München
Mehr Rock als Schock

Altmeister Alice Cooper gibt ein wenig furchteinflößendes Konzert in der Münchner Olympiahalle

02.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:50 Uhr
Gitarre statt Grusel: Alice Cooper bietet heute in seinen Konzerten weit weniger Schockierendes als noch vor Jahren. −Foto: Prager

München (DK) Das große Grauen ist vorbei.

Bei einem Konzert von Alice Cooper in der Rudi-Sedlmayer-Halle in München in den 80er-Jahren musste man auf Anordnung der bayerischen Behörden noch auf allzu drastische Effekte verzichten, und die Altersgrenze lag bei 18 Jahren. Aber wie heißt es in einem Lied von Bob Dylan: "The Times They Are A Changing! ". 2019 hat die Show von Alice Cooper wohl kaum noch Furchteinflößendes für die Fans, die auch schon ab 14 ohne Erziehungsberechtigten dabei sein können. Wie soll man aber auch heute noch schocken? Auch der Erfinder des Horror- oder Schockrock hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt mehr auf Gitarren statt Gruseln. Ein paar Gimmicks zieht der 71-jährige Theatraliker im Rahmen seiner "Ol' Black Eyes Is Back"-Tour natürlich trotzdem aus dem Trademark-Zylinder.

Bereits der Opening-Act Black Stone Cherry stellt die Weichen klar in Richtung Rock. Die wilde Truppe aus Kentucky passt mit ihrem Südstaaten-Sound zwar nicht so ganz ins Vorprogramm, gibt sich aber mit Power und Posen viel Mühe. Am Schluss hat die Band zumindest große Teile der etwa 6500 Besucher in der Olympiahalle auf seine Seite gebracht.

Hinter Alice Cooper stehen die meisten Rockfans nach 50 Jahren Bühnenkarriere sowieso. Mit gleich drei Gitarristen legt der passionierte Golfer mit dem 2er Handicap mit Hits wie "Feed My Frankenstein" und "No More Mr. Nice Guy" vor einer Art Spukschlosskulisse satt los und locht zielsicher ein. Die Effekte halten sich im Gegensatz zu früheren Shows aber deutlich in Grenzen. Kurz taucht ein riesiger Frankenstein auf der Bühne auf. Sonst fuchtelt Cooper meist nur mit Degen oder Krücken herum. Und natürlich mit dem Mikrofon, wobei seine Stimme stellenweise etwas angegriffen wirkt. Was aber vom souveränen Gesang seiner Musiker(innen) locker wettgemacht wird. Die glänzen aber auch an ihren Instrumenten. Allen voran Gitarristin Nita Strauss. Seit 2014 ist sie mit ihrer sehr körperlichen Spielweise, wie dem typischen 80er-Jahre Tapping auf dem Griffbrett und dem Herumwirbeln der Gitarre ein wichtiger Bestandteil des Heavy-Happenings, in der Cooper-Band .

Cooper & Co. rocken sehr straff ohne große Worte durch über 20 Songs aus fünf Jahrzehnten. Klassiker wie "I'm Eighteen" aus dem Jahr 1970 oder der 1989er-Mainstream-Erfolg "Poison" zeigen deutlich, dass es schon immer um die Songs ging. Dazu Cooper kürzlich in einem Interview: "Solange die Musik wirklich gut ist, kannst du alles sein, was Du willst: Dann kannst du die Musik auf die Bühne bringen und mit allem dekorieren, was du willst. Aber das Lied steht an erster Stelle. "

Trotzdem lässt er sich die eine oder andere Überraschung nicht nehmen und schickt zu "Dead Babies" ein gigantisches Riesenbaby und zu "Teenage Frankenstein" noch mal das Monster vom Beginn über die Bühne. Natürlich ist "die Enthauptung einer lebenden Person", wie es beim Schichtl auf dem Oktoberfest heißt, immer noch im Programm, und Cooper muss unter die Guillotine. Kommt aber mit Kopf zu den Zugaben "Under My Wheels" und "School's Out" wieder quicklebendig zurück. Muss er ja, schließlich ist er nächstes Jahr als Gast bei "Rock Meets Classic" erneut in München.

Martin Buchenberger