Mühlbach ist vor allem ein Quell der Freuden

01.08.2008 | Stand 03.12.2020, 5:43 Uhr

Romantisches Mühlbach: Das zur Gemeinde Dietfurt gehörende 500-Seelen-Dorf ist ein Dorado für Wanderer, Radfahrer und auch Höhlenforscher, die vor sieben Jahren hinter der Karstquelle riesige Höhlensysteme entdeckten. Über die schmuck herausgeputzten Einfamilienhäuser und Bauernhöfe des Ortes wacht der Kirchturm St. Maria. - Fotos: Scharnagl

Mühlbach (DK) Das beschauliche Mühlbach vor den Toren von Dietfurt hat seinen ganz eigenen Charme. Die Obermühle zeugt von der Bedeutung der Wasserkraft, das vor ein paar Jahren entdeckte Höhlensystem sorgt für beeindruckte Gesichter. Und der Kanalbau hat Erstaunliches zu Tage gefördert.

Folgt man im oberpfälzischen Dietfurt dem Main-Donau-Kanal in Richtung Riedenburg nach Niederbayern, dann schließt sich die Tälerlandschaft und es entsteht wieder das für diese Gegend gewohnte Bild: Entlang des Kanals ist der Jura-Höhenzug wieder der ständige Begleiter für alle Betrachter, die sich auf der Straße der Könige und Kaiser bewegen. Und bereits kurz hinter Dietfurt verlangt eine kleine, aber äußerst romantische Ortschaft die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Besucher und Liebhaber des Altmühltals: das beschauliche Mühlbach.

Die Sieben-Täler-Stadt Dietfurt ist weit über die Grenzen hinaus bekannt durch ihren Chinesenfasching, hat jedoch in ihrer Gemeinde eine kleine Ortschaft, die der "Mutter" nicht selten – aber gerade jetzt – ein bisschen die Show stiehlt. Dieses Mühlbach, eine schmucke Ansammlung von herausgeputzten Einfamilienhäusern und Bauernhöfen links und rechts der schmalen Straße, die sich – vorbei an der Bastelstube – wie ein Aal durch die Heimat von etwa 500 Seelen schlängelt: Der gleichnamige Mühlbach findet unter einer Brücke hindurch seinen Weg durch den Dietfurter Vorort.

Ein idyllischer Dorfplatz mit der Kirche St. Maria aus dem 18. Jahrhundert als Mittelpunkt verleiht Mühlbach eine besondere Note. Im Mittelalter stand hier auch noch das Schloss des Grafen von Grögling-Hirschberg: Am 8. September 1304 unterzeichnete der letzte Graf Gebhard VII. dort sein berühmtes Testament – Mühlbach iuxta oppidum nostrum Dietfurt – mit der Festlegung der territorialen Grenzen in unserer Gegend für viele Jahrhunderte. Eine Folge dieses historischen Dokuments: Mühlbach kam mit Dietfurt damals zum Herzogtum Bayern.

Der Dietfurter Ortsteil Mühlbach kann überhaupt auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. Bereits die Neandertaler hinterließen hier ihre Spuren in der nahen Fischleitenhöhle, die schon vor 80 000 Jahren erstmals bewohnt war: Archäologische Grabungen im Zusammenhang mit dem Bau des Main-Donau-Kanals bewiesen die beinahe stetige Besiedlung dieser Gegend.

Heute ist Mühlbach, so wie der gesamte Naturpark Altmühltal, ein wahres Dorado für Wanderer und Radfahrer. An preiswerten und gepflegten Fremdenzimmern besteht – wie generell im Altmühltal – auch hier kein Mangel. In der Gaststätte Kornprobst und im Tagescafé Untermühle bei Anneliese und Andreas Schechinger wird dafür gesorgt, dass kein Gast verhungern oder gar verdursten muss.

Überzeugendes Konzept

"Mühlbach hat zwar einen kleinen Einbruch erlitten, weil das Landgasthof-Hotel zum Wolfsberg geschlossen werden musste, aber das fangen wir locker wieder auf", ist Anneliese Schechinger vom Marketingkonzept ihrer Heimatgemeinde überzeugt, zu dem natürlich auch das "Haus des Gastes" zählt.

