Neue Regeln beim Krankengeld - Lückenlose Krankschreibung in jedem Fall erforderlich

08.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:24 Uhr

Das Krankengeld, das die gesetzlichen Krankenkassen zahlen, ist eine relativ gut ausgestattete Sozialleistung – und weit höher als die meisten anderen Versicherungsleistungen. Umso wichtiger ist es, dass arbeitsunfähige Arbeitnehmer die Krankengeld-Regeln beachten, die das Bundessozialgericht im Mai 2012 neu definiert hat.

Wer beim Ende seines Beschäftigungsverhältnisses arbeitsunfähig ist, hat anschließend – bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit – Anspruch auf Krankengeld. Das Krankengeld beträgt bis zu 90 Prozent des vorher bezogenen Nettoverdienstes – und ist damit weit höher als das Arbeitslosengeld I, das Entlassene ansonsten erhalten könnten. Zudem besteht für ein und dieselbe Krankheit bis zu 78 Wochen Anspruch auf Krankengeld.

Für gesundheitlich angeschlagene Arbeitnehmer ist ein Anspruch auf Krankengeld damit bares Geld wert. Sie müssen allerdings die Krankengeld-Regeln beachten. Wichtig ist dabei vor allem: Es reicht für ihren Krankengeld-Anspruch nicht, dass sie arbeitsunfähig sind. Sie müssen sich die Arbeitsunfähigkeit (AU) vielmehr rechtzeitig von ihrem Arzt bescheinigen lassen.

Regel Nr. 1
Arbeitsunfähigkeit bei Jobende: Spätestens am letzten Beschäftigungstag zum Arzt

Um einen vollen Anspruch auf Krankengeld, das sich nach Ihrem letzten Lohn richtet, zu haben, müssen Sie sich spätestens am letzten Beschäftigungstag von Ihrem Arzt arbeitsunfähig schreiben lassen. Bis zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. Mai 2012 verlangten die Krankenkassen sogar eine Krankschreibung bereits am vorletzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses. Diese Voraussetzung hat nun das BSG gekippt. Die AU-Bescheinigung am letzten Beschäftigungstag reicht damit aus, um die Pflichtmitgliedschaft Beschäftigter auch nach Jobende weiter bestehen zu lassen – so lange Arbeitsunfähigkeit besteht und Krankengeld gezahlt wird (Az.: B 1 KR 19/11 R).

Wer sich allerdings erst am ersten Tag der Arbeitslosigkeit arbeitsunfähig meldet, hat maximal für einen Monat Anspruch auf Krankengeld (aus dem sogenannten nachgehenden Versicherungsschutz).

Regel Nr. 2
Bei längerer Arbeitsunfähigkeit: Folgebescheinigung spätestens am letzten AU-Tag holen

Bis Dienstag bin ich krank geschrieben, dann gehe ich Mittwoch zum Arzt. Nicht selten verfahren gesetzlich Versicherte, die – etwa nach einem Herzinfarkt – längerfristig krank sind, nach diesem Motto. Und mitunter akzeptieren die Krankenkassen bzw. ihre Beschäftigten entsprechend verspätet ausgestellte Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen. Darauf kann sich allerdings niemand verlassen. Dies gilt erst recht nach dem jüngsten Urteil des Bundessozialgerichts.

Verhandelt wurde hier über den Fall einer Arbeitnehmerin, die von ihrer Ärztin bis zum 27. Oktober 2008 arbeitsunfähig geschrieben war. Dass sie danach weiter krank war, hat niemand angezweifelt, auch die Krankenkasse nicht. Die Betroffene ging allerdings erst am Folgetag, am 28. Oktober 2008 also, zu ihrer Ärztin und wurde erneut arbeitsunfähig geschrieben. Zu spät, befand die Krankenkasse und wurde nun vom Bundessozialgericht bestätigt. Originalton BSG: Der Klägerin steht kein Krg für die Zeit ab 28.10.2008 zu, weil ihre aufrechterhaltene Mitgliedschaft am 27.10.2008 endete. Als die Klägerin am 28.10.2008 die Ärztin U aufsuchte, war sie nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert.

Diese Regeln sind auch vielen Ärzten nicht bekannt. Mitunter vergeben Arztpraxen regelmäßig Termine für den Tag nach Ablauf der AU-Bescheinigung. Nach dem jüngsten BSG-Urteil sollte sich hierauf niemand einlassen und auf einem Arzt-Termin spätestens am letzten Tag, für den die AU bescheinigt ist, bestehen.

Regel Nr. 3
Krankschreibung "bis auf weiteres" im Einzelfall möglich

Manchmal bescheinigen Ärzte eine Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres – also ohne konkretes Ablaufdatum der Bescheinigung. So verfuhr ein Arzt bei einem an einer psychosomatischen Krankheit leidenden Arbeitslosengeld-Bezieher. Der Betroffene war über das Ende seines Arbeitslosengeld-Anspruchs hinaus krankgeschrieben und erhielt ab Ende Juli 2003 von der Techniker Krankenkasse Krankengeld. Nach ärztlicher Mitteilung vom 15. März 2004 war ein Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar. Die TK akzeptierte die nicht terminierte Krankschreibung nicht auf Dauer und stellte die Krankengeld-Zahlung ein. Zu Unrecht, wie das BSG in einem zweiten Krankengeld-Verfahren am 10. Mai 2012 befand (Az.: B 1 KR 20/11 R).