Mit Axt auf Fischerei-Aufseher losgegangen

59-Jähriger steht seit Montag wegen Attacke bei Kelheim vor Gericht - Anklage geht von Mordversuch aus

03.02.2020 | Stand 02.12.2020, 12:03 Uhr
Der Angeklagte im Gespräch mit seinem Verteidiger. −Foto: Hildebrand

Regensburg - Richter Michael Hammer und seine Kammer am Landgericht Regensburg sind nicht zu beneiden - meist stehen hier die härteren Fälle zur Verhandlung.

 

Ob Schublade oder Sushi-Messer - alles, was als Waffe genutzt werden kann, war schon Gegenstand der Verhandlungen. Am Montag drehte sich alles um eine Axt. Mit der nämlich soll ein betrunkener 59-Jähriger aus Ihrlerstein am 19. Juni 2019 in Kelheim auf einen Fischereiaufseher losgegangen sein. Deshalb steht er nun vor Gericht. Der Vorwurf: versuchter Mord.

Diverse Prellungen und Schürfwunden, so meldete die Polizei im Juni 2019, sollen dem Fischerei-Aufseher zugefügt worden sein, als er kontrollieren wollte, ob ein gefangener Fisch vom 59-Jährigen auch ins Fangbuch eingetragen worden war. Nach der Aussage eines weiteren Fischerei-Aufsehers habe dieser den Angeklagten an jenem Freitagnachmittag im Juni 2019 das erste Mal kontrolliert. Der Fischereischein und der Erlaubnisschein seien in Ordnung gewesen, ein Fisch, "25 bis 30 Zentimeter lang", sollte noch im Fangbuch vermerkt werden. Er selbst habe wieder weg zu einem anderen Termin müssen, deshalb habe er das spätere Opfer gebeten, nochmals nachzusehen, ob alles seine Ordnung hat. Da es immer häufiger zu Unregelmäßigkeiten bei den Fangmengen und den Einträgen in die Fangbücher gekommen war, habe man dieses System der doppelten Kontrolle eingeführt. Bei der zweiten Kontrolle am Abend des selben Tages kam es dann offenbar zum folgenschweren Vorfall.

Auch das damalige Opfer schilderte vor Gericht, wie sich der Vorfall aus seiner Sicht abgespielt hat. Diese Schilderungen decken sich mit der Anklageschrift. Noch heute leide er unter dem Vorfall, so der 54-Jährige. Er sei in psychologischer Behandlung und werde sich nach dem Prozess stationär behandeln lassen.

Der Angeklagte hatte zu Beginn des Prozesses durch seinen Anwalt Jörg Sodan eine Erklärung verlesen lassen, in der geschildert wurde, dass er das Verhalten des Fischerei-Aufsehers als "schikanös" empfunden habe. Um sich zu wehren, habe er ihn gegen einen Grill geschubst, die Axt gegriffen und ihn damit erneut zurückgeschubst. In der Folge sei es zu einem Gerangel um die Axt gekommen, man habe sich gegenseitig gebissen, aus Reflex habe er auch zugeschlagen. Dann sei er zu seinem Fahrzeug zurückgegangen, der Kontrolleur habe die Polizei geholt. Es tue seinem Mandaten alles aufrichtig leid, so Soda. Man wolle nichts relativieren, der Angeklagte habe aber zu keiner Zeit den Fischerei-Aufseher töten wollen.

Die Strategie der Verteidigung war bereits am ersten Tag ersichtlich: Man wollte herausstellen, dass die Kontrolleure den Angeklagten "auf dem Kicker" hatten, bei einzelnen Fragen schwang - unausgesprochen - auch die Frage einer Ausländerfeindlichkeit mit. Der Angeklagte ist deutscher Staatsbürger mit kasachischem Migrationshintergrund.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Für den 12. und den 19. Februar hat das Gericht zwei weitere Verhandlungstage terminiert.

DK

 

Ursula Hildebrand