Greding
Mulmiges Gefühl

Caritas-Sozialstation in Greding hält ihr Pflegeangebot so weit wie möglich aufrecht

25.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:21 Uhr
Bei der Körperpflege können die Beschäftigten der Caritas-Sozialstation zu den Patienten nicht den erforderlichen Abstand halten. Sie behelfen sich mit allerlei Vorsichtsmaßnahmen wie einem Mundschutz und Kittel. Dieses Bild mit Andrea Frank entstand noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, heute sähe dieser Waschvorgang anders aus. −Foto: Caritas-Sozialstation

Greding - Der unmittelbare Kontakt zwischen Menschen, den man derzeit möglichst meiden soll, ist in der Pflege unabdingbar.

 

"Wir sind mittendrin in der Corona-Krise", sagt deshalb Irene Tratz, die Verwaltungschefin der Caritas-Sozialstation in Greding. Das Angebot der Einrichtung sei zurzeit eine echte Gratwanderung - wegen der Menschen: "Uns liegen die Mitarbeiter und die Patienten am Herzen. " Weshalb man die Arbeit nicht einfach einstellen könne, dennoch auf die Gesundheit beider Seiten achten müsse.

"Wir fahren die Betreuungsgruppe runter, Badetage gibt es nicht mehr", erzählt Tratz. Das seien Angebote, die nicht zwingend notwendig seien, bei denen aber Menschen dicht an dicht zusammenkämen. Was sich vermeiden lässt, wird auch nicht gemacht. Anders in der häuslichen Pflege, wenn Krankenschwestern zu Patienten ins Haus kommen, um für die Körperhygiene zu sorgen. "Wir müssen die Menschen baden; da kann man nicht einfach sagen, man lässt eineinhalb Meter Abstand", sagt Tratz. Ein mulmiges Gefühl bleibt, auf beiden Seiten.

Daran können auch die Vorsichtsmaßnahmen nicht viel ändern, die die Sozialstation trifft. Hygiene sei sowieso selbstverständlich in diesem Beruf, doch gibt es ein paar Neuerungen, die das bisher übliche Maß übersteigen. So bekommen die Schwestern ihre Dienstkleidung mittlerweile nicht mehr nach Hause mit, "sie wird jeden Tag in der Station gewaschen", wie Tratz erzählt. Mundschutz, Handschuhe - das ist in diesen Tagen Pflicht, zusätzlich seien die Pflegenden mit einem Schutzkittel bei den Patienten bekleidet.

"Die Schutzkleidung kam positiv an", erzählt Irene Tratz. Die Patienten hätten sie positiv aufgenommen und sich oftmals bedankt, dass sich die Mitarbeiterinnen der Caritas weiterhin um sie kümmerten. Ihr sei es wichtig, dass die Menschen Verständnis für die getroffenen Maßnahmen aufbrächten. "Denn nur so können wir uns an vorderster Front täglich um die kranken Menschen kümmern. "

Doch gebe es auch Veränderungen im Zwischenmenschlichen: Bislang habe eine Krankenschwester darauf geachtet, mit dem Patienten beim Baden auch zu reden, sich die Sorgen und Nöte anzuhören. "Das ist komplett weg", erzählt Irene Tratz: "Baden und unterhalten - das geht nicht mehr. " Erst wenn die Arbeit getan ist, könne man wieder Worte wechseln. Während der ganzen Zeit im Haus des Patienten achteten die Pflegekräfte darauf, den Mindestabstand zu etwaigen Angehörigen einzuhalten.

In Notzeiten versucht der eine oder andere auch, sich komplett abzuschotten. Eine Frau habe beispielsweise in der Station angerufen und gesagt, dass sie die Pflege eines Verwandten erst einmal komplett selbst übernehme, schildert Tratz. Dann aber gemerkt, dass das auch dann nicht leicht ist, wenn man plötzlich viel zu Hause ist. Die Einzelbetreuung und die Hauswirtschaft mache sie noch immer selbst, "aber die Pflege sollen wir doch übernehmen".

Die hauswirtschaftliche Versorgung ist ein weiteres Angebot der Sozialstation. Die Frauen riefen derzeit erst einmal an um zu fragen, ob sie kommen sollen. Viele verzichten laut Tratz zurzeit darauf, durchwischen zu lassen; andere wollten diese Dienstleistung unbedingt aufrechterhalten - vielleicht auch als Strategie gegen Einsamkeit, vermutet Tratz.

Einen Boom verzeichne dagegen das Essen auf Rädern. Bei älteren Menschen, die sich bislang selbst versorgt haben, würden mittlerweile auch Angehörige darauf bestehen, dass diese nicht mehr aus dem Haus gehen um einzukaufen. Fast 40 Leute versorgten die ehrenamtlichen Fahrer mit Essen, allerdings brächten sie es - wo immer es geht - nicht mehr ins Haus. "Sie deponieren die Box und klingeln", erzählt Tratz. Die leeren Boxen des Vortags würden bei dieser Gelegenheit eingesammelt. "Wir müssen unsere Essensanfahrer schützen. "

Bei allen der Pandemie geschuldeten Probleme und Neuerungen zeigt sich Irene Tratz froh, "dass wir kein privater Anbieter sind - das ist in dieser Situation gut". Denn die 21 Sozialstationen in der Diözese Eichstätt tauschen sich aus, unterstützen sich gegenseitig. So sammle der Caritasverband neuerdings die Wünsche und Bestellungen der einzelnen Stationen, um größere Aufträge schreiben zu können. "Wir selber würden doch niemals etwas herbekommen. " Man fahre zweigleisig, denn im Landkreis Roth koordiniere das Gesundheitsamt den Bedarf der einzelnen Einrichtungen. "Ich hoffe, dass es gerecht verteilt wird und nicht nur Krankenhäuser etwas kriegen", sagt Tratz.

Dessen ungeachtet hat der Caritasverband beschlossen, für seine Bestellungen ein Verteilzentrum einzurichten - und zwar zentral in Greding. Im Gespräch sei noch eine zweite Station, da aus der Ecke Monheim/Wemding die Anfahrt dennoch vergleichsweise lange dauere. Gemeinsam versuche man durch die schwere Zeit zu kommen. Oder wie Pfarrer Richard Herrmann, der Vorsitzende der Gredinger Sozialstation, gerne sage: "Wir bleiben bei unseren Patienten. Bitte bleiben Sie zu Hause! "

HK

Volker Luff