Notfalls geht es auch ohne EU-Mittel

24.05.2009 | Stand 03.12.2020, 4:56 Uhr

Ballonmodellieren vor dem Stadtteiltreff im Konradviertel – eines von vielen Angeboten, das durch das Projekt Soziale Stadt die Wohnqualität im Wohnumfeld verbessert. Auch wenn EU-Mittel für solche Zwecke künftig wegfallen, will die Stadt dafür sorgen, dass es mit dem Programm weitergeht. - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Die EU macht es möglich: Im Piusviertel wurde viel in Bewegung gesetzt mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds. Umso größer ist die Enttäuschung, dass Ingolstadt plötzlich leer ausgeht. Doch auch ohne LOS geht es weiter in den drei Gebieten der Sozialen Stadt – mit mehr Bescheidenheit.

Hinter den drei Buchstaben LOS verbirgt sich die Bezeichnung "Lokales Kapital für soziale Zwecke". Ein sperriger Begriff, doch den Menschen im Piusviertel hat die Sache viel gebracht: Im Verlauf von drei Förderperioden wurden ab 2004 über 340 000 Euro an EU-Fördermittel abgerufen. 2600 Menschen, zum Großteil Schüler, nahmen an verschiedensten Projekten teil.
 
Antrag abgelehnt
 
Doch die Förderkriterien wurden geändert, die LOS-Projekte müssen jetzt nicht mehr an eine Soziale Stadt gebunden sein. Das führte bundesweit zu einer Fülle neuer Anträge. Außerdem spielen Kriterien wie Arbeitslosigkeit oder Steuerkraft eine Rolle bei der Bewilligung – und da steht Ingolstadt halt sehr gut da. Die Folge: Der EU-Geldhahn wurde zugedreht, der im November 2008 eingereichte Antrag des Stadtplanungsamts auf Aufnahme in die LOS-Förderung abgelehnt. Bisher erhielt Ingolstadt allerdings nur eine mündliche Absage, das war im März, die schriftliche Begründung steht noch aus. Neuburg dagegen bekommt weiter Mittel.

Die Enttäuschung in den drei Gebieten der Sozialen Stadt ist natürlich groß, hatte man doch alle Hoffnungen in die europäische Geldquelle gesetzt. Immerhin können pro Viertel maximal 80 000 Euro pro Jahr angerufen werden, dazu kommt der kommunale Eigenanteil von 20 000 Euro. In den Stadtteilbüros ging die Angst um, nun könnten keine Projekte mehr begonnen werden – oder nur noch in sehr eingeschränktem Umfang. Die Stadt stellt im Rahmen des Programms Soziale Stadt pro Quartier 130 000 Euro zur Verfügung, davon bleiben nach Abzug der Personalkosten etwa 40 000 Euro für Maßnahmen.

Doch unter Regie des Stadtplanungsamts wurde ein Plan B entwickelt. "Wir kriegen das auch so hin", sagt Siegfried Bauer, der für die Koordination zuständig ist. Zum einen gebe andere Fördertöpfe. So wird das Projekt Cantina international, ein 2007 mit LOS entwickelter Verpflegungsservice, jetzt mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds über das Programm "Soziale Stadt – Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier (BIWAQ)" gefördert. Auch die Kosten seien reduziert worden, so Bauer, und manchmal müssten die Teilnehmer der Projekte halt jetzt auch einen Eigenanteil bezahlen, etwa für Schülernachhilfe.

Sein Fazit aus Sicht des Stadtplanungsamtes: "Es gibt keinen Verlust an sozialer Arbeit und Qualität. Natürlich war es mit LOS sehr bequem – da haben wir das Geld einfach bekommen. Aber mit etwas Ideenreichtum geht es auch ohne. Mit dem Programm, das wir jetzt auf die Beine gestellt haben, sind alle Quartiersmanagerinnen zufrieden."

Im Piusviertel kommen immerhin 35 Angebote und Aktivitäten zusammen – etwa der Aufbau einer Nachbarschaftshilfe, ein Kinderintensivkurs in Deutsch, Stressbewältigung für Jugendliche, eine Betreuung und Schulung für arbeitslose Frauen oder Fitness für Migranten. Auch im Augustinviertel ist viel los: Es gibt eine Krabbelgruppe, orientalischen Tanz, einen Markt der Kulturen, einen Gesprächskreis in Deutsch, Frauenfeste oder ein Café ab 60 – insgesamt 40 Aktivitäten. An der Spitze mit 55 Angeboten steht das Konradviertel mit Computerkursen für Frauen, Lesekreis, Kinderkino, Beachparty, Aquafitness, Selbstverteidigung ab 55 oder Streetdance.
 
Signal nach Berlin
 
Das alles sind nur einige, wenige Beispiele, die jedoch zeigen, dass sich etwas rührt in den drei Stadtteilen. Den Anstoß gab LOS. Bauer sieht die Felle noch nicht ganz davonschwimmen: "Wir haben Berlin gesagt, dass wir Gewehr bei Fuß stehen, falls eine andere Stadt aus dem Programm aussteigt, weil sie vielleicht den Eigenanteil nicht mehr aufbringt."