Milchbauern verlangen Soforthilfe

16.08.2009 | Stand 03.12.2020, 4:44 Uhr

 

Neuburg (r) "Jeden Morgen um fünf Uhr früh aufstehen, und das 365 Tage im Jahr". Ingrid Müller erzählt emotionslos, wie sie mit ihrem Ehemann die 58 Milchkühe im Stall versorgt und den Hof in Schuss hält. Die Ortsbäuerin aus Bertoldsheim gehört mit ihrer Familie zu den 500 verbliebenen Milchbauern im Landkreis.

Jetzt warben sie am Schrannenplatz in Neuburg für ihre Anliegen. Unerfüllbar sind die Wünsche der Milchbauern keineswegs. Was seit eineinhalb Jahren durch die Medien geistert, hat sich noch nicht geändert: Die Erzeuger können von den Auszahlungspreisen der Molkereien auf Dauer nicht mehr leben. 25 Cent pro Kilogramm Milch seien einfach nicht kostendeckend.

Beim Milchtag unter der Schirmherrschaft des Neuburger Oberbürgermeisters Bernhard Gmehling übernimmt BBV-Kreischef Ludwig Bayer die Marktanalyse. 2009 erzeugen die deutsche Betriebe nicht mehr Milch als 2008 oder 2007, erklärt der Standesvertreter. Die Probleme lägen im Markt. Bei allem Ernährungsbewusstsein kaufen die Verbraucher mittlerweile weniger Milch (sieben Prozent und mehr). Discounter diktieren die Preise. Wichtige Veredler in der Lebensmittelindustrie hätten sich umorientiert.

Als Soforthilfe verlange der Bayerische Bauernverband die Wiedereinführung der vor zwei Jahren gestrichenen "Verwertungsbeihilfe". Ihre Zahlungen helfen, überschüssige Milch unterzubringen, etwa mit Umwandlung in Trockenpulver. Der Bund der Milchviehhalter (BDM) hat eigene Vorschläge parat und will "flexible Milchquoten", sagt Matthias Steinberger in Neuburg. BBV und BDM sind sich nicht immer grün. Einig zeigen sie sich im Wunsch an die Politiker, für bessere Rahmenbedingungen für die Milchviehwirtschaft in Bayern zu sorgen.

Was "Analogkäse" und andere Ersatzprodukte betrifft, sind die Forderungen klar: Solche Produkte müssten eindeutig gekennzeichnet werden. 100 000 Tonnen Milch habe der Analogkäse vom Markt verdrängt, 200 000 Tonnen die geänderte Mixtur der Eis- und Backpulverindustrie. In Neuburg zeigen die Landwirte Käse, der nicht mehr aus Milch gemacht wird, sondern aus pflanzlichen Ersatzfetten. "Ich trinke Milch und esse nur Originalkäse", versichert OB Bernhard Gmehling den vielen Passanten, die sich Desserts und Milchproben von Zott und Neuburger Milchwerken mitnehmen.