Altmannstein
"Mir ist wichtig, dass etwas vorangeht"

Seit drei Jahren im Marktrat - heute: Michael Waldinger über die Jugend und den Limes in der Gemeinde

01.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr
Seit drei Jahren ist Marktrat Michael Waldinger (SPD/FW) aus Ried im Altmannsteiner Marktrat. −Foto: Ammer, Isabel, Waidhofen

Herr Waldinger, wie kam es dazu, dass Sie sich für eine Marktratskandidatur entschieden haben? Michael Waldinger: Ich hatte das erst einmal gar nicht auf dem Schirm – und bin dann von Wolfgang Eberl gefragt worden, ob ich mir eine Kandidatur nicht vorstellen könnte.

Mit der Entscheidung habe ich mich aber sehr schwer getan, weil ich beruflich mit Job, Bauernhof sowie dem Ehrenamt als Feuerwehrkommandant doch recht eingespannt bin. Ich habe lange gebraucht, um zu einer Entscheidung zu kommen – und am Ende war es glaube ich das Pflichtbewusstsein, das mich dazu bewogen hat: Wenn man etwas bewegen und verändern will, ist es in der Demokratie eben so, dass man auch aufstehen, mitmachen und sich engagieren muss.

 

 

„Die Jugendlichen stellen die Zukunft der Ortschaft dar. Sie sind die Triebkraft, durch die sich ein Ort weiterentwickelt.“

 

 

Wie viel Zeit nimmt die Aufgabe als Marktrat in Anspruch?

Waldinger: Sie nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ich habe mir die Arbeit gar nicht so zeitintensiv vorgestellt. Aber wenn man einen gewissen Selbstanspruch hat, dann braucht schon die Einarbeitung in viele Themen, bei denen man noch nicht firm ist, eine Menge Zeit. Außerdem sind viele Termine und Besprechungen, die nebenbei laufen, dazu kommen Stunden am Schreibtisch, in denen man sich Gedanken macht und sich den nötigen Hintergrund erarbeitet.

 

Hat es sich gelohnt, das Amt anzunehmen?

Waldinger: Es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Es macht Spaß, wenn man etwas tun und bewegen kann. Ich bin auch der Typ, der lieber etwas anpackt, als zuzuschauen.

 

Mit welchen Zielen sind Sie in das Amt als Marktrat gestartet?

Waldinger: Ich war in der ersten Welle des Breitbandausbaus schon recht engagiert. Zu Beginn der aktuellen Marktratssaison stand noch nicht fest, wie es damit weitergeht. Der Breitbandausbau war für mich ein wesentliches Ziel. Dann gibt es in unseren Ortschaften Laimerstadt und Ried das Problem, dass die 50 Jugendlichen dort keinen Raum für sich haben. Für sie engagiere ich mich schon immer sehr. Mir ist wichtig, dass hier etwas vorangeht. Das war eigentlich auch der Hauptpunkt für mich, für den Marktrat zu kandidieren, weil für mich die Jugendlichen die Zukunft der Ortschaft darstellen. Sie sind die Triebkraft, durch die sich ein Ort weiterentwickelt. Wenn ich sie in einer Gemeinschaft dazu führe, Verantwortung zu übernehmen und ihre Probleme selber zu bewältigen, habe ich auch in zehn bis 20 Jahren Leute, die Verantwortung übernehmen und sich engagieren.

 

Wie sieht es inzwischen mit einem Raum für die Jugend in Laimerstadt und Ried aus?

Waldinger: Eigentlich relativ frustrierend. Nach drei Jahren Arbeit bin ich keinen Millimeter weiter gekommen. Aber es sind ja noch drei Jahre Zeit – das Ziel bleibt bestehen.

 

Mit dem Breitbandausbau hingegen geht es voran...

Waldinger: Den aktuellen Breitbandausbau sehe ich nur als ersten Schritt. Wir haben es geschafft, mit der Telekom einen leistungsfähigen Partner zu finden, den wir in der ersten Phase ja nicht hatten. Aber wenn man sich die Entwicklung anschaut, dass sich die Traffic-Rate alle zwei Jahre mindestens verdoppelt, dann ist das nicht das Ende. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass wir kontinuierlich daran arbeiten müssen, die Glasfaser an jedes Haus zu bringen. Der Breitbandausbau ist für mich langfristig die wichtigste Infrastrukturmaßnahme. Und wenn wir es schaffen wollen, dass sich Gewerbe und Freiberufler hier ansiedeln, brauchen wir Fiber to the building.

 

Was steht in Laimerstadt und Ried aus Ihrer Sicht an?

Waldinger: Wir haben in Laimerstadt und Ried die Situation, wie in vielen Ortschaften zu Beginn der Marktratssaison, dass es wenige Bauplätze gibt. Selbst, wenn ich davon ausgehe, dass die Hälfte der 50 Kinder und Jugendlichen wegzieht, was ganz normal ist, brauche ich in den nächsten zehn bis 15 Jahren immer noch um die 20 Bauplätze. Das war für mich auch ein Ziel, mit dem ich in den Marktrat gegangen bin. Wir hatten bei uns in der Ortschaft eine Phase, in der über fünf oder sechs Jahre kaum Kinder geboren worden sind, weil viele junge Leute durch das Fehlen von Bauplätzen abgewandert sind. Dann kommt in den Vereinen niemand mehr nach, weil eine Generation fehlt. Und wenn man einmal selber erfahren hat, wie dramatisch das für einen Ort ist und wie schwer zu kompensieren, dann ist die Triebfeder da, sich zu engagieren und etwas zu machen.

 

Wie sieht es denn jetzt aus mit Bauplätzen?

Waldinger: Im Augenblick sind wir in vielen Teilbereichen am Verhandeln, aber es ist noch nichts konkret. Und nachdem die erste Welle an jungen Leuten jetzt schon 23 bis 24 Jahre alt ist, wird es höchste Zeit, dass wir etwas auf den Weg bringen, damit die Leute auch dableiben. Außerdem vergeht oft viel Zeit, bis man vom Ausweisen des Flächennutzungsplans bis zum bebaubaren Grundstück kommt.

 

Sehen Sie es als Gefahr, dass viele Leute von auswärts in den Ort kommen könnten, wenn es viele Bauplätze gibt?

Waldinger: Ist das wirklich eine Gefahr? Ich sehe das ein bisschen gemischt. Es ist ja nicht schlecht, wenn Leute in die Ortschaften zuziehen – die Frage ist nur, in welchem Umfang. Wenn die Bürger in der Ortschaft und auch die Vereine auf die Leute zugehen, dann glaube ich, schafft man es, sie ins Dorfleben einzubeziehen. Gerade in der kleinen Struktur, wie sie Altmannstein mit seinen Ortsteilen ja hat, schaffen wir das schon. Deswegen finde ich den Zuzug von Auswärtigen nicht schlecht. Was wichtig ist: Dass ich nicht nur jetzt viele Bauplätze ausweise, sondern dass ich langfristig in den Ortschaften genügend Bauplätze für die Jungen habe.

 

Sehen sich Laimerstadt und Ried eigentlich als zwei getrennte Ortschaften oder als eine Einheit?

Waldinger: Ich glaube, mittlerweile fühlen wir uns als eine Ortschaft. Es sind ganz wenige Leute da, die noch in Einzelpunkten sagen: Das muss jetzt in Laimerstadt passieren, oder das muss in Ried passieren. Von den ganzen Vereinen, vom Aufbau, vom Ortsgefüge her ist es eine Ortschaft – ich unterscheide selbst gar nicht zwischen Laimerstadt und Ried.

 

Wo sehen Sie die Aufgaben für die Gemeinde Altmannstein in den kommenden Jahren?

Waldinger: Elementar sind für mich die Themen, die langfristig angelegt sind. Was der Marktrat jetzt beschließt, entscheidet das Geschehen über 15, 20 Jahre hinaus. Ich sehe die Aufgaben vor allem darin, die Gemeinde handlungsfähig zu machen und langfristig einen Lebensraum zu schaffen, in dem sich die Menschen wohlfühlen.

 

Wie bewerten Sie die finanzielle Situation der Marktgemeinde?

Waldinger: Ich sehe die finanzielle Situation nicht ganz so rosig. Wir haben im Augenblick einen ausgeglichenen Haushalt und gute Einnahmen, aber wenn man sich anschaut, woher diese Einnahmen kommen... Sehr viele Einnahmen werden uns über die Schlüsselzuweisungen zugewiesen und wir verdienen sie nicht selber. Außerdem hängen wir im Augenblick auch sehr von der Konjunktur der Automobilindustrie ab. Deshalb finde ich, muss langfristig darauf geachtet werden, dass wir in der Gemeinde etwas machen, um unser Geld selber zu verdienen.

 

Wo sehen Sie da Chancen?

Waldinger: Zum Teil in der Förderung des Tourismus und zum anderen darin, dass wir Firmen und Handwerksbetriebe herbekommen. Und da gibt es aus meiner Sicht noch viel zu tun. Es kann nicht sein, dass ein Handwerksbetrieb, der hier ist und expandieren will, nicht die Fläche hat, das auch zu machen. Und es muss möglich sein, dass ein Betrieb, der in die Gemeinde ziehen will, Flächen bekommt. Da ist die Ausweisung dieses einen großen geplanten Industriegebiets am Viehhausener Kreisel zu wenig. Man muss auch Gewerbe- oder Mischgebietsflächen in den Ortschaften draußen schaffen. Wir müssen mehr Gewerbesteuer einnehmen über Betriebe, die bei uns entstehen oder sich entwickeln wollen.

 

Was könnte beim Tourismus besser gemacht werden?

Waldinger: Wir wohnen in einer wunderbaren Gegend. Wir haben mit dem Limes das Weltkulturerbe in der Gemeinde und machen zu wenig daraus. Was bei uns wirklich gut funktioniert, ist der Familientourismus: Ich habe das Freibad und auch Wandern geht wunderbar. Was aber noch komplett fehlt, ist die Ausweisung von Mountainbikestrecken. Das hat Riedenburg zum Beispiel bereits in Angriff genommen. Es gibt ja wunderbare Trails bei uns, die ich selber auch oft abfahre – man könnte da viele schöne Strecken ausweisen, die auch anspruchsvoll sind durch die Steigungen im Schambachtal. Da findet bestimmt jeder etwas. Man könnte auch wesentlich mehr aus dem Jakobsweg machen, der durch die Gemeinde führt, ebenso wie aus dem Limes oder dem Limeswanderweg.

 

Welches Potenzial birgt der Limes für Altmannstein?

Waldinger: In Laimerstadt zum Beispiel verläuft er direkt hinter der Ortschaft. Der Limes gehört besser ausgeschildert und intensiver gepflegt, um das Ganze attraktiver zu gestalten. Gerade auch der Bereich in Richtung Römerturm in Hienheim: Das ist eines der wenigen Stücke, an denen der Limes in der Landschaft noch richtig erkennbar ist, dort sind noch Fundamente vom Römerturm zu sehen. So ein Potenzial gilt es zu nutzen – und dieses Weltkulturerbe läuft einmal durch unser komplettes Gemeindegebiet. Aber wenn man ihn abfährt oder abwandert, ist der Limes kaum sichtbar. Es gibt ein paar Tafeln, aber über die ganze Strecke hinweg ist mir das zu wenig.

 

Das Gespräch führte

Isabel Ammer.

Die Serie

Im Jahr 2014 fanden in Altmannstein die Kommunalwahlen statt. Dabei blieb zwar die Sitzverteilung im Marktrat der Großgemeinde gleich, doch von den Personen her hat sich viel geändert: Jedes zweite der insgesamt 20 Mitglieder ist seither neu im Gremium.

Nun, zur Halbzeit zwischen den Kommunalwahlen, haben wir uns für eine kleine Serie bei den „Neuen“ im Marktrat umgehört, wie die Stimmung ist, aus welchen Beweggründen sie sich zur Wahl aufstellen ließen, welche Ziele und Erwartungen erfüllt wurden und wo noch Verbesserungsbedarf besteht.