Wolnzach
Nicht in Stein gemeißelt

Juristische Vorgaben zur Baulandvergabe an Einheimische ändern sich ständig – Nachjustieren nötig

22.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr

Wolnzach (WZ) Schon mit der Bezeichnung geht es los: „Einheimischenmodell“ ist juristisch nicht korrekt, aber dennoch gebräuchlich. Die Wolnzacher Richtlinien sind zwei Jahre alt – und schon wieder überholt. Grund: Im EU-Recht gibt es ständig neue Überlegungen – und die sind sehr komplex.

Ist jemand nur dann ortsansässig, wenn er eine bestimmte Zeit hier wohnt oder hier gewohnt hat? Sollte man auch eine mehrjährige Anstellung am Ort berücksichtigen? Oder vielleicht auch ein ehrenamtliches Engagement in einem Verein? „Da geht es aber schon los, dass man sich fragen muss, ob jede Vereinszugehörigkeit gleichwertig ist.“ Bauamtsleiterin Doris Schneider weiß genau, wie schwierig diese Überlegungen sind, denn unmittelbar vor der jüngsten Gemeinderatssitzung hat sie dazu ein Seminar besucht, geleitet hat es übrigens Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag. „Was macht die Ortsgebundenheit aus, das ist eine zentrale Frage“, erklärt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Antworten auf diese und viele weitere Punkte gibt es noch nicht, dementsprechend eben auch „kein Mustermodell“, wie Bürgermeister Jens Machold (CSU) erklärt: „Im Moment wird versucht, jegliche Rechtsprechung einzuarbeiten.“ Wie lange das dauert, bleibe abzuwarten. Aber eines sei ganz sicher, das habe er ja auch schon im Gemeinderat erklärt: „Es wird jetzt keine Vergabe geben, so lange diese Punkte nicht geklärt sind.“

Denn schon bei Festsetzen des Wolnzacher Modells in Zusammenarbeit mit dem Fachjuristen Max Reicherzer – es ist jetzt genau zwei Jahre alt – sei klar gewesen, dass solche Vergabekonzepte immer wieder überarbeitet und angeglichen werden müssen. Machold: „Dazu brauchen wir auch keine dringenden Hinweise, das wissen wir schon selbst.“

„Im Moment wird versucht, jegliche Rechtsprechung einzuarbeiten.“

Jens Machold, Bürgermeister

 

Damit nahm er Bezug auf einen Antrag, den FDP-UW-BGW-Gemeinderat Peter Rech eingereicht hatte: „Ist das noch unser Modell?“, hatte er gefragt. Beispielsweise die für Vergaben im Gemeindebereich vor zwei Jahren festgesetzte Vermögensgrenze sei zu hoch, das Ehrenamt solle stärker in Betracht gezogen werden, ebenso das Arbeiten am Ort.

Natürlich müsse man das Modell anpassen, gibt ihm Bauamtsleiterin Schneider auch grundsätzlich Recht, allerdings sei ein Antrag dazu eigentlich total überflüssig. Auch Fachanwalt Reicherzer habe zu Rechs Antrag erklärt, dass Änderungen erst dann vorgenommen werden sollten, wenn auch alle weiteren Änderungen europaweit geklärt seien und entsprechend eingearbeitet werden könnten.

„Etwas vorgeführt“ fühlt sich Bürgermeister Jens Machold durch Rechs Antrag, der Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung war. „Wir haben immer wieder betont, dass wir in ständigem Kontakt mit den Fachleuten stehen“, so Machold gegenüber unserer Zeitung. „Es wäre ganz schön, wenn einige Leute denen, die sich mit so etwas wirklich auskennen, auch mehr Vertrauen schenken würden.“ Nach den Vorgaben des im Oktober 2015 verabschiedeten Wolnzacher Modells sind bislang Grundstücke in zwei Baugebieten vergeben worden, nämlich vier Grundstücke in Niederlauterbach im Gebiet „Zwischen Stehackerweg und Wolnzacher Straße“ am Ortseingang von Wolnzach kommend und zwei in Oberlauterbach „An der Weinstraße“.

In Niederlauterbach waren es bei Bekanntgabe der Einheimischenvergabe im April 2016 135 Interessenten, allerdings gingen laut Marktverwaltung dann lediglich 19 Bewerbungen ein. Von diesen 19 Bewerbungen erfüllten 13 die Vorgaben, vier von ihnen kamen zum Zuge. Das hartnäckige Gerücht, dass über 70 Bewerber in Niederlauterbach leer ausgingen, trifft laut Marktverwaltung also nicht zu. Das erklärte der Rathauschef auch ausführlich auf den Bürgerversammlungen in den Ortsteilen.

In Oberlauterbach gab es für drei zu vergebende Grundstücke zunächst 27 Interessenten, aber nur sechs ernsthafte Bewerbungen zum 30. Dezember 2016. Vier von ihnen erfüllten letztendlich die Vorgaben, zwei zogen allerdings wieder zurück. Die Folge: Nur zwei Grundstücke wurden im Einheimischenmodell vergeben, das dritte Grundstück wurde gegen Höchstgebot verkauft.

Als nächstes großes Baugebiet, bei dem ein Einheimischenmodell Anwendung finden soll, steht das Gebiet „Glandergasse“ in Wolnzach an, rund 100 Baugrundstücke könnten entstehen. Das Gebiet stecke allerdings noch in den Kinderschuhen, so Bauamtsleiterin Schneider: „Es gibt lediglich einen groben Entwurf dazu und noch nicht einmal einen Aufstellungsbeschluss.“ Demnächst stünde ein Gespräch mit den Grundstückseigentümern an, parallel stehe man natürlich auch in Kontakt mit dem Bayerischen Gemeindetag und Fachanwalt Reicherzer. Das gelte auch für das zweite Wolnzacher Gebiet an Bahnerberg und Wendenstraße mit rund 70 möglichen Bauparzellen. Im kommenden Jahr wolle man hier weiterkommen, so Bürgermeister Machold.