München
Mit Spielkultur zum Klassenerhalt?

12.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:08 Uhr


München (DK) Auch im Abstiegskampf hält 1860-Trainer Pereira an seiner Spielidee fest. Mit einem Heimsieg gegen den VfL Bochum am Sonntag um 15.30 Uhr könnte der Tabellen-14. den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga sicherstellen.

 

Mit Abstiegsendspielen vor einer großen Kulisse kennt man sich inzwischen aus bei den Münchner Löwen. 68 500 Zuschauer kamen, als die Sechziger kurz vor dem Ende der Saison 2014/15 den 1. FC Nürnberg mit 2:1 besiegten und sich dadurch überhaupt erst in die Relegation retteten. 57 000 waren dann beim legendären Rückspiel gegen Holstein Kiel in der Allianz-Arena, und als der TSV unter Daniel Bierofka vor einem Jahr ebenfalls am vorletzten Spieltag den Abstiegskampf für beendet erklärte, verfolgten immerhin 54 000 leidgeprüfte Fans den 1:0-Sieg gegen den SC Paderborn. An diesem Sonntag kommt der VfL Bochum nach München. Mit einem Sieg wären die Löwen so gut wie gerettet. Auch im dritten Jahr in Folge herrscht Endspielstimmung.

Hasan Ismaiks Appell an alle Löwen-Fans wirkte also nicht einmal utopisch, als er in dieser Woche von einer vollen Arena mit mehr als 60 000 Zuschauern träumte. Der Jordanier wird höchstpersönlich einfliegen, wenn die Löwen ein weiteres Mal versuchen, den größtmöglichen Ausrutscher auf ihrem Weg nach oben zu verhindern. So paradox es klingen mag: Während andere Vereine um ihre Existenz bangen, geht es bei den Sechzigern auch darum, sich die Chance auf den Erstliga-Aufstieg für die kommende Saison zu erhalten.

Gesprochen hat Vítor Pereira deshalb nur wenig vom Abstiegskampf. Wenig davon, dass der Rasen brennen muss; und auch alle anderen Floskeln, die in einer solchen Situation gerne hervorgekramt werden, hat der Trainer nicht benutzt. Stattdessen spricht Pereira über Spielsystem und Taktik. "Wir bauen weiter auf unsere Spielidee", sagt der 48-Jährige, der zum einen die Rückendeckung seiner Vorgesetzten, zum anderen das nötige Spielermaterial genießt. Die Mannschaft sei taktisch gereift. "Wir zeigten in den vergangenen Wochen den besten Fußball, seit ich hier bin. Wir waren in jedem Spiel die bessere Mannschaft. Das ist das Wachstum, das ich mir erwartet habe", betonte der Portugiese.

Mit Spielkultur zum Klassenerhalt: Beim 2:1-Sieg gegen Dynamo Dresden ging Pereiras Konzept erstmals in den vergangenen Wochen auf, weil die Löwen nicht nur so auftraten, wie es normalerweise kein Absteiger tut, sondern auch noch die entscheidenden Tore schossen. "Eigentlich hätten wir auch die Spiele davor gewinnen müssen, aber so ist Fußball: Manchmal geht ein Ball nicht rein oder an den Pfosten. Das ist auch das Schöne an diesem Sport", sagt Pereira. Besonders schön, wenn es so läuft wie gegen Dynamo - und seine Mannschaft gewinnt.

Noch schöner wird es nun, wenn die Löwen am Sonntag Bochum schlagen und die Konkurrenz aus Würzburg und Bielefeld parallel dazu nicht gewinnt. "Am Ende des Spieltags können wir rechnen, davor bringt es gar nichts", sagte Pereira zwar. Gut möglich ist es dennoch, dass mit einem Sieg gegen den VfL, für den es wie zuletzt für Dynamo um nichts mehr geht, auch im dritten Jahr die Rettung gelingt. Zuvor erwartet der Trainer allerdings ein emotionales Spiel. "Es ist wichtig, dass wir die Emotionen im Griff haben", sagt er. Seine Spieler müssten mit Willenskraft auftreten, aber auch mit Intelligenz. Zu diesem Zweck steht Pereira mit Ausnahme des gesperrten Marnon Busch wohl die komplette Mannschaft zur Verfügung. "Nur hinter Felix Uduokhai steht noch ein Fragezeichen", verriet er. Den Verteidiger hinderten gestern muskuläre Probleme am Training.

Stand Freitagmittag wurden für die Partie am Sonntag 33 000 Karten verkauft. Der Verein rechnet mit mehr als 40 000 Fans. "Und ich hoffe, dass uns die Fans genauso überragend unterstützen wie beim Heimspiel gegen Braunschweig", sagt Urlöwe Stefan Aigner. So könne es klappen mit dem Klassenerhalt in der Zweiten Liga, die die Löwen im nächsten Jahr gerne verlassen würden. Dann freilich in die andere Richtung.