Schrobenhausen
Nähfabrik dicht – 25 Minijobs weg

Betreiber zieht Konsequenzen aus Brandschutzdebatte / Auftritt von Gerhard Polt abgesagt

22.12.2011 | Stand 03.12.2020, 2:01 Uhr

Lothars alte Nähfabrik, die auch den Cantona Liveclub beherbergt, ist zunächst einmal Geschichte. Gestern wurde der Betrieb eingestellt - Foto: Petry

Schrobenhausen (SZ) Die Geschichte der Gastronomie in Lothars alter Nähfabrik, die unter anderem den Cantona Liveclub beherbergt, ist zunächst zu Ende. Seit gestern ist der komplette Betrieb geschlossen; den Mitarbeitern – 25 Minijobbern – wurde die Kündigung bereits am Montag ausgesprochen.

„Wir hatten aus wirtschaftlichen Gründen keine andere Möglichkeit, nachdem uns das Landratsamt am 7. November den Betrieb massiv eingeschränkt hat“, erklärte gestern Sepp Stadler, der die Nähfabrik im elften Jahr betreibt. Konsequenz: Alle Verträge wurden gekündigt, auch bereits gebuchten Künstlern fürs Cantona als Teil der Nähfabrik wurden wieder ausgeladen, darunter Gerhard Polt oder den Kanadiern Imaginary Cities.

Wie es so weit kommen konnte? Da gehen die Positionen von Betreiber und Landratsamt auseinander.

Die Betreiber sehen es so: Die Nähfabrik hatte um ein Gespräch mit dem Landratsamt gebeten, um zu klären, was denn gemäß der Bayerischen Bauordnung an Brandschutzmaßnahmen nötig sei, um für das Cantona eine Konzession als permanente Livebühne zu erlangen. Bisher musste nämlich für jede Veranstaltung eine Einzelgenehmigung beantragt werden, die jeweils bei der Stadt 25 Euro Gebühren kostet.

Zu der Besprechung kam es am 7. November. Am Ende, so Sepp Stadler, sei keine Beratung gestanden, sondern die Schließung des Billardbereichs, der Colonial-Bar sowie die Beschränkung auf nur noch ein Konzert pro Woche im Cantona durch das Landratsamt. Um die beantragte Nutzungsänderung im Cantona, so Stadler, sei es dabei eigentlich gar nicht gegangen.

Stadler kritisiert dabei den Ton, den die Landratsamtsmitarbeiter anschlugen. In dem Gespräch sei man nämlich in der Colonial-Bar gesessen, und Vertreter des Landratsamtes hätten gefordert, dass die Dekoration entfernt werde, weil sie ja brennen könne. „Auch wenn sie seit Jahren da war“, sagt Sepp Stadlers Bruder Martin, der bei den Gesprächen dabei war. Als er darauf hinwies, wurde ihm gesagt: „Sie müssen froh sein, dass wir Ihren Laden nicht gleich ganz schließen“ und: „Wir haben schon ganz andere Läden dicht gemacht!“

Vergangenen Freitag gab es ein weiteres Gespräch, in dem Ansinnen die Kuh vom Eis zu bringen – aus Sicht Stadlers ohne erkennbaren Fortschritt. Diesen Montag habe sich dann der Landrat bei ihm gemeldet und versucht noch einmal die Sichtweise des Brandschutzes zu erklären. An der wirtschaftlichen Situation habe sich dadurch nichts geändert, so Stadler. Tags darauf aber hätte sich die Brandschutzabteilung des Landratsamtes bei ihm gemeldet und eine Begehung mit der Feuerwehr angeboten, um eine Lösung zu finden, wie man den Billard-Bereich wieder öffnen könne.

„Ein solches Angebot“, sagt Stadler, „hätten wir uns damals, am 7. November gewünscht, jetzt war es zu spät – ich hatte die Kündigungen bereits ausgesprochen.“ Denn wenn Stammkunden erst einmal weg seien, dann sei es alles andere als einfach, sie zurück zu bekommen.

Im Landratsamt sieht man die Angelegenheit etwas anders, bis auf einen Punkt: Die kritisierten Aussagen seien wohl tatsächlich im Eifer des Gefechts gefallen, das Landratsamt bedauert das sehr. Aber: Die Reduzierung des Betriebs auf die Hälfte am 7. November habe nichts mit dem Antrag auf die Nutzungsänderung zu tun, erklärte Pressesprecher Thomas Assenbrunner gestern auf Anfrage. Vielmehr hätten die Mitarbeiter des Landratsamtes beim Ortstermin am 7. November festgestellt, dass Auflagen der Baugenehmigung aus dem Jahr 2001 nicht umgesetzt worden seien. „Es bestand dadurch Gefahr für Leib und Leben“, ergänzte Sachbearbeiterin Franziska Senner.

Das wiederum verblüfft Sepp Stadler, mit diesen Aussagen konfrontiert. „Wir haben damals Subunternehmer eingeschaltet, die die Nähfabrik umgebaut haben. Mir ist nicht bekannt, dass da etwas nicht gemäß der Planung ausgeführt worden wäre.“ Und hätte man von Versäumnissen etwas gewusst, wäre man ja kaum wegen der Nutzungsänderung auf das Landratsamt zugegangen.

Das Landratsamt bestätigt: Ohne den Antrag auf Nutzungsänderung wäre es wohl nie zur Einschränkung des Betriebs gekommen. Die Idee, das Cantona mit der Feuerwehr zu begehen, um eine Lösung für den Billardbereich zu finden, sei im Übrigen im Nachgang zum Gespräch vom vergangenen Freitag entstanden, „um Herrn Stadler entgegenzukommen“, wie Assenbrunner betonte.

Zu spät, sagt Sepp Stadler, denn ohne den Billardbereich und die Colonial-Bar sei die Nähfabrik nicht wirtschaftlich zu führen. Inzwischen ärgern ihn einige Aspekte der ganzen Geschichte. Zum Beispiel, dass es in der ganzen Debatte keinerlei Unterstützung oder auch nur Nachfragen aus dem Bereich der Kommunalpolitik oder der Stadt gegeben habe. Vielmehr habe er eine Rechnung über 51 Euro an Gebühren für die unfreiwillige Absage des zweiten X-Mas-Festival-Tages an die Stadt bezahlen müssen.

Eigentlich war für den 9. Januar ein weiterer Termin mit dem Landratsamt auf der Suche nach einem Kompromiss anberaumt. Ob der nun noch zu Stande kommt, steht zum jetzigen Zeitpunkt in den Sternen.