LTE-Ausbau - Der rasende Landmann

08.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:24 Uhr

Das schnellste Mobilfunknetz LTE versorgt bereits viele ländliche Regionen, die bisher nicht einmal DSL hatten. Nun beginnt auch der Ausbau in den Städten. Zugleich sinken die Preise für LTE-Tarife. Kunden sollten dennoch gut prüfen, ob sich der Umstieg auf LTE lohnt.

Das Leben auf dem Land hat bisher in vielen Regionen Deutschlands einen großen Nachteil: Wer eine schnelle Verbindung ins Internet will, der bleibt oft auf der Leitung stehen. Denn in dünn besiedelten Gebieten lohnt sich für die Netzbetreiber der Ausbau der Kabelnetze für die notwendigen Dienste wie DSL oder gar VDSL nicht. Und auch die beim fixen Mobilfunk der dritten Generation, der in Deutschland unter Kürzeln wie UMTS, 3G, HSDPA oder HSUPA die Menschen schneller verbinden soll, ist oft ein Knoten in der virtuellen Leitung. Ein Sendemast für eine Handvoll Kunden? Da jubeln die Anbieter nicht gerade – sondern konzentrieren sich lieber auf die Städte. Dort ist die Smartphone-, Laptop- oder PC-Dichte schließlich so dicht, dass bei Telekom, O2, Vodafone oder E-Plus Goldgräberstimmung aufkommt.

Doch jetzt hat endlich einmal der mobile Daten-Landmann einen Vorteil – dank der Bundesnetzagentur. Die Behörde hat nämlich den Mobilfunk-Konzernen eine wichtige Bedingung in die Verträge geschrieben, als sie die Lizenzen zum Aufbau des superschnellen Mobil-Netz der vierten Generation vergeben hat: Erst müssen 90 Prozent des flachen Landes in einem Bundesland, die keine anderen schnellen Verbindungen haben, mit dem sogenannten LTE (Long Term Evolution) versorgt sein. Vorher dürfen die Betreiber ihre Datendienste nicht in den Städten anbieten. Entsprechend haben die Anbieter sich ins Zeug gelegt. Und nun sind die ersten Gebiete gut versorgt, der Ausbau in den Städten geht ebenfalls bereits los. Und der Wettbewerb um die besten Tarife ist auch schon voll im Gang.

In 13,2 Millionen Haushalten verfügbar

In etwa 13,2 Millionen Haushalten bietet nach einer neuen Studie mindestens ein Netzbetreiber aktuell LTE an, wie das Info-Portal 4G.de berichtet. Und der LTE-Ausbau steht jetzt in den Städten an. T-Mobile versorgt bereits Hamburg, München, Leipzig, Bonn, Köln und Frankfurt sowie viele kleinere Städte; in Berlin geht der Ausbau gerade los. Vodafone ist dort bereits präsent – aber auch in Düsseldorf und Krefeld. Bis Mitte kommenden Jahres will Vodafone mehr als 40 Prozent der Haushalte und 70 Prozent der Fläche deutschlandweit mit LTE versorgen.

Gut für die Verbraucher: Vodafone etwa bietet mit dem Tarif LTE Zuhause Telefon & Internet 3600 eine schnelle Verbindung mit bis zu 3600 kbit/s – darin enthalten sind eine fünf Gigabyte-Internet-Flatrate, eine Festnetzflat, LTE-Modem und W-Lan-Router – den Mobilfunk-Turbo nach einer Preissenkung bereits für 29,99 Euro im Monat an. Die Laufzeit liegt bei 24 Monaten. Das entspricht dem DSL-Tarif mit der gleichen Geschwindigkeit. Und eine doppelt so schnelle Verbindung bieten die Düsseldorfer sogar schon für zehn Euro mehr.

Telekom und O2 liegen in ähnlichen Preisregionen. 1und1 bietet ebenfalls einen Zugang über das Vodafone-LTE-Netz. Der Kunde kann zwischen den Surfgeschwindigkeiten 7.200 Kilobyte pro Sekunde und 21.600 KB pro Sekunde wählen. Zum Vergleich: 384 KB pro Sekunde sind in etwa UMTS-Geschwindigkeit. Die Preise sind so ähnlich wie die bei Vodafone. Allerdings können diese Tarife nicht nur Zuhause, sondern auch unterwegs genutzt werden – allerdings gegen Extra-Gebühr.

O2 lockt derzeit sogar mit einem echten Discount-Angebot: 14,90 Euro für den 7200-kbit/s-Tarif im ersten Jahr bei 12 Monaten Laufzeit. Danach sollen 39,90 Euro fällig sein. Doch die Kunden können damit rechnen, dass bis dahin die Preise schon weiter gefallen sein dürften. Allzu lange Vertragsbindung sollten daher gut überlegt sein.

Beeindruckende Geschwindigkeit, aber...
Mit LTE 4G ist eine beeindruckende Geschwindigkeit möglich. Surfer können mit Download-Raten bis zu 50 MBit/s durchs Netz rasen. Und an ein Kabel sind sie dabei nicht gebunden. Die LTE-Verbindung ist schließlich Mobilfunk – es geht also zuhause und mit Smartphone, Tablet oder Laptop ins Turbo-Netz. Falls vorhanden. Sonst schaltet der Service wieder auf UMTS um. Und natürlich sind die Zuhause-Tarife nur im Umkreis der Wohnung nutzbar – sie sollen ja DSL-Ersatz sein.

Das sind sie aber dort auch, wenn der Empfang möglich ist: Der Seitenaufbau und die Reaktionszeiten mit LTE sind rasant, von der ersten Sekunde an sind beim mobilen Turbo Downloadraten bis zu 50 MBit/s möglich. MÖGLICH … Denn auch LTE ist keine Hexerei. Erstens sollte der Kunde darum prüfen, ob der Turbo in seiner Region überhaupt im Indoor-Bereich (also den eigenen Wänden) möglich ist – und zweitens, wie gut dort der Empfang tatsächlich ist. Da kann es schon von Raum zu Raum Unterschiede geben. Eventuell ist deshalb eine Außenantenne notwendig, die derzeit rund 100 Euro kostet.

Bremsen viele Nutzer?

Was auch noch nicht klar ist: Wie ist die tatsächliche Schnelligkeit, wenn viele Nutzer im Bereich der jeweiligen LTE-Sendestation ins Netz gehen? Weil der Ausbau noch in den Kinderschuhen steckt, sind dazu noch kaum belastbare reale Zahlen vorhanden. Und zuletzt gilt es beim Ersatz für die DSL-Verbindung zu beachten: Bisher werden vor allem Festnetz-Flatrates mit den LTE-Tarifen gekoppelt. Der Anruf zu Mobilfunk- oder Sondernummern kann also recht teuer werden.

Zuletzt: Die schnelle Leitung bringt natürlich nur etwas, wenn auch die Hardware darauf eingestellt ist. Mit dem Umweg über den W-Lan-Router funktioniert das im Haus natürlich bestens – aber die Ernüchterung kommt schnell, wenn etwa das Handy den Super-Standard gar nicht verarbeiten kann und außerhalb des heimischen Umfelds wieder in die Mobilfunksteinzeit zurückspringt. Dann wird aus dem rasenden wieder der lahmende Landmann.