Pfaffenhofen
Niemand muss allein sein

In Pfaffenhofen gibt es Angebote für alle, die sich zur Weihnachtszeit einsam fühlen

23.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:28 Uhr
Haben immer noch keine Wohnung gefunden: Mutter Wafaa Abou Baker mit ihren Kindern Hala (11), Jane (10) und Suhil (9). Im Mai ist ihr Haus abgebrannt, deshalb wohnen sie zurzeit im Obdachlosenheim. Trotzdem freuen sie sich über die Geschenke von der SKM-Weihnachtsaktion. −Foto: Brenner

Pfaffenhofen (PK) Manche Menschen fühlen sich über die Feiertage besonders einsam. In Pfaffenhofen bieten Kirchen und Ehrenamtliche Abhilfe. So werden Geschenke an die Bewohner des Obdachlosenheims verteilt, bei den Baptisten gibt es an Heiligabend eine offene Feier und eine Seniorin nimmt vom 24. bis 31. Dezember Anrufe von Menschen entgegen, die einfach mal reden wollen.

Nur wenige öffnen ihre Tür. Die Mitarbeiter des Katholischen Verbands für soziale Dienste (SKM) in Pfaffenhofen gehen von Tür zu Tür, um Obst, Plätzchen und Spielzeug an die Bewohner des Obdachlosenheims in Pfaffenhofen zu verteilen. "Wir stellen es auch gern vor die Tür", sagt SKM-Vorstandsmitglied Kathrin Maier. Sie will nichts erzwingen und weiß, dass nicht jeder der Bewohner unbedingt in Weihnachtsstimmung ist.

Das musste der Verband auch in den vergangenen Jahren bei den Weihnachtsfeiern erfahren. Da sollte der Weihnachtsbaum gemeinsam geschmückt werden, man wollte basteln. "Leider sind nicht so viele gekommen", sagt Vorsitzender Hans Prechter. Es gebe da einfach eine Hemmschwelle, oft auch ein Sprachproblem.

Deshalb gibt es heuer eben keine Weihnachtsfeier, dafür verteilen die SKM-Mitglieder die Geschenke an bedürftige Menschen in der Stadt sowie im Obdachlosenheim.

Da gibt es zum Beispiel eine Frau aus Bulgarien mit ihrem Sohn, die in einer Wohneinheit leben. "Mein Mann ist gestorben", sagt sie. Schon seit drei Jahren wohne sie im Obdachlosenheim, sie arbeite in einem Hotel. Eine Wohnung könne sie sich davon nicht leisten. "Die sind hier einfach zu teuer." Sie würde gern wegziehen, ihr gefalle es nicht, mit ihrem Sohn mit all den anderen Bewohnern zu leben, einige würden trinken, sagt sie. Ihr Sohn hingegen sagt: "Für mich ist es okay."

Für die Familie Abou Baker ist es nicht okay. Sie wollen gern so schnell es geht wieder raus aus dem Obdachlosenheim. Die Familie mit syrischen Wurzeln lebt seit rund einem halben Jahr dort. Im Mai ist ihr gemietetes Wohnhaus in Pfaffenhofen abgebrannt. Vater Nassim wollte mit dem Bunsenbrenner Unkraut vernichten, dabei entzündete sich wegen der Trockenheit eine Hecke und die Flammen griffen auf das Haus über, das letzten Endes völlig zerstört wurde. Seitdem suchen sie ein neues Zuhause, ohne Erfolg. Die drei Kinder und die Eltern teilen sich je ein Zimmer, dann gibt es noch ein Bad und das Wohnzimmer, das gleichzeitig der Flur und die Küche ist.

Die Kinder, von denen eines bereits das Gymnasium besucht, scheint es kaum zu stören: Sie packen glücklich ihre Geschenke aus, schichten Duplo-Steine aufeinander. Die Mutter allerdings wünscht sich zu Weihnachten, dass jemand sie erhört. "Wir wären für jeden Hinweis auf eine Wohnung dankbar", sagt sie.

Andere sind an Weihnachten vollkommen alleine, wissen nicht wohin. Dafür haben sich die Baptisten etwas überlegt. "Wir wollen auch an Weihnachten die Kirche offen halten", sagt Lars Müller, Pastor der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde in Pfaffenhofen. In den vergangenen Jahren haben die Baptisten zusammen mit der freien Christengemeinde eine Party organisiert, zu der jeder eingeladen war, der sich einsam fühlte oder der eben einfach dabei sein wollte. "Das war vom Anfang an ein Riesen-Erfolg", so Müller. "Es kamen immer 100 bis 150 Leute." Darunter Obdachlose, ältere Menschen, die niemanden mehr haben, Mitglieder der Kirchengemeinde und Flüchtlinge. "Wir haben zusammen auf Englisch Weihnachtslieder gesungen", so Müller. "Danach haben mir viele Pfaffenhofener gesagt, wie schön sie das fanden." Besonders der ungezwungene Ablauf sei gut angekommen. "Jeder kam einfach und setzte sich dazu oder nahm sich etwas vom Büffet."

Diesen Heiligabend soll die Feier etwas gemütlicher im kleinen Kreis stattfinden. Trotzdem gilt: "Jeder, der nicht weiß, wohin, ist willkommen". Müller bittet darum, ihn vorher anzurufen, und zwar unter der Telefonnummer (0162) 9288946. Dann gibt der Pastor auch gern Uhrzeit und Ort der Feier weiter.

Bei der katholischen Kirche gibt es außer den Gottesdiensten keine zusätzlichen Angebote für Menschen, die sich einsam fühlen. "Wir arbeiten ökumenisch eng mit den Baptisten zusammen", sagt der Pfaffenhofener Pfarrer Albert Miorin auf Anfrage. Deshalb verweise er interessierte katholische Gläubige an das Angebot der Baptisten.

Wer lieber einfach reden will, für den kommt die Telefon-Hotline infrage, die eine Pfaffenhofener Seniorin Ende November gründete. Seitdem ist es allerdings relativ ruhig geblieben, so die Rentnerin, die sich selbst in der Hotline die Nanny nennt. "Die Resonanz ist momentan eher mäßig." Aber immerhin, zwei Anrufer gab es. "Ich habe sogar schon ein Angebot von einer Frau erhalten, die mithelfen würde", so die Nanny. Sie denkt, dass jetzt zur Weihnachtszeit der Bedarf der Menschen höher sein könnte, weil viele sich dann besonders einsam fühlen. "Aber ich bin auf jeden Fall da", sagt sie, "und freue mich über jeden, der anruft." Egal, wie alt oder jung jemand sei oder welche Weltanschauung er habe.

Die Hotline gegen Einsamkeit erreichen Interessierte unter der Nummer (08441) 7893747, und zwar vom 24. Dezember bis zum 31. Dezember jeweils von 13 bis 18 Uhr.
 

Desirée Brenner