Pfaffenhofen
"Man beschnuppert sich schon anders"

Karl Huber vertritt derzeit Landrat Albert Gürtner - Neue Rolle für Behörden-Urgestein

19.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:37 Uhr
Auf dem Landratsstuhl wollte Karl Huber für das Foto nicht Platz nehmen. −Foto: Wenisch

Pfaffenhofen - Ein Foto im Landratsstuhl will Karl Huber (Bürgerliste) nicht machen. Stattdessen setzt er sich an den gegenüberliegenden großen Besprechungstisch vor den Aufsteller mit dem "Landkreis Pfaffenhofen"-Schriftzug. Dabei kann sich Huber seit mehr als einer Woche mit Fug und Recht auf der anderen Seite des Schreibtischs niederlassen - in dem Stuhl, den er bei der Wahl im März eigentlich dauerhaft erobern wollte.

"Das Ergebnis musste ich ein paar Tage verdauen", sagt Huber heute, nachdem er die Stichwahl gegen den späteren Wahlsieger Albert Gürtner (FW) knapp verpasst hatte. Jetzt aber ist Huber doch noch zum Hausherrn des Landratsamts geworden - wenn auch nur vorübergehend als Urlaubsvertretung von Landrat Gürtner. In die neue Rolle, die ihm angeboten worden sei, habe er sich sehr gut eingefunden, sagt er. Die Zusammenarbeit zwischen Gürtner, ihm und den weiteren beiden Stellvertreterinnen Elke Drack (SPD) und Kerstin Schnapp (Grüne) funktioniere sehr gut, die Absprachen seien sehr eng. "Im Auftrag von Albert Gürtner habe ich mich in den ersten Wochen vor allem um viele Bausachen im Landkreis-Norden gekümmert", sagt er, die Aufgabenverteilung laufe sehr harmonisch.

Auch die Schwerpunktsetzung in der zweiwöchigen Urlaubsvertretung ist eng mit dem Amtsinhaber abgestimmt. Bauvorhaben, Naturschutzsachen, Bürgergespräche standen zuletzt auf dem Programm. Doch hinzugekommen ist nun noch ein anderes Thema, das Hubers Arbeit in den vergangenen Tagen dominiert hat: Die Anweisung der Staatsregierung, in jedem Landkreis ein Corona-Testzentrum zu errichten, hat ihn gefordert - unzählige Gespräche mit Ärztevertretern, Mitarbeitern oder Vertretern des Hopfenpflanzerverbands wegen der Testung von Saisonarbeitskräften standen an. Das Leben als amtierender Hausherr ist stressig, aber: "Der Tag vergeht wie im Flug, aber es macht Spaß, weil ich gerne Verantwortung übernehme", sagt Huber.

Dabei sieht er sich vor allem als Vermittler zwischen seiner Behörde und den Bürgern. "Die Pflicht ist der bloße Gesetzesvollzug. Die Kür ist, gemeinsam etwas zu erreichen und mit den Bürgern einen gemeinsamen Konsens oder eine Lösung zu finden", sagt Huber. Wenn er den Menschen die Arbeit des Landratsamts nahebringen könne, sich empathisch mit den Problemen befassen und ausgleichend wirken könne, sei er mehr als zufrieden. Eine politische Bilanz der bisherigen Arbeit der Bunten Koalition will Huber nicht ziehen - das überlässt er Landrat Gürtner. Eines der Wahlversprechen der Bürgerliste will er aber in seiner Arbeit umsetzen: mehr Transparenz und Offenheit der Behörde.

Eine kurze Phase des Ankommens war auch für Huber auf dem neuen Posten notwendig, obwohl er das Landratsamt kennt, wie kaum ein anderer. Schließlich war er mehr als 33 Jahre in der Behörde tätig, bevor er sich im vergangenen August in den Ruhestand verabschiedete. "Man beschnuppert sich schon anders", sagt er über die Zusammenarbeit mit den ehemaligen Kollegen, aber er habe in den vergangenen Tagen Berührungspunkte mit vielen Abteilungen gehabt und der Kontakt sei überall gut und sehr konstruktiv gewesen.

Aber nicht nur im Vergleich zu seiner Vergangenheit als Landratsamtsmitarbeiter nimmt Huber heute einen neuen Blickwinkel ein. Auch bei den Runden von Bürgermeistern und Landrat sitzt der frühere Ernsgadener Rathauschef heute auf der anderen Seite des Tisches. In beiden Rollen - als Bürgermeister und Vize-Landrat - sei sei man kreativ und produktiv gefordert. "Organisatorisch und politisch sind es aber im Landratsamt andere Dimensionen. Man muss viel mehr absprechen und viel mehr Akteure einbinden", erklärt Huber. Im Landratsamt sei er noch mehr der Problemlöser, zum Beispiel was Bausachen betrifft.

Probleme werden nicht nur von unten, von den Landkreis-Bürgermeistern, Bürgern oder der Wirtschaft an ihn herangetragen, sondern auch aus der anderen Richtung: "Land und Bund geben manchmal Anweisungen heraus und meinen, das sei alles easy", kritisiert Huber. Dass Vorgaben wie Testzentren in allen Landkreisen für das Landratsamt einen Berg von Herausforderungen bedeuteten, werde dabei aber oft unterschätzt. Das Thema dürfte Huber und Gürtner also noch eine Zeit beschäftigen.

PK

Daniel Wenisch