Wenn Bernhard Kurpiela mit seinen beiden Kumpels Wolfgang Lang und Wolfgang Trepte von der Holzarbeit kommt, wird erst einmal der über 50 Jahre alte Lanz-Bulldog sorgfältig im Holzschuppen gegenüber seinem kleinen Haus in der Ortsmitte abgestellt. Erst dann genehmigen sich die drei Holzarbeiter ein kühles Bier, das aber nicht aus dem Kühlschrank kommt, sondern aus dem klaren Wasser einer Karstquelle: Das kühle Nass strömt direkt aus dem Berg, und die Quelle entspringt auf dem nur wenige Meter entfernten Nachbargrundstück. "Für frische Getränke brauchen wir keinen Kühlschrank, da reicht uns das eiskalte Wasser aus dem Graben, der direkt unsere Haustüre passiert", freut sich Bernhard Kurpiela und genehmigt sich gleich noch einen kräftigen Schluck.

Nur unweit dieser kleinen Quelle, die ihren kurzen Weg als Rinnsal in einem schmalen Graben durch den gemütlichen Ort fortsetzt, sorgt eine andere Karstquelle für große Schlagzeilen. Karstquellen sind in der Regel das Ende eines Höhlensystems, an dem ein Höhlenfluss die Erdoberfläche erreicht. In Mühlbach war es die Mühlbachquelle, die über Jahrhunderte mit einer durchschnittlichen Schüttung von 300 Litern pro Sekunde die Ober- und die Untermühle angetrieben hat.

Ein alter Mühlstein mit der Aufschrift "Untermühle" erinnert bei den Schechingers an diese Vergangenheit. Und ein riesiges und bemoostes Wasserrad, das 1935 erneuert worden ist, zeugt bei der Obermühle von der Historie. Faszinierend ist, dass die Wasserkraft der Mühlbachquelle auch heute noch zur Stromerzeugung genutzt wird.

Unbetretenes Neuland

Die Untermühle ist seit fast einem Vierteljahrhundert im Besitz der Familie Schechinger. Die vom Verfall bedrohte Obermühle ist nach langem Ringen in den Besitz von Eva Martiny gelangt. Eine – natürlich unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes – langwierige und teure Sanierung unter dem Dach "Verein Karst-Infozentrum Mühlbach" ist bereits im Gange und wird sich sicherlich noch mehrere Jahre hinziehen. Schön, dass solche Schätze nicht sterben müssen.

Mit "Jules Verne Passage" oder "Canale Grande" sind die Panoramabilder einer einzigartigen und spektakulären Unterwelt betitelt, die sich hinter der Mühlbachquelle verbirgt. Nur die Höhlenforscher kommen im seit vielen Jahrhunderten besiedelten Altmühltal in unserer modernen Zeit noch in den Genuss, unbetretenes Neuland zu entdecken und teilweise zu erschließen.

Die Mühlbachquellhöhle mit ihren gigantischen Ausmaßen ist von der Karstgruppe Mühlbach entdeckt und erforscht worden, ein Zugang für Besucher ist nicht möglich. Es ist kurios, aber die eigentliche Entdeckung der großen Quellhöhle liegt gerade einmal sieben Jahre zurück: Am 3. Januar 2001 haben Steffen Hoffmann, Manfred Walter und Dieter Gebelein den entscheidenden Spatenstich getan.

Dass sich hinter großen Karstquellen oft riesige Höhlensysteme verbergen, war längst aus anderen Karstgebieten erwiesen. Dass auch hinter der Mühlbachquelle ein solches Höhlensystem liegt, wurde schon aufgrund eines seltsamen Loches mit Namen Sommerleitenschacht vermutet.

Das Höhlensystem und die Karstquelle haben nicht nur dem Schleusenhäusl am ehemaligen Ludwigkanal und dem Kopffelsen ein wenig den Rang abgelaufen, sondern auch die Muttergemeinde Dietfurt ein bisschen in den Schatten gestellt. Trotzdem, in erster Linie kommen die Menschen auch hierher, um in Ruhe auf gut beschriebenen Wegen zu wandern und auf einem ausgebauten Netz von Radwegen kräftig in die Pedale zu treten.