München
"Mehr Schaden als Hilfe"

Wirtschaftsprofessorin Deborah Schanz über die Pläne der Grünen

29.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:12 Uhr

Deborah Schanz - Foto: oh

München (DK) Die Grünen wollen die Steuern für Besserverdiener erhöhen. Deborah Schanz, Professorin am Institut für betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Münchner Universität, hält die Steuerpläne für verfehlt. Die Fragen stellte Jessica Roch.

Was sagen Sie zum geplanten Spitzensteuersatz der Grünen?

Deborah Schanz: Ich halte nichts davon. Der Spitzensteuersatz ist zu hoch. Wir haben sowieso schon eine schiefe Verteilung bei der Einkommensteuer – das sollte nicht noch mehr werden.

Was meinen Sie mit schiefer Verteilung?

Schanz: Es wird häufig so dargestellt, als würden Reiche gar keine Steuern zahlen. Das Gegenteil ist aber der Fall: Im Grunde zahlen zehn Prozent der Bestverdienenden in Deutschland über 50 Prozent der Einkommensteuer.

Was kann passieren, wenn der Spitzensteuersatz auf 49 Prozent erhöht werden sollte?

Schanz: Das könnte zu Ausweichreaktionen führen – also, dass Reiche das Land verlassen, um ihr Geld stattdessen im Ausland zu versteuern.

Was würde das für die Volkswirtschaft bedeuten?

Schanz: Es wäre mehr Schaden als Hilfe. Wie gesagt: Durch höhere Steuern steigt das Steueraufkommen nicht unbedingt. Wenn die Vielverdiener auswandern, müssen die Geringverdiener mehr Steuern schultern – oder aber dem Land stehen weniger Steuereinnahmen zur Verfügung. So würde man das Gegenteil von dem erreichen, was man eigentlich will.

Und was wäre mit den deutschen Unternehmen?

Schanz: Die Unternehmer würde es besonders hart treffen. Denn sie müssten sowohl die erhöhte Einkommensteuer als auch die wieder eingeführte Vermögenssteuer bezahlen. So stünde dem Betrieb am Ende des Jahres weniger Geld zur Verfügung. So müsste sich der Unternehmer überlegen, ob er weniger Geld in der eigenen Tasche haben will oder ob er Investitionen zurückschraubt. Im schlimmsten Fall würde das auch Entlassungen bedeuten.

Unter der Regierung von Helmut Kohl war der Spitzensteuersatz aber noch höher als jetzt gefordert. Er lag bei 52 Prozent.

Schanz: Die Steuer berechnet sich immer aus zwei Faktoren, der Steuerbemessungsgrundlage und dem Steuersatz. Damals war zwar der Steuersatz hoch, aber die Steuerbemessungsgrundlage wesentlich niedriger als heute. Man kann die Situation heute nicht mit damals vergleichen. Für gleiche Verhältnisse müsste man die Steuerbemessungsgrundlage wieder zurückschrauben.