Rentner sind nach dem Arbeitsleben keine Almosenempfänger

16.08.2009 | Stand 03.12.2020, 4:44 Uhr

Diskutierten über Rentenpolitik (v.l.): Reinhard Brandl, Ursula Eneglen-Kefer, Moderator Rudolf Erhard vom Bayerischen Rundfunk, Eva-Bulling-Schröter, Christian Höbusch und Franz Schmidt. - Foto: tur

Neuburg (tur) Rente, Gesundheit, Pflege und Altersarmut sind Themen des Bundestagswahlkampf. Wie sehr sie unter den Nägeln brennt, zeigte der Aufmarsch zur Podiumsdiskussion des VdK-Kreisverbandes Neuburg-Schrobenhausen, an dem sich fünf Kandidaten beteiligten. Moderiert wurde das Gespräch im Geriatriezentrum Neuburg von Rudolf Reinhard vom Bayerischen Rundfunk.

Die Finanzkrise dürfe nicht zu Sozialkürzungen führen. Wenn es immer mehr Menschen wegen der Wirtschaftskrise schlechter gehe, müsse auch mehr staatliche Hilfe angeboten werden. "Investieren in Menschen und nicht in Banken", müsse die Devise lauten, erklärte Michael Pausder, 2. Landesgeschäftsführer, gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion. Konkret fordere der VdK, den Hartz-IV-Regelsatz, der 359 Euro beträgt, auf mindestens 420 Euro zu erhöhen.

Die steigende Zahl von Hartz-IV-Empfängern in der Wirtschaftskrise mache sich auch in der Arbeit des VdK-Bayern bemerkbar. Der VdK habe in den letzten Monaten einen starken Mitgliederanstieg zu verzeichnen. Täglich melden sich laut Pausder über 150 Personen zur Mitgliedschaft an. Seit Januar dieses Jahres konnte der VdK 32 000 neue Mitglieder verzeichnen. Dies entspräche pro Tag 179 Neuzugänge. Allein der VdK-Bayern habe zur Zeit über 530 000 Mitglieder und sei größer als jede Bundesratspartei.

Den Fragen des Moderators Rudolf Reinhard stellten sich Ursula Engelen-Kefer (SPD), Eva Bulling-Schröter (Die Linke), Franz Schmidt (FDP), Reinhard Brandl (CSU) und Christian Höbusch (Bündnis 90 /Grüne. Rentenalter 67, das Dauerthema, welches die Parteien unterschiedlichster Couleur immer wieder beschäftigt, war auch an dieser Podiumsdiskussion von höchster Brisanz. Ursula Engelen Kefer (SPD) sei strikt gegen die Heraufsetzung des Rentenalters, denn es sei für viele Berufsgruppen eine Zumutung so lange arbeiten zu müssen. " Handwerker aber auch Arbeitende in den unterschiedlichsten Dienstleistungsbranchen können nicht einmal bis 65 arbeiten, weil sie schlechthin gesundheitlich angeschlagen und ausgelaugt sind". Reinhard Brandl (CSU) verwies auf die demographische Entwicklung: "Es wird in den nächsten Jahren immer weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben. Gleichzeitig werden die Menschen aber immer älter", konterte Brandl. Schon allein aus diesen zwei Gründen sei die stufenweise Heraufsetzung des Rentenalters ab 2012 richtig. Christian Höbusch (Bündnis 90/Die Grünen): "2029 werden in Deutschland acht Millionen Menschen weniger arbeiten. Wir sind daher für die stufenweise Rentenaltre-Erhöhung. Für einen fließenden Rentenübergang zwischen 60 und 67 Jahren spricht sich auch Franz Schmidt von der FDP aus: "Gerade ältere Menschen sollen die Möglickeit erhalten sich langsam aus dem Berufsleben zurück zuziehen", so Schmidt.

Mit diesem Plädoyer kann sich Eva Bulling-Schröter von die Linke überhaupt nicht anfreunden: "Ich halte es für absolut asozial und fordere, dass dieses Gesetz in der nächsten Legislaturperiode wieder gestrichen wird." Die Arbeitslosenstatistik zeige klar auf, dass bereits heute 18 Prozent der Arbeitslosen über 60 Jahre alt seien. Es sei naiv zu glauben, dass ein Arbeitsloser über 60 Jahre wieder einen Job finde. Sie sei deshalb für das Rentenalter 65 und spreche sich für eine Rentenbeitragserhöhung von 0,5 Prozent aus.

Für Ursula Engelen-Kefer (SPD) dürfe es nicht zum Generationenkonflikt kommen. "Man hört immer wieder populistische Hatz wie zum Beispiel die Alten plündern die Jungen aus usw. Christian Höbusch dazu: "Wir Junge müssen gemeinsam mit der älteren Generation einen Ausgleich finden."Die Politiker aller Bundestagsparteien müssten sich bewusst sein, dass die Rentner keine Almosenempfänger seien. Die Rentenansprüche habe jede einzelne berufstätige Person durch harte Arbeit, durch Steuerabgaben usw. erworben. Die Verschlechterung des Rentenniveaus müsse wieder zurück genommen werden. Schmidt von der FDP erklärte, dass es nicht darum gehe, die Versicherungskonzerne zu unterstützen. Jeder arbeitende Person sei bereits während des Arbeitsprozesse gefordert, Rücklagen zu bilden, damit er im Rentenalter auch noch ein kleines Polster habe. Die FDP plädiere für ein Zweisäulenmodell mit Aufbau eines kapitalgedeckten Systems.

20 Millionen Rentner, 8 Millionen Menschen mit Behinderung, 7 Millionen, die auf Hartz IV angewiesen sind und 2,3 Millionen Pflegebedürftige vertritt der VdK – rund die Hälfte der Bevölkerung. Dass der VdK ernst genommen wird, zeigt auch die Tatsache, dass alle fünf im Bundestag vertretenen Parteien Kandidaten geschickt hatten.