Meditation über Bohrhämmern

16.09.2007 | Stand 03.12.2020, 6:29 Uhr

Um halb sieben werden an der Baumarktkasse die letzten Artikel gescannt. Doch wenn ein Handwerker kurz danach noch dringend Zement braucht, darf er auch noch in den Markt. - Foto: Hofmann

Schrobenhausen (SZ) Ein abendlicher Besuch im Baumarkt hat ja manchmal etwas Meditatives. Man schlendert durch die schier endlosen Regalreihen und bleibt irgendwann – ganz nach den persönlichen Interessen, bei Bohrhämmern, Gehwegplatten, Steckschlüsselsätzen oder Balkonpflanzen hängen. Auf einmal weist eine Durchsage darauf hin, dass man den Kunden zwar für ihren Besuch danke, aber das Geschäft gerne in wenigen Minuten schließen würde. Derart aus der Meditation gerissen, wundert man sich, wo denn die Zeit geblieben ist, schnappt sich noch schnell das Schächtelchen Schrauben oder das Kehrblech, wegen dem man eigentlich hergekommen ist, bezahlt und tritt hinaus in die richtige Welt. Zumindest Männern geht es immer wieder so – hat wohl mit den Genen zu tun.

Dieser Abend bietet beste Voraussetzungen für eine spezielle Männer-Meditation. Im Bau- und Gartenmarkt Ellwanger an der Pöttmeser Straße geht es kurz nach sechs Uhr ruhig zu. Kein Vergleich mit diesen Samstagen im Frühsommer, wenn jeder draußen etwas zu tun hat und vormittags das Material – von Heidelberger Zement über kesseldruckimprägniertes Holz bis hin zur Blumenerde – dafür besorgen muss. Dann kommt es an den Kassen schon mal zu Schlangen. Dass die Leute an diesem milden Spätsommerabend aber etwas besseres zu tun haben, als in seinen Baumarkt zu kommen, das versteht Seniorchef Hans Ellwanger gut – wer wolle schließlich nicht die letzten schönen Abende vor dem Herbst zum Ausspannen nutzen.

Offenbar der Mann in Arbeitskleidung, der da gerade durch die beiden Schiebetüren den Baumarkt betritt. Schnellen Schrittes und zielstrebig geht er in die Baustoffabteilung, schnappt sich den mittelgroßen Sack Fliesenkleber, geht zur Kasse und ist auch schon wieder weg. Das Bad soll schließlich heute noch fertig werden. Verkäufer Mathias Wiedemann sitzt zu dieser Zeit am Computer und nimmt Daten auf. Ein Kunde hat seinen Bosch-Schlagbohrer vorbeigebracht, der zwar noch schlägt, aber nicht mehr bohrt. Kein Problem, mein Wiedemann, das Gerät kommt in die Kiste, die die Bosch-Leute regelmäßig abholen. Draußen, auf dem Freigelände, werden inzwischen die Pflanzen gegossen. Hier dominiert schon Herbstware wie das Heidekraut.

Um 18.30 Uhr schließt der Markt. Die letzten Kunden zahlen, dann werden die Türen geschlossen. Kassiererin Birgit Holland und Juniorchefin Gabriele Ellwanger prüfen die Kasse. Da klopft es an der Glastür: Ein Handwerker steht mit bittendem Blick davor – und Juniorchef Johannes Ellwanger drückt noch einmal auf den Türöffner. Ganz dringend brauche er noch sechs Sack Zement, erklärt der Handwerker, für den Estrich auf der Baustelle nebenan. Ellwanger begleitet ihn in die Baustoffabteilung, in der der Boden immer ein wenig schmutziger aussieht als zum Beispiel bei den Tapeten (sonst würden sich die Leute mit ihren Arbeitsklamotten gar nicht reintrauen, schmunzelt Ellwanger senior). 17,34 Euro wechseln den Besitzer, und ein glücklicher Bauarbeiter verlässt als letzter Kunde für heute den Markt.

Kurz vor 19 Uhr sind nur noch die Ellwangers da. Für sie dauert der Arbeitstag noch eine weitere Stunde. Das Geld für die Bank fertigmachen, die Daten auf dem Server sichern, E-Mails beantworten, Angebote schreiben, die Alarmanlage scharf machen – jeder hat sein Pensum zu absolvieren. Selbst im Garten oder am Haus zu arbeiten – dazu haben sie abends meistens keine Zeit mehr.