Hanoi
Massive Anti-China-Proteste in Vietnam

Demonstranten setzen aus Empörung über Gebietsansprüche Pekings Fabriken in Brand

14.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:41 Uhr

Hanoi (AFP) Bei den schwersten anti-chinesischen Protesten seit Jahren sind in Südvietnam mehr als ein Dutzend Fabriken in Brand gesetzt worden. 500 Menschen wurden nach den Ausschreitungen festgenommen, wie ein Polizeisprecher gestern sagte.

Die Proteste richteten sich gegen chinesische Ölbohrungen in einem von beiden Ländern beanspruchten Seegebiet im Südchinesischen Meer. Die Übergriffe hatten chinesische oder von Chinesen geleitete Fabriken zum Ziel. Die Verdächtigen seien auf frischer Tat bei Brandstiftungen und Plünderungen in mehreren Fabriken gefasst worden, teilte die Polizei der Provinz Binh Duong mit. Zehntausende Arbeiter waren dort am Dienstag auf die Straße gegangen, wie die staatliche Nachrichtenwebsite „VNExpress“ meldete. Eine kleine Gruppe habe dann begonnen, Wachleute und Fabrikmanager anzugreifen. Anschließend seien mindestens 15 Gebäude in Brand gesetzt worden. In Blogs von Dissidenten wurden Bilder und Videos veröffentlicht, die Protestteilnehmer dabei zeigten, wie sie Fabriktore zerstörten, Fenster einwarfen und Büros verwüsteten. Insgesamt sollen rund 100 Fabriken angegriffen worden sein.

Die Polizei schickte nach Angaben von „VNExpress“ Spezialeinheiten in die Region, um weitere Ausschreitungen zu verhindern. „Diejenigen, die die Lage ausgenutzt haben, um Unruhen anzuzetteln, werden hart bestraft“, sagte der örtliche Behördenvertreter Tran Van Nam.

Auch Produktionsstätten taiwanischer und südkoreanischer Unternehmer, die offenbar versehentlich für Chinesen gehalten wurden, waren Ziel von Angriffen. Berichte über Verletzte lagen zunächst nicht vor. Mehrere Fabriken mussten ihren Betrieb zeitweise einstellen.

Die chinesische Regierung äußerte ihre „ernste Besorgnis“ über die Vorfälle. Peking fordere die vietnamesische Regierung auf, die Ausschreitungen zu stoppen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Die Sicherheit chinesischer Bürger und Unternehmen in Vietnam müsse gewährleistet sein. Auch Taiwans Außenminister David Lin verurteilte die Gewalt und rief Hanoi auf, die Sicherheit seiner in Vietnam beschäftigten Landsleute zu garantieren.

Landeskenner vermuten, dass die vietnamesische Regierung in Hanoi die Proteste der Bevölkerung bewusst zulässt und damit ihre eigene Empörung über das chinesische Vorgehen zum Ausdruck bringt. Normalerweise werden Demonstrationen in Vietnam von den Sicherheitsbehörden unterbunden. Zuletzt wurden aber mehrere gegen China gerichtete Kundgebungen zugelassen.

China und Vietnam streiten sich seit Jahrzehnten um Inseln im Südchinesischen Meer. Der Konflikt hatte sich Anfang Mai zugespitzt, als Peking eine Tiefseebohrplattform vor die Paracel-Inselgruppe verlegte. Hanoi schickte Schiffe in die Gegend, die dort nach eigenen Angaben von chinesischen Schiffen angegriffen und gerammt wurden. China warf seinerseits den vietnamesischen Schiffen vor, seine Schiffe dutzende Male gerammt zu haben.