Ingolstadt
Mit der Waffe des Witzes: Abdelkarim gastierte in Ingolstadt

Ein Mann "zwischen Ghetto und Germanen":

24.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:55 Uhr

Diesen Blick kennt man aus der "Heute Show" oder aus der "Anstalt": Abdelkarim in Aktion. - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Die Fans fangen schon an zu jubeln, als Abdelkarim noch gar nicht richtig auf der Bühne in der Eventhalle ist. Der Duisburger Comedian mit marokkanischen Wurzeln hat viele Fans hier in Ingolstadt, er kommt gut an bei jungen Leuten. Die ersten Reihen sind voll mit Twens, manche liegen etwas darüber, ein paar wenige darunter. Viele von ihnen kennen die Migrationsthematik aus dem eigenen Alltagsleben.

Abdelkarim hat sein Programm "Zwischen Ghetto und Germanen" genau in diese Richtung entwickelt und er baut reichlich Eigenerfahrung darin ein. "Bist du freiwillig hier oder ist dein Handy kaputt", fragt er einen 16-jährigen Deutsch-Türken in der zweiten Reihe und baut schon mal ganz konkret direkten Kontakt zu seinem Publikum auf. "Türkisch oder arabisch - ist alles derselbe Eimer" pauschaliert der Comedian, und eine Lachsalve braust durch den Saal. Schon ab der ersten Minute vermittelt er damit, dass er Integration von der humorvollen, entspannten und dennoch bewusst wahr genommenen Seite angeht. Doch der erste Vollkontakt mit dem Publikum ist nur ein kurzes "warm-up". Ein paar Scherze noch, dann verschwindet er kurz von der Bühne und kündigt sich selber für das Hauptprogramm an.

Noch viel mehr Jubel und stürmische Begeisterung empfangen ihn zurück im Scheinwerferlicht. Abdelkarim hat sich auf die Industriestadt vorbereitet, ganz bewusst steht er in Schlabberhose und Lederjacke im Rampenlicht. "Ich bin nicht von hier", erzählt er von einem Gespräch mit einem Polizisten. "Sieht man, Sie kommen aus dem Piusviertel" war die Antwort, und wieder lachen alle, die die "Bronx" der Stadt kennen. Natürlich sind die Inhalte von Abdelkarims Gags hochpolitisch. Natürlich wissen alle im Publikum um die gesellschaftlichen und sozialen Spannungsfelder, über die der dunkelhäutige Duisburger seine Späße macht. Doch sein respektloser Umgang mit den brandheißen Themen schafft vielleicht, was Politiker und Parteien oft nicht fertigbringen. Zwischen den schnoddrig erzählten Situationen und urkomischen Alltagserlebnissen lassen sich Gewohnheiten und Eigenheiten der Menschengruppen herauskristallisieren, die hier in Deutschland zusammenleben. Er zeigt die Welt in Deutschland aus Sicht eines Mannes, der früher Marokkaner war. Humor ist da vielleicht eine der besten Möglichkeiten, die anderen verstehen zu lernen.

Abdelkarim klammert auch die Ängste nicht aus, die er von "Urdeutschen" spürt. Er definiert diese Migranten als "negative Flüchtlinge, die hierher kommen und Scheiße bauen", wie er es formuliert. "Die Flüchtlinge nehmen uns die Arbeitslosenplätze weg", wirft er dazu in den Raum, macht dabei große Augen. Abdelkarim treibt seinen Spaß aber auch mit den kulturellen Konfrontationen. Bei den Leuten aus Nordafrika kennt er sich dank der eigenen familiären Wurzeln gut aus. "Schach ist ein Teufelswerk für Moslems. Die Dame darf überall hin - was soll das" parodiert er den Versuch der Familie, Schach zu lernen. Die Verwandtschaft ist in seinem Sketch erst wieder versöhnt, als sie erfährt, dass man die Dame auch schlagen darf.

Immer wieder hält Abdelkarim Kontakt zu den ersten Reihen, der Bosnier Dschindirim und Naim aus Saudi Arabien sind ihm da seine liebsten Bezugspersonen. Richtig große Augen bekommt der Stand-Up Comedian am umjubelten Ende des Abends, als er hört, dass Naim aus Schwaben kommt. "Ach sieh da, ein geiziger Saudi", ruft er und hat wieder die Lacher auf seiner Seite.