Wolnzach
Mit Salzsäure und Schrubber

In Wolnzach gibt es seit rund 80 Jahren ein Schwimmbad – Früher lief nicht nur die Reinigung anders

13.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:18 Uhr

Genießen die frühen Morgenstunden im Bad: Klaus-Günther Schweisthal (von links), Christa Walter und Helmi Schweisthal sind überzeugte Frühbader - Foto: Trouboukis

Wolnzach (WZ) Schwanenhalsduschen, Massageliegen im 30 Grad warmen Wellnessbecken, das ist das Schwimmbad heute. Nicht ganz so bequem, aber nicht minder geschätzt, war die Anlage in der Vergangenheit – als das Wasser noch aus dem Bach kam und die Becken mit Salzsäure gereinigt wurden.

„Wir sind eine große Familie“, sagt Gerti Wetterich, während ihr Blick zwischen Sport- und Wellnessbecken hin- und herschweift. Es ist 6.30 Uhr im Wolnzacher Schwimmbad. Unermüdliche Schwimmer ziehen ruhig ihre Bahnen oder genießen im Warmbecken Nackenduschen und Düsenmassage. Schon eine halbe Stunde beaufsichtigt Gerti Wetterich die Frühbader, wie jeden Wochentag, bei jedem Wetter. Das Frühbaden ist für sie ein fester Termin, ebenso für die 46 derzeit gemeldeten Teilnehmer, die regelmäßig kommen. Nicht nur bei Sonne, sondern auch bei Regen, bei Wind, bei Kälte. Immer – und das schon seit vielen Jahren: „Seit Jahrzehnten“ kommen Klaus-Günther Schweisthal und seine Frau Helmi hierher, um im warmen Wasser – früher im alten Betonbad und heute in den Edelstahlbecken – ihre Runden zu drehen. „Das ist für uns Wellness vor der Haustüre“, sagen die beiden Senioren aus Rohrbach. Christa Walter sieht das genauso, auch für die Wolnzacher Geschäftsfrau beginnt der Tag frühmorgens im warmen Becken, „in netter Gesellschaft“ – und mit Badehaube, damit das Haaretrocknen danach nicht unnötig vom Start in den Geschäftsalltag aufhält.

Die Frühbader gibt es seit vielen Jahren (siehe Infokasten), dass sie sich seit Inbetriebnahme des neuen Bades vor sieben Jahren jetzt auch massieren lassen und das warme Becken direkt über den Kabinentrakt betreten können, das schätzen sie sehr. Denn viele von ihnen können sich noch an Zeiten erinnern, als die Kabinen noch aus Holz waren, das Wasser regelmäßig ausgetauscht werden musste – das Wolnzacher Bad aber nicht minder beliebt war als heute. Denn es war schon etwas Besonderes, überhaupt so eine Anlage zu haben.

Dass die Wolnzach direkt vorbeifließt, das hatten sich die Macher des ersten Wolnzacher Bades vor rund 80 Jahren zunutze gemacht und auf der großen Wiese bei der Hanslmühle ein Holzbecken errichtet, das vom Bachwasser gespeist wurde. Weil durch die Holzbohlen aber ständig Wasser entwich, wurde das Schwimmbad in den 1950er Jahren betoniert – und bekam auch schon recht früh eine Attraktion, die ältere Badegäste heute noch schmerzlich vermissen: ein Sprungbrett, das bis zum Badesommer 1999 in Betrieb war und wegen strenger Sicherheitsvorgaben dann abgebaut werden musste.

Selbiges Sprungbrett hat den Badbetreibern aber auch in der Vergangenheit so einige Probleme bereitet, wie ein Blick in unser Zeitungsarchiv verrät: „Um das Sprungbrett wird heuer gepflastert“, ist im Mai 1956 zu lesen. „Es hat sich nämlich herausgestellt, dass die Benutzer beim Besteigen durch aufgeweichtes Erdreich stapfen müssen und dabei immer eine Ladung Schmutz mit ins Becken nehmen.“ Doch sei die „schnelle Trübung des Badewassers“ nicht alleine dadurch zu erklären, sondern hatte noch einen anderen Grund: „Bei einem Gewitter oder Regenfällen verfärbt sich der Bach schnell und wird der Zulaufschuber nicht rechtzeitig geschlossen, hat bald das Badewasser die gleiche Farbe wie der Bach.“ Eine Füllung mit Leitungswasser erschien damals noch zu kostspielig, außerdem habe das Wasser „aus 20 Meter Tiefe nur etwa sechs Grad“. Zu wenig, selbst für hartgesottene Badegäste, die seinerzeit ohnehin mit Wassertemperaturen von um die 20 Grad leben mussten.

Erst drei Jahre später, ab 1959, floss ausschließlich Leitungswasser in die, wie es damals hieß, „Gemeinde-Badewanne“. Doch auch das war offensichtlich kein Garant für klares Wasser, wie der Sommer 1961 belegte: Das Badewasser hielt bei starkem Badebetrieb nur eine Woche, danach befand sich im Becken „eine braune Brühe und alle Versuche des Bademeisters, mit Seiher und chemischen Zusätzen eine Aufhellung zu erreichen, blieben vergebens“. Die Folge: Lautstarke Beschwerden der Badegäste, ein „Gast aus München“ verlangte gar sein Eintrittsgeld zurück.

Dabei tat der Bademeister immer sein Möglichstes, dass alles passte – und musste oft zu drastischen Maßnahmen greifen: Nicht selten rückte er der hartnäckigen Schmutzschicht an den Beckenwänden mit Schrubber, kiloweise Salzsäure und blauer Farbe zu Leibe. Gut, dass laut Zeitung „der Marktkämmerer immer sein Säckel aufmachte“ und für das Bad „ein paar hundert Mark“ springen ließ. Sonst hätten die Becken damals vielleicht schmutzig bleiben müssen.