Ingolstadt/Pfaffenhofen - Geometrie, Kunst und internationale Treffen: Carmen Sprung (kleines Foto) vereint ihre drei Leidenschaften einfach in einem Hobby.
Die 62-Jährige beschäftigt sich mit Origami (japanisch "oru" für Falten und "kami" für Papier): der japanischen Kunst des Papierfaltens, an das der Tag des Origami am Mittwoch besonders erinnert. Seit 2004 veranstaltet Sprung normalerweise einmal im Monat im Kunst-Werk im Klenzepark einen offenen Origamitreff. "Zu Nicht-Corona-Zeiten kommen dann 10 bis 15 Leute", erzählt sie. Dass sie einmal solch ein Angebot auf die Beine stellt, ist vor allem einem Zufall zu verdanken.
Ihr Sohn hatte 1996 zum achten Geburtstag ein Buch geschenkt bekommen. "Spiel und Spaß mit Origami" stand darauf. Sprung war beim Durchblättern fasziniert: "Darin habe ich Modelle gesehen, die ich zuvor nicht kannte - sogar von internationalen Künstlern. " Das hat sie neugierig gemacht. Einige Zeit später ging sie zu einem Origami-Treffen, das war der Durchbruch. "Es hat so viel Spaß gemacht, mit anderen zu falten. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich nicht mehr loslassen und habe richtig angefangen", sagt Sprung. Über die Jahre hat sie ihr Hobby dann ein Stück weit zum Beruf gemacht: Die Pfaffenhofenerin betreibt einen Origami-Onlineshop und hat zwei Bücher zum Thema veröffentlicht. Jeden Tag faltet sie und entwickelt neue Modelle - für sich und für Kurse. Dabei hat es ihr vor allem die Geometrie angetan: Sie hat sich auf Sterne aller Art spezialisiert. Andere Origami-Künstlerinnen und -Künstler falten stattdessen zum Beispiel Tiere oder Masken.
Welche Sterne Sprung entwickelt, ist wieder Zufall. Meistens denke sie ein älteres Modell einfach weiter und probiere so lange herum, bis ihr das neue Ergebnis gefällt.
Dafür braucht es natürlich viel Papier und die richtigen Techniken. Sprung meint, dass man eigentlich jedes Papier verwenden kann. Das klassische Origami-Papier muss es nicht immer sein. "Die Größe und Beschaffenheit hängt aber immer davon ab, was zum Modell passt. " Deswegen vergleicht sie das immer gerne mit Wolle oder Stoff: Mit der Zeit müssen Falter ein Gefühl dafür entwickeln, mit welchem Papier sie zurechtkommen.
Bei der Form scheiden sich die Geister: Die 62-Jährige verwendet beim Origami neben Quadraten zum Beispiel Recht-, Sechs- oder Achtecke. Für manche ist das nicht denkbar. "Die sogenannten Puristen arbeiten nur mit Quadraten. Da hat eben jeder seine Philosophie. " Gleiches gilt beim Kleben oder Schneiden. Viele sehen gerade den Reiz darin, ohne diese Hilfen auszukommen: So wird Origami zu einer noch größeren Herausforderung. Sprung verwendet Kleber und Schere nur selten. "Vor einigen Jahren habe ich aber erstaunlicherweise bemerkt, dass in Japan mehr geklebt wird als im Rest der Welt. " Außerdem gebe ein einziger Schnitt einem Origami-Modell oft doch das Besondere.
Über diese und andere Themen tauschen sich Sprung und die anderen Origami-Künstlerinnen und -Künstler auf internationalen Treffen aus, die von Origami-Vereinen organisiert werden. Am aktivsten sind die europäischen Falterinnen und Falter in Deutschland, England, Spanien, Italien und Frankreich. "Eine Veranstaltung dauert meist von Freitag bis Sonntag, da werden dann verschiedene Workshops angeboten. " Mit dabei sind immer zwei bis drei internationale besondere Gäste. Dadurch habe man dieses Flair, das sie sehr schätze, schwärmt Sprung. Kinder sind bei diesen Treffen übrigens selten dabei, die Workshops haben oft ein hohes Niveau. "Es gibt bestimmte Faltschritte, die schwer sind und für die man Erfahrung braucht. "
Besonders schöne Werke werden wie in der Kunst üblich präsentiert. Die 62-Jährige schickte schon gefaltete Sterne ins spanische Saragossa. Dort gibt es eines der wenigen Origami-Museen, das "Educational Museum of Origami in Zaragoza". "2016 habe ich bei einer Ausstellung mitgemacht, bei der nur Frauen dabei waren. Man wollte schauen, ob es beim Falten Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. " Eine zweite Ausstellung, die der Verein Origami Deutschland organisiert hat, fand in Gießen statt.
Wegen der Corona-Pandemie sind diese Ausstellungen und Treffen im Moment nicht möglich. "Es ist aber sehr interessant, welche vielseitigen Angebote die Origami-Gemeinschaft online auf die Beine stellt. " Anlässlich der "World Origami Days" (siehe Kasten) bieten internationale Künstlerinnen und Künstler im Internet Workshops an - auch Sprung hat schon einen gehalten. "Ansonsten sind die Kurse, weil es von den USA ausgeht, nachts. Da mache ich meist nicht mit. "
Trotzdem: Auch in der Krisen-Zeit geht Carmen Sprung ihrer Leidenschaft nach. Denn Origami bedeutet für sie in erster Linie Ruhe und eine Art Meditation. "Da bin ich erst einmal weg", sagt die 62-Jährige und lacht.
DK
Lina Schönach
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