Müde Routine

09.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:29 Uhr

Lichtblick in einer misslungenen Produktion: Jasmin Etezadzadeh als Prinz Orlofsky. - Foto: Zitzlsperger

Regensburg (DK) Dass es in Johann Strauss’ unsterblicher Operette um etwas mehr geht, als um eine kleine Racheintrige, die den Vorwand für ein amüsant-frivoles Fest der Verwechslungen hergibt, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Und man muss die "Fledermaus" nicht gleich mit dem dekonstruierenden Furor eines Regietheater-Berserkers in Grund und Boden inszenieren, um das zumindest ein wenig kenntlich zu machen.

Wolfgang Dosch, den das Theater Regensburg für diese Neuproduktion verpflichtet hat, scheint das wenig zu kümmern. In einem Interview anlässlich einer früheren Inszenierung, das im Regensburger Programmheft wieder abgedruckt ist, distanziert er sich von "regietheatralischen" Maßstäben, plädiert für die Kategorie des gut gemachten Unterhaltungstheaters und verrät auch gleich die nahe liegende Idee, mit der er das Stück an den Vorabend des Wiener Börsenkrachs von 1873 verlegt.
 

Den Auftritt eines Zeitungsjungen, der mit der traurigen Kunde die Champagnerseligkeit des Festes beim Prinzen Orlofsky unterbricht, hat Dosch nun auch für Regensburg recycelt. Als Chiffre zeitgeschichtlicher Relevanz verpufft er aber komplett, weil Dosch sich ansonsten für einen Blick hinter die Fassade bürgerlichen Operettenamüsements rein gar nicht interessiert. Mit müder Routine spult er in einem mäßig spektakulären, von der Drehbühne nur scheinbar in Schwung gehaltenen Bühnenbild sattsam bekannte Witzchen ab. Bis auf den Orlofsky, dem Jasmin Etezadzadeh eine wunderbar überdrehte Androgynität verleiht, gewinnt keine der Figuren, die ja immerhin für eine Nacht ein riskantes Spiel mit ihrer Identität treiben, erkennbare Kontur.

Das liegt nicht nur an den begrenzten komödiantischen Fähigkeiten einiger Sänger in den gesprochenen Passagen, sondern auch daran, dass diese den gar nicht so leicht herzustellenden Parlando-Stil des Operettengesangs über weite Strecken verfehlen (Francis Bouyer als Eisenstein, Seymur Karimov als Dr. Falke, Theodora Varga als Rosalinde, Enrico Lee als Alfred). Schnell wird es opernhaft laut, die mitunter herrlichen Texte gehen im Getöse unter, an dem an einigen Stellen auch Tetsuro Ban am Pult des ansonsten sehr präzise und elastisch agierenden Philharmonischen Orchesters nicht ganz unschuldig ist.

Jasmin Etezadzadeh ist auch diesbezüglich ein Lichtblick, Theresa Grabner macht ihre Sache als Adele ebenfalls gut, ohne mit ihren etwas harten Koloraturen allerdings wirklich zu verzaubern.

Dass nicht einmal der in vielen Inszenierungen als Kabinettstückchen mit Lokalkolorit zelebrierte Auftritt des Froschs im dritten Akt ein Selbstläufer ist, machte Miko Greza schmerzhaft deutlich. Von Regisseur Dosch offenbar alleingelassen, spulte er trostlose Pointen ab, Ruben Gerson als angetrunkener Gefängnisdirektor Frank war kaum lustiger. "Selig ist, wer vergisst . . . "