem Stand ein Zubrot verdienen. Der alte Lieferwagen der Frau diene dazu, die Ware zum Kiosk zu bringen. "Es gibt auch einen Fahrer, der diese Touren übernimmt", sagte Rehm.

An jenem Septembertag sei der Chauffeur allerdings nicht erschienen, es habe aber geliefert werden müssen. "Außerdem hat ein Kunde auf meinen Mandanten gewartet." Da habe der 72-Jährige einen großen Fehler gemacht und sich selber ans Steuer gesetzt. Seiner Frau sei kein Vorwurf zu machen, meinte der Verteidiger. Sie habe nicht wissen können, dass ihr Mann selber fahren würde. Er habe ihr nach dem vorangegangenen Strafbefehl "hoch und heilig versprochen, so etwas nicht mehr zu machen". Sie könne den Schlüssel doch nicht im Tresor verstecken. "Wenn bei ihr überhaupt ein Verschulden vorliegt, dann höchstens an der untersten Grenze." Auch sein Mandant sei bis auf die kleinen Ausrutscher "ein ordentliches Mitglied der Gesellschaft". Rehm forderte "eine milde Strafe".

"Es ehrt ja jeden, der in diesem Alter noch arbeitet", sagte Strafrichter Michael Fein. "Das Blöde ist halt, dass der andere Strafbefehl sehr knapp vorher war." Erst am 19. August 2008 sei der Ingolstädter wegen eines identischen Delikts zu 1950 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Trotzdem habe er sich wenige Tage danach erneut ins Auto gesetzt. "Lange hat das nicht vorgehalten."

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sah das ebenso und beantragte eine fünfmonatige Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Auch die Schuld der Frau sah er als erwiesen an. Sie hätte verhindern müssen, dass der Ingolstädter Zugriff auf den Fahrzeugschlüssel hat. Eine Geldstrafe für sie sei deshalb angemessen.

Richter Michael Fein folgte seiner Argumentation weitgehend. Der 72-Jährige erhielt eine viermonatige Freiheitsstrafe, ausgesetzt für drei Jahre zur Bewährung, sowie ein Fahrverbot von drei Monaten. Der Angeklagte muss außerdem als Auflage die Summe von 500 Euro an die Kreisverkehrswacht Eichstätt zahlen.

Die 67-jährige Ehefrau wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 20 Euro verurteilt. "Sie hätten nach den ersten Verurteilungen Ihres Mannes gewarnt sein müssen", sah Fein durchaus eine Mitschuld bei der Ingolstädterin. "Als Halter eines Fahrzeugs hat man nun mal eine gewisse Verantwortung." Das Urteil ist bereits rechtskräftig.