Hilpoltstein
"Misses Rothsee" schlägt "Mister Rothsee"

Anja Beranek feiert ihren siebten Sieg und überholt dabei sogar den Rekordsieger der Männer

26.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Die überragende Athletin des Rothsee-Triathlons und ihre weit abgehängten Verfolgerinnen: Mit "Mister Rothsee" im Hintergrund läuft Anja Beranek ihrem siebten Sieg entgegen (oben). Mehr als zwölf Minuten später im Ziel sind Lena Gottwald vom TSV Zirndorf, Luisa Moroff aus Sindelfingen und Theresa Wild vom La Carrera TriTeam Rothsee (von links). - Fotos: Münch

Hilpoltstein (HK) Es werden immer weniger Männer, die es beim Rothsee-Triathlon vor Anja Beranek ins Ziel schaffen. Bei ihrem dritten Sieg in Serie und ihrem siebten Triumph insgesamt ließ die 31-jährige Profitriathletin aus Fürth gestern nur sechs Vertretern des vermeintlich starken Geschlechts den Vortritt.

Jetzt ist es schon so weit gekommen, dass sich Anja Beranek im Ziel des Rothsee-Triathlons entschuldigt. Doch für diese Entschuldigung hatte die mittelfränkische Vorzeigetrathletin auch einen guten Grund: Die 31-jährige Fürtherin, die sich als Rekordsiegerin dieses Wettkampfs längst zur "Misses Rothsee" gekürt hat, war nämlich zum ersten Mal schneller als der "Mister Rothsee".

"Es tut mir leid", sagte Beranek mit einem strahlenden Lächeln zu Marcus Schattner, der sich hinter der Ziellinie erschöpft ins Gras fallen ließ. Der Routinier von der TSG Roth, der das Rennen zwischen 1994 und 2007 insgesamt vier Mal gewann, erkämpfte sich zwar selbst mit 49 Jahren ein weiteres beachtliches Top-Ten-Ergebnis bei seinem Lieblingsrennen. Doch um mit Anja Beranek mitzuhalten, die in drei Wochen auch beim großen Challenge triumphieren will, reichte es für "Mister Rothsee" gestern erstmals nicht.

"Glückwunsch Schatti, du bist die zweite Frau", spottete deshalb Schattners Vereinskamerad Matthias Fritsch, einer der drei Cheforganisatoren des Roth-see-Triathlon-Festivals, beim Zieleinlauf. Und auch die schnellste Frau hatte noch eine Spitze für Schattner parat: Auf seiner Laufhose, auf der seit Jahren "Mr. Rothsee" steht, müsste jetzt dann wohl "Mrs. Rothsee" stehen, scherzte Beranek. Gleichwohl gestand sie, ein schlechtes Gewissen während des Rennens gehabt zu haben, als sie rund zwei Kilometer vor dem Ziel an Marcus Schattner vorbei zog. "Da hab ich wirklich mit mir gehadert, ob ich ihn überholen soll."

Der Überholte trug es aber mit Fassung, dass er erst mit 15 Sekunden Rückstand auf die schnellste Frau das Rennen beendete. Und von dieser Tatsache konnte sich Marcus Schattner auch schnell ablenken, weil er beim Zieleinlauf seiner Tochter Cosima einen großen Wunsch erfüllte. 18 Jahre nachdem er sie als Baby über die Ziellinie des Rothsee-Triathlons trug, nahm er seine erwachsen gewordene Tochter nun erneut auf seine Arme und beendete gemeinsam mit ihr den Wettkampf.

Die Siegerin des Rennens, Anja Beranek, gab derweil schon ihre ersten Interviews. "Es wird jedes Jahr ein bisschen besser", sagte sie. "Sowohl das Rennen als auch meine Form." Obwohl sie erst am Samstag von ihrem ersten mehrwöchigen Höhentrainingslager im schweizerischen St. Moritz zurückkehrte und deshalb ihr Leistungsvermögen selbst nur schwer einschätzen konnte, distanzierte sie den Rest des Frauenfeldes beim Rothsee-Triathlons erneut um mehr als zwölf Minuten. Und das, obwohl sie sich in der ersten Wechselzone die Belehrung eines Kampfrichters anhören musste, weil sie ihren Radhelm zunächst nicht regelgerecht platziert hatte.

Die verlorenen Sekunden änderten aber nichts daran, dass Beranek erneut ein einsames Rennen im Frauenfeld führte. Mit den Gedanken schweifte sie dabei auch schon in Richtung Challenge ab. "Da hab ich mir auf der einen oder anderen Stelle der Radstrecke schon überlegt, wie es mir hier wohl in drei Wochen geht", erzählte Beranek nach ihrer gelungenen Generalprobe, die ihr schon "eine ordentliche Portion Challenge-Feeling" bescherte.

Noch keine Gedanken an einen Langdistanztriathlon hat die 20-jährige Lena Gottwald, die sich wie schon im vergangenen Jahr den zweiten Platz hinter Anja Beranek erkämpfte und damit mittelfränkische Vizemeisterin wurde. Die gute Schwimmerin aus Zirndorf, die schon bei den Nachwuchsrennen am Rothsee ihre ersten Erfolge im Triathlonsport feierte, profitierte nach eigenen Worten vom Neoprenanzugverbot, das die Wettkampfrichter wegen des über 24 Grad warmen Rothsees aussprachen.

Den Titel der schnellsten Landkreisstarterin holte sich Julia Ramsauer vom La Carrera TriTeam Rothsee, für die gestern aber noch mehr möglich gewesen wäre als der sechste Platz im Frauenfeld. Eine Zeitstrafe wegen Windschattenfahrens bescherte ihr jedoch eine zweiminütige Zwangspause in der Wechselzone, die sie eigentlich als Drittschnellste erreicht hatte. "Zwei Minuten sind ganz schön viel in so einem Rennen", sagte Ramsauer, die sich über die erste Zeitstrafe ihrer sportlichen Laufbahn mächtig ärgerte. In einer Bergabpassage sei sie von einem Mann überholt worden, der wenige Meter vor ihr eingeschert sei. Und weil sie in diesem Moment nicht auf genügend Abstand achtete, bekam sie von einem Kampfrichter in der Nähe prompt die Zeitstrafe aufgebrummt.

Die Schnellste aus dem La Carrera TriTeam Rothsee war so nicht Julia Ramsauer, sondern Theresa Wild. Obwohl die 24-jährige aus Wittesheim im Landkreis Donau-Ries in den vergangenen Wochen ein kräftezehrendes Programm mit dem Challenge Kraichgau und der Mitteldistanz in Ingolstadt absolvierte, stürmte sie gestern mit einer starken Laufleistung wieder weit nach vorne. Nach ihrem fünften Platz im Vorjahr reichte es nun sogar zum vierten Rang am Rothsee. Diesen hatte im vergangenen Jahr noch Wenke Kujala aus Hilpoltstein belegt, doch die frühere Profiathletin hatte ihren Start wegen einer Erkältung in den vergangenen Wochen abgesagt.