Mit dem Zepter in der Chronik geblättert

Das Volksfest und seine Geschichte im Spiegel seiner Königinnen – „Die Gemütlichkeit ist geblieben“

20.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr
Versammelte Schwarzachköniginnen −Foto: Luff, Volker, Weissenburg

Greding (HK) Über das Volksfest weiß wohl jeder Gast seine eigene Geschichte zu erzählen, von lustigen Begegnungen und durchtanzten Nächten. Aber was sagen eigentlich die Schwarzachköniginnen zu der Entwicklung des Festes, bei dem sie den Blick „von oben“ haben? Hier einige Antworten.

Die Geschichte der Schwarzachköniginnen selbst beginnt im Jahr 1985. Zum Einstand gab es gleich zwei: Barbara Miehling (heute Brunner) und Maria Vögele (heute Miehling). Beide hat das Fest privat beflügelt und sie sind nun jenseits der Schwarzachstadt verheiratet. Die Anregung, eine eigene Hoheit für das Volksfest zu krönen, wurde in jenem Jahr von der Faschingsgesellschaft Gredonia gemacht. Was bei Festausschuss und Stadtrat auf Begeisterung stieß. Vielfache Vorschläge gab es für den Titel. Bis sich „Schwarzachkönigin“ durchsetzte. Der Beifall im Zelt sollte zwischen den beiden Titelaspirantinnen entscheiden. Doch das Applausometer schlug beide Male gleich stark aus und so gab es gleich zum Einstand zwei Hoheiten, die sich beim Repräsentieren abwechselten.

Seither wird die Majestät von offizieller Seite nominiert. Schon geht der Flug durch die Geschichte weiter, der nächste Halt ist das Jahr, das für Deutschland von größter Bedeutung war: 1990, als es zur Wiedervereinigung von Ost und West kam. Die Schwarzachkönigin hieß damals Angelika Schwarz, die aber für eine recht bunte Regentschaft sorgte. Als sie das Zepter überreicht bekam, war das Land noch geteilt. Als die Gredingerin die Insignien übergab, war es vereint.

Dass sie dies so erleben durfte, hatte auch einen ganz anderen Grund. Denn 1991 stand die eine große Feier an: 900 Jahre Greding. In ein solches Jahr wollte man nicht ohne eine schmucke Repräsentantin starten. Und so wurde es 1990 en vogue, der Hoheit nicht nur für die Volksfesttage, sondern für ein ganzes Jahr die Krone aufzusetzen. Große Auftritte hatte die damals 25-jährige Schwarz somit etwa beim Empfang zum Jahreswechsel, also zum Start ins Jubiläumsjahr. Und auch im Mai 1991 beim Besuch des Bischofs. Der eigentliche Festzug zur 900-Jahrfeier wurde allerdings schon von ihrer Nachfolgerin Sylvia Mendl bestritten, die heute interessanterweise Weiß mit Nachnamen heißt. Schwarz marschierte dafür bei einem anderen Zug mit: jenem zum 150-jährigen Jubiläum der heimischen Feuerwehr. Es war also so einiges geboten in jenen beiden Jahren.

Dass Schwarz sie aus der hoheitlichen Perspektive erleben durfte, ist einem Anruf des damaligen Bürgermeisters Otto Heiß einige Wochen vor dem Fest zu verdanken: „Möchtest Du Schwarzachkönigin werden?“ Es folgten ein „Ja“ und ein Nähkurs mit Folgen. Denn seither hat Schwarz ihre Liebe zu Trachten entdeckt – heute ist sie Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins.

Damals, beim Volksfest 1990, sei auch noch so manches anders gewesen als heute. Zum Beispiel ihre eigene Inthronisation: „Sie fand im damaligen Innenhof des Museums statt“, erinnert sich die Hoheit, „dort, wo heute die Fürsten begraben liegen.“ Neue Fahrgeschäfte hätten sich über die Jahre hinzugesellt und darüber hinaus auch ein ganzer Tag. Denn am Donnerstag, so Schwarz, „wurde zu meiner Zeit noch nicht Volksfest gefeiert“. Livebands gab es freilich schon damals. Recht beliebt seien die Gredinger Buam gewesen. Der Aufmarsch der Hoheiten habe sich eher bescheiden ausgemacht – es gab ja erst ein halbes Dutzend und Gastköniginnen waren überhaupt noch keine dabei. Der Trend zu Dirndl und Tracht sei in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker und das Fest immer größer geworden, „aber die Gemütlichkeit – die ist geblieben“. Deswegen ist Schwarz auch heute noch mit dabei, auch in Tracht – allerdings in Reihen des Vereins und nicht unter den ehemaligen Hoheiten. Das Reden vor Tausenden beim Volksfest hat sie auch persönlich weitergebracht, 1998 avancierte sie zur Abteilungsleiterin eines Kreditinstituts. Ihre Tracht von 1990 verwendet sie heute noch zu Ausstellungszwecken.

Ihr königliches Gewand trägt hingegen Melanie Weichbrodt (heute Hackner) auch zum diesjährigen Volksfest. Sie war 2008 Schwarzachkönigin. Derzeit ist sie in Elternzeit, ihr Sohn Toni ist gerade neun Monate alt. Doch die Taille der Regentinnenzeit hat sich die Mutter zurückerarbeitet. Das war ihr erklärtes Ziel zum 50. Volksfest. Ihre eigene Zeit als Königin stand unter dem Zeichen des Umbruchs regionaler Art. Es gab zwar keine deutsche Wiedervereinigung, aber nach der Wahl neue Gesichter in den Bürgermeisterstuben. Für Manfred Preischl war sie die erste Königin, die er nominieren durfte. Beide zogen quasi neu ins Rathaus ein. Und für beide galt es, gemeinsam weiteres Neuland zu betreten und nach Berlin zur Grünen Woche zu fahren. Die damals 22-jährige Arzthelferin war dazu auserkoren, die Heimatstadt dort erstmals im Rahmen des Standes von Jura 2000 zu präsentieren.

Überhaupt begann mit Weichbrodt die Zeit, in der die Hoheiten stärker in das Jahresgeschehen eingebunden wurden, Märkte und Kirchweihen beehrten und vieles mehr. Auch den „500. Geburtstag“ des Gredinger Tennisclubs – hier wurden Lebensjahre der Mitglieder einfach zusammengezählt – durfte sie als Königin mitfeiern. Mit dem neuen Königinnenbetreuer Mathias Herrler kam sie ebenso gut zurecht wie mit Vorgänger Josef Schneider, der sie zum Antritt und zum Abdanken je einmal in sein Flugzeug einlud, um die Heimat von oben zu betrachten. Melanie Hackner ist nicht nur in die Lüfte geflogen, sondern hat auch den Boden dafür bereitet, dass nach ihrer Regentschaft immer mehr Gasthoheiten das Volksfest bereichern. Die emsigen Kontakte nach außen ermöglichten es.

Neu seit ihrer Zeit ist auch der Volksfestpin. Während heuer der 50. Geburtstag des Festes gefeiert wird, war es übrigens ebenso Fier zum 50. Geburtstag der eigenen Mutter, bei der Weichbrodt von ihrer Wahl erfuhr. „Weißt Du, wer die neue Schwarzachkönigin wird?“ habe sie Preischl gefragt. Die Antwort kam prompt: „Du!“ Preischl kam auch auf die Idee, künftig nicht nur freitags die Königinnen einzuladen, sondern am Sonntagabend auch ihre Familien dazu.

Zu feiern gab es auch für Karina Deinhard so einiges. Die Österbergerin war die Regentin des Jahres 2005. Im Folgejahr durfte sie dann als Schwarzachkönigin bei der 110-Jahresfeier der heimischen Feuerwehr glänzen. Die damals 18-Jährige war mitten in ihrer Ausbildung zur Krankenschwester. Den Beruf übt sie noch immer aus. Aber ein bestimmter Festtag steht heute noch rot im Kalender: „Trotz meiner Wechsel- und Wochenendschichten habe ich es bis auf einmal immer geschafft, den Volksfestfreitag mit den Königinnen zu verbringen. Worauf ich mich jedes Jahr sehr freue!“