Meisterschüler, Maler, Bildhauer und Hilfspolizist

16.04.2008 | Stand 03.12.2020, 5:59 Uhr

Dem jungen Künstler Lindl wurde eine Liaison mit Marieluise Fleißer nachgesagt. - Foto: at

Beilngries (jr) Franz Xaver Lindl hat in seinem Leben viel erlebt. Er war als anerkannter Künstler nicht nur in seiner Heimat ein bekannter Mann. Eine Liaison wurde ihm in den 1930er Jahren mit der Ingolstädter Schriftstellerin Marieluise Fleißer nachgesagt.

Franz Xaver Lindl wurde am 22. Mai 1897 in Berching als jüngstes Kind von elf Geschwistern der Eheleute Walburga und Georg Lindl geboren. Von 1903 bis 1911 besuchte er die Werktagsschule, um dann anschließend (1911 bis 1914) eine Schreinerlehre in Berching zu absolvieren. Nach dem Abschluss 1914 arbeitete er als Schreinergeselle in der Abtei Plankstetten und bei Dornier in München. Von 1920 bis 1924 besuchte er die Kunstgewerbeschule Nürnberg und ließ sich als Innenarchitekt und Zeichner ausbilden.

1925 unternahm er meist zu Fuß eine fast zehnmonatige Studienreise quer durch Italien bis nach Sizilien. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen, die expressionistisch inspiriert waren. Von 1926 bis 1930 absolvierte er ein Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er von 1928 bis 1930 Meisterschüler bei Professor Richard Langer war. 1929 erhielt er den Preußischen Staatspreis verliehen.

Nach dem Abschluss des Studiums 1930 arbeitete er als freier Bildhauer, Maler und Grafiker sowohl im Rheinland als auch in seiner Heimatstadt Berching, wo er ein einjähriges Wohnstipendium im Neumarkter Torturm erhielt. Zahlreiche Grab- und Mahnmäler im Rheinland und weltliche und kirchliche Plastiken erinnern noch heute an die Zeit, wo er schon 1926 zu den so genannten Rheinischen Spätexpressionisten gehörte.

1932 baute er selbst sein Wohnhaus am Elysium in Berching. 1934 begegnete er als Junggeselle Marieluise Fleißer, mit der er verkuppelt werden sollte. Daraus wurde allerdings nichts, jedoch verewigte Fleißer diese Begegnung in einer dramatischen Novelle ("Schlagschatten Kleist").

Er heiratete 1936 die Lehrerin Walburgis Hutter. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. In der Zeit von 1936 bis 1939 arbeitete er als freier Künstler bei IG Farben und bei Degussa, vor allem für Buchillustrationen.

Durch einen Chemieunfall bei den IG-Farben verlor er im Jahre 1938 das linke Auge, das seine bildhauerischen Aktivitäten schwer behinderte. 1940 wurde er trotzdem in die Wehrmacht einberufen. Der Krieg und etliche Krankheiten machten ihm schwer zu schaffen, obwohl er einen sehr einsichtigen Kompaniechef hatte, der ihn vor allem zu Zeichnungen von Brücken, Häusern und Landschaften heranzog. Aus dieser Zeit sind zahlreiche sehr stimmungsvolle Bleistiftzeichnungen erhalten, die eindringlich die Menschen und die Landschaft Russlands dokumentieren.

1943 wurde er aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nach einigen Monaten Lazarettaufenthalts aus dem Wehrdienst entlassen. 1943 führte er seine erste eigene Kunstausstellung in Neumarkt durch. Bis zum Kriegsende wurde er als Hilfspolizist in Berching eingesetzt, wo er meist "subversiv" die Bauern vor Razzien der SS warnte.

Von 1945 bis 1970 arbeite er als freier Kunstmaler und Bildhauer in Berching: Ölbilder, Grafiken, Skulpturen und Mosaike auch an öffentlichen Gebäuden waren Ausdruck einer fruchtbaren Periode, die allerdings keinen großen Widerhall erfuhr. Von 1956 bis 1958 bekam er Arbeit als freier Grafiker und Maler bei der Hoechst AG und arbeitete an der Entwicklung von Trevira als farbtragendes Medium mit. Die Jahre danach waren gekennzeichnet von Abschnitten fruchtbaren Schaffens und depressiven Krankheitsschüben, die seine Schaffenskraft allerdings nur zeitweise beeinträchtigten. Am 28. Dezember 1970 starb er in der Universitätsklinik Erlangen an einem Schlaganfall.