Pfaffenhofen
"Mein Papa ist gestorben"

Ausnahmesituation: Richterin lässt rückfälligen Junkie mit Geldstrafe davonkommen

23.02.2021 | Stand 26.02.2021, 3:33 Uhr

Pfaffenhofen - Martin F.

(Name geändert) hat ein Drogenproblem, mehrfach ist er wegen Besitz und Handel mit Betäubungsmitteln verurteilt worden; er saß deswegen auch schon im Gefängnis. Zuletzt hatte ihn ein Gericht unter Führungsaufsicht gestellt: Er muss clean bleiben, sich unangemeldeten Drogenscreenings unterziehen und sich vor einem Bewährungshelfer verantworten. Aber der 35-Jährige ist schwach geworden: Zwei Tests waren positiv. Das Strafgesetzbuch sieht dafür eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Martin F. allerdings kam mit einem blauen Auge davon - Amtsrichterin Nicola Schwend gestand ihm "menschlich nachvollziehbare Gründe" für seinen Verstoß zu.

Einen dieser Verstöße streicht die Richterin aus der Anklage: Die Opiate, die bei einem Urintest entdeckt worden waren, seien nicht auf Drogenkonsum zurückzuführen, hatte der Angeklagte versichert, sondern auf ein Medikament, das er wegen seiner Rückenschmerzen vom Arzt verschrieben bekommen hatte. Diesen Umstand hatte der 35-Jährige auch schon der Ingolstädter Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die ihn daraufhin bat, den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden. "Aber da kam keine Reaktion", erklärt in der Verhandlung vor dem Pfaffenhofener Amtsgericht der Staatsanwalt. Das holt der Angeklagte jetzt nach. Die Richterin nimmt das ins Protokoll auf - sie glaub ihm.

Schwer wiegt dagegen der zweite Anklagepunkt: Da fand man bei einem Test Amphetamine, die Substanz von Ecstasy-Tabletten oder Chrystal Meth. Martin F. steht dazu: "Ja, da ging es mir nicht so gut, mein Papa war gestorben. Da habe ich ausnahmsweise Drogen genommen. " "Ein einmaliger Ausrutscher? ", fragt die Richterin? Ja, beteuert der Angeklagte, seitdem sei er clean. Das bestätigt auch sein Bewährungshelfer: Alle folgenden Screenings im letzten Jahr seien negativ ausgefallen. Er attestiert Martin F. große Zuverlässigkeit: Zu allen Gesprächsterminen erscheine er pünktlich und befolge alle Bewährungsauflagen.

Die Richterin drückt trotz seiner "erheblichen Vorstrafen" ein Auge zu: Der Angeklagte habe sich in einer Ausnahmesituation befunden. Sie lässt ihn mit einer Geldstrafe von 600 Euro davonkommen.

PK