Neuburg
Mit Verstand schenken

17.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Big Foot ist ein Herdenschutzhund: "Die dazugehörige Herde können wir gratis dazu liefern", scherzt Tierheimleiter Gerhard Schmidt. Er ärgert sich tierisch über verantwortungslose Züchter. - Foto: Schanz

Neuburg (DK) Seit 25 Jahren kümmert sich Gerhard Schmidt als Leiter des Tierheims Neuburg um Hunde, Katzen und Co., die von ihren Besitzern verlassen, ausgesetzt, gequält oder einfach abgegeben werden. Mit unserem Redaktionsmitglied Sebastian Schanz sprach er über Tiere als Weihnachtsgeschenke, verschmähte Geschenkhunde und das richtige Vorgehen bei der Anschaffung von Tieren. Während des Gesprächs bekommt Schmidt einen Anruf vom Tierheim Höchstädt: Eine alte Frau hatte in ihrem Haus 25 Hunde angesammelt. Jetzt muss sie ins Krankenhaus – für die Tiere muss eine neue Bleibe gesucht werden. "Natürlich werden wir da helfen müssen. Aber wie konnte es überhaupt soweit kommen", fragt sich Schmidt.

Herr Schmidt, was halten Sie von Tieren als Weihnachtsgeschenke?

Gerhard Schmidt: Das muss man ganz individuell sehen, von Fall zu Fall. Wenn da zum Beispiel eine Familie ist, die schon lange überlegt, sich ein Tier anzuschaffen, dann kann die Weihnachtszeit sogar ein guter Zeitpunkt dafür sein. Wenn aber das Geschenk im Vordergrund steht, nach dem Motto ,Ich schenke jetzt mal ein Tier‘, dann ist das absoluter Blödsinn.

Also sollte man sich lieber selbst ein Tier schenken, als anderen?

Schmidt: Ja, so in etwa. Das sollte nie eine kurzfristige Entscheidung sein. Das ist der Grundfehler, den die Leute immer wieder machen. Man sollte ein Tier immer mit dem Verstand aussuchen, nie einfach nur spontan, weil es so süß ist oder so exotisch, oder weil der Nachbar so etwas noch nicht hat. Ein Tier muss zu seinem Halter passen.

Einem Bekannten als Überraschung einen Hund unter den Baum zu setzen ist also . . .

Schmidt: . . . völliger Blödsinn. Man könnte einen Gutschein schenken, damit sich der Bekannte den Hund bei uns aussuchen kann. Oft werden Hunde auch aus schlechtem Gewissen geschenkt. Da kriegt der Opa einen Hund, weil man sich nicht genug um ihn kümmert. Oder die Kinder, damit sie Verantwortung lernen. Und nach drei Monaten ist der Hund bei uns.

Was raten Sie Menschen, die sich zu Weihnachten ein Tier anschaffen wollen?

Schmidt: Mein Tipp: Zunächst mal ins Tierheim kommen. Nur hier werden sie wirklich objektiv beraten. Bei uns steht das Tier im Vordergrund, weil wir das Interesse haben, dass das Tier sich wohlfühlt und auch bei den neuen Haltern bleibt. Wir haben auch die Erfahrung, welcher Hund zu wem passt. Es gibt für jeden einen geeigneten Hund, selbst für einen rüstigen 80-Jährigen. In den vergangenen Jahren ist kein einziges vermitteltes Tier wieder zurückgekommen, wir haben dafür mittlerweile ein gutes Gespür.

Wie ist der Ablauf, wenn man sich – sagen wir noch zu Weihnachten – ein Tier anschaffen möchte?

Schmidt: Das ist grundsätzlich an 365 Tagen im Jahr möglich, wenn man sich das gut überlegt hat. Man kommt einfach her, bringt den Personalausweis mit und am besten noch ein paar Fotos, wo das Tier leben soll. Wir schauen uns das dann an. An Weihnachten sind wir natürlich vorsichtiger. Wir reden dann mit den Leuten. Wohnen sie in einem Haus oder einer Wohnung? Sind Kinder in der Familie? Danach kann man schauen, was passen könnte.

Werden Sie hier im Tierheim nach Weihnachten überschwemmt mit verschmähten Geschenktieren?

Schmidt: Das geht schon vor Weihnachten los. Da geben die Leute ihre Tiere ab, weil ihnen der Stress an den Feiertagen zu viel wird. Allein gestern haben vier Leute angerufen, die ihren Hund los werden wollen. Oder der weiß-braune Kleine da draußen: Der heißt Big Foot. Der wird mal riesengroß, das ist ein Herdenschutzhund, gestern abgegeben und gerade mal drei Monate alt. Das ist absolute Dummheit und Oberflächlichkeit, sich so einen Hund anzuschaffen und absolut verantwortungslos, solche Hunde bei uns zu züchten. Diese Hunde kommen ursprünglich aus dem Kaukasus oder aus Afghanistan. Die leben das ganze Leben in einer großen Herde, von Schafen zum Beispiel, und bewachen die, Tag und Nacht. Diese Hunde sind Wachhunde. Die wehren auch Wölfe ab.

Warum schafft man sich in unserer Gegend so einen Hund an?

Schmidt: Weil die Leute immer etwas Außergewöhnliches wollen. Aber alles was außergewöhnlich ist, bringt auch Außergewöhnliches mit sich. Und es gibt eben verantwortungslose Züchter, die damit Geld verdienen. Von uns erwartet man dann immer, dass wir alle Probleme lösen.