Nachrichten aus dem Lockdown

Ein Rechercheprojekt zu Corona hat im Jungen Theater Ingolstadt Premiere

28.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:25 Uhr
Pressekonferenz des "Bundesministeriums für Bildung, Business und besondere Zeiten" während des Lockdowns: Paula Gendrisch als Ministerin, Steven Cloos als ihr Mitarbeiter. −Foto: Fischer, Stadttheater

Ingolstadt - Kein Ereignis im Laufe ihres bisherigen Lebens hat die Welt der heute 14- bis 17-Jährigen derart auf den Kopf gestellt wie die Corona-Pandemie.

 

Das neuartige Virus SARS-CoV-2 hatte Deutschland im Januar erreicht. Um die Pandemie einzudämmen, beschlossen Bund und Länder Mitte März weitgehende Einschränkungen für das öffentliche Leben - wie gleichzeitig viele andere Länder auch. Es gab weltweite Reisewarnungen. Schulen, Geschäfte, Theater, Sportanlagen wurden geschlossen. Wer konnte, arbeitete im Homeoffice. Nach einer Phase der zwischenzeitlichen Stabilisierung und der Lockerung der Maßnahmen steigt die Zahl der Ansteckungen mit dem Virus fast überall wieder an - auch in Deutschland.

Wie die Jugendlichen die Corona-Krise erleben, sich in einem Alltag zurechtfinden, der zumindest für eine gewisse Zeit zum Stillstand gekommen ist, wie sie das Zusammenleben mit der Familie auf engstem Raum empfinden und welche Sorgen sie umtreibt, davon erzählt das neue Stück des Jungen Theaters Ingolstadt, das am Samstag, 3. Oktober, um 19 Uhr im Kleinen Haus Premiere hat.

"Denn wir wissen, was ihr braucht" nennt sich das Rechercheprojekt "zwischen physical distancing und social solidarity" ab 14 Jahren, das Regisseurin Ulrike Günther mit Jugendlichen und dem Team des Jungen Theaters erarbeitet hat. Zunächst haben sie gemeinsam Material gesichtet - etwa eine Studie der Universität Frankfurt und der Universität Hildesheim zu den Erfahrungen und Perspektiven von Jugendlichen während der Corona-Krise. Ulrike Günther sprach mit Lehrern und Sozialarbeitern, entwarf selbst einen Fragenkatalog für Jugendliche. Und parallel dazu lief die Ausschreibung für einen Online-Spielclub. "Wir haben Jugendliche gesucht, mit denen wir uns zweimal die Woche online getroffen haben, um zu sprechen und konkret an Texten zu arbeiten", berichtet die Regisseurin. "Letztendlich ist das Stück ein Sammelsurium aus all dem - plus dem, was ich mir dazu als Rahmenhandlung ausgedacht habe. " Nicht nur die Jugendlichen des Online-Spielclubs kommen in dieser Produktion zu Wort, im Zentrum steht eine Pressekonferenz des "Bundesministeriums für Bildung, Business und besondere Zeiten" mit der Ministerin und ihrem Referenten für Digitales, die via Livestream eine neue Bildungsreform verkünden.

"Damals, im Lockdown gab es für alles eine Pressekonferenz", sagt Ulrike Günther. "Ich fand interessant, das gegenüberzustellen: Auf der einen Seite das, was die Jugendlichen wirklich erleben in dieser Zeit, auf der anderen Seite das, was die Erwachsenen oder die Politik da draufprojizieren. " "In den Interviews mit den Jugendlichen sagte einer beispielsweise: ,Wir fühlen uns reduziert auf das Schülerdasein. ' Man sprach viel über die schulische Organisation, Homeschooling, Präsenzunterricht mit halben Klassen, Maskenpflicht, aber wenig darüber, wie es den Jugendlichen wirklich ging", fügt Dramaturgin Teresa Gburek an.

Das Junge Theater will den Jugendlichen eine Stimme geben: "Durch die Entscheidung, die Jugendlichen mit ihren Texten auf die Bühne zu holen, sieht das Publikum: Ich bin nicht allein. Nach der langen Isolation war der Austausch extrem wichtig. Das Publikum soll sich wiedererkennen, merken, dass die eigenen Erlebnisse eine Relevanz haben und natürlich auch Mitbestimmung einfordern. "

DK


Premiere ist am Samstag, 3. Oktober, um 19 Uhr im Kleinen Haus des Stadttheaters, ab 14 Jahren. Kartentelefon: (0841) 30547200.

 

Anja Witzke