Passau/Berlin
Nach Corona-Studie aus Passau: ARD und ZDF wehren sich

19.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:44 Uhr
ARD und ZDF haben nach Ansicht von Wissenschaftlern in den ersten Monaten der Corona-Pandemie mit ihren Sendungen einen massenmedialen "Tunnelblick" erzeugt. Nun wehren sich die Sender. −Foto: Schöfer/PNP/Archiv

Passau - Wissenschaftler der Uni Passau haben die Berichterstattung von ARD und ZDF untersucht und sagen: Ein massenmedialen "Tunnelblick" wurde erzeugt. Nun wehren sich die Sender.

 

Gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Hennig hat Medienforscher Dennis Gräf vom Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau mehr als 90 Sendungen von "ARD Extra" und "ZDF Spezial" untersucht und sie im Zeitraum von Mitte März bis Mitte Mai analysiert.

Die Wissenschaftler kamen zum Schluss, dass Journalismus differenzierter sein und Maßnahmen in der Corona-Pandemie auch grundsätzlich hinterfragen müsse. Dies sei in den Beiträgen der Öffentlich-Rechtlichen aber nicht geschehen, resümierten sie. Gräf sagte, vielmehr überwiege das Bild: "Individuelles Wohl wird eingeschränkt für das überwiegende Wohl". Und weiter: "Sondersendungen wurden zum Normalfall und gesellschaftlich relevante Themen jenseits von Covid-19 ausgeblendet: Es war eine Verengung der Welt. "

Die öffentlich-rechtlichen Sender wehren sich nun: ARD-Chefredakteur Rainald Becker wies den Vorwurf auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) zurück. "Dass das Informationsbedürfnis zur Corona-Pandemie außerordentlich hoch war und ist, belegt nicht zuletzt das große Interesse der Zuschauerinnen und Zuschauer an unseren Sendungen zum Thema", erklärte er. Für die ARD habe zu jeder Zeit die journalistische Qualität der Berichterstattung im Vordergrund gestanden. "Auch im Nachhinein halte ich Umfang und Inhalt unseres Informationsangebots für angemessen und ausgewogen. " Der Vorwurf eines "Tunnelblicks" gehe an der programmlichen Realität im Ersten und an der Lebensrealität der Menschen vorbei.

Ein ZDF-Sprecher erklärte: "Die 'Tunnelblick'-These der Forscher ignoriert, dass Corona als dominantes Berichterstattungsthema der vergangenen Monate alle Lebensbereiche prägte und entsprechend umfangreich in den Berichterstatter-Blick geriet." Dass in den "ZDF-Spezial"-Ausgaben die aktuelle Entwicklung der Krise mit all ihren vielfältigen Aspekten im Vordergrund gestanden habe, "ist angesichts einer außergewöhnlichen Pandemie-Lage nicht überraschend, sondern sogar Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Informationsangebots".  Es habe gerade in den ersten Wochen großen Informations- und Erklärungsbedarf gegeben