Roth
Menschliches und allzu Menschliches

Der gebürtige Rother Christian Heid hat einen Band mit Aphorismen veröffentlicht

28.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

Roth (ub) Ein Aphorismus ist laut Wikipedia "ein einzelner Gedanke, ein Urteil oder eine Lebensweisheit, welches aus nur einem Satz oder wenigen Skizzen selbstständig bestehen kann". Oft formuliert dieser Satz "eine besondere Einsicht rhetorisch kunstreich als allgemeinen Sinnspruch.

Dagegen gelten "geflügelte Worte" und pointierte Zitate nicht als Aphorismen." Soweit das Internet-Lexikon. Berühmte Aphoristiker sind - um nur einige zu nennen - Erasmus von Rotterdam, Francis Bacon, Blaise Pascal, Jean Paul, Novalis, Arthur Schopenhauer, Christian Morgenstern, Franz Kafka, Ernst Jünger, Max Horkheimer, Martin Walser, Peter Handke oder Botho Strauß.

Auch ein in Roth geborener Autor wagt sich mit einer Veröffentlichung als Aphoristiker auf den Buchmarkt: Christian Heid. Im Jahr 2013 veröffentlichte er die beiden Bücher "Ein Spaziergang durch den Friedhof Roth. Erinnerungen und Gedanken" und "Jahrgang 1928. Eine Jugend im "Dritten Reich" und die Zeit danach".

Heid wurde 1928 in Roth geboren. Seine Familie betrieb eine Drechslerei und Spulenfabrik sowie eine Spielzeugproduktion. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation am Ende der Weimarer Republik wanderten seine Eltern mit ihm in die USA aus. 1935 kehrten sie zurück nach Roth und in den elterlichen Betrieb.

Nach dem Krieg beendete Heid die Schule und studierte Chemie in Erlangen. 1953 unterbrach er für ein Semester und unternahm mit Freunden in einem VW-Käfer eine Reise in den vorderen Orient und nach Nordafrika. Sie reisten durch Jugoslawien, Griechenland, Istanbul, durch Syrien, Irak, den Libanon, Ägypten, Libyen und zurück über Italien. Von 1959 an bis zu seiner Pensionierung 1989 arbeitete er in Frankfurt, wo er heute noch lebt.

Zahlreiche Aphorismen hat der Autor aus Tagebuchnotizen zusammengestellt. Jeder Gedanke ist mit einem Datum versehen. Er gliedert seine Aphorismen in Kapitel wie Menschliches - allzu Menschliches, Liebe und Eifersucht, Ehe und Frauen, Wissenschaft und Irrtum, Kunst und Musik, Politik und Gesellschaft, Psychologie und Krankheit, Gott und Glaube, Familie und Emanzipation, Wirtschaft und Gewerkschaften, Jugend und Alter, Geist und Dummheit, Wille und Wahrheit, Mensch und Natur, Eitelkeiten und andere Torheiten, Gefühl und Toleranz, Ideologie sowie Fragen, Feststellungen und Sonstiges, Gemeines und Allgemeines.

Viele der Aphorismen sind überraschend und ungewöhnlich. So schreibt Heid über Krimiautoren: "Manche Krimiautoren sind potenzielle Mörder, die nicht den Mut zur Tat haben." Über die Ehe schreibt er: "Manche Männer heiraten nur deshalb, weil sie mit ihrer Freiheit nichts Besseres anzufangen wissen." Geschichte hält Heid für "eine Abfolge von Zufälligkeiten", ein gutes Kabarett ist für ihn "ein Spiegel der Gesellschaft". Furcht ist für ihn "das, was die Massen beruhigt". Entspannung bezeichnet er "die süße Droge". Und: "Wer in dieser Welt sich nicht vorkommt, als wäre er im Irrenhaus, ist reif fürs Irrenhaus!"

Hunderte solcher Sprüche und Gedanken hat Heid zusammengetragen. Manche regen zum Widerspruch an, manche zum Schmunzeln, die meisten be- und umschreiben Lebensweisheiten, die oft sehr unkonventionell formuliert sind. Wer Aphorismen und Gedanken "gegen den Strich gebürstet" liebt, ist mit diesem Buch bestens bedient.

Christian Heid: Da fiel mir gerade noch etwas ein... Gedanken, Aphorismen, Maximen, Reflektionen und Empfindungen aus Tagebuchnotizen. 2017, 100 Seiten, Taschenbuch, ISBN: 978-3-00-055587-9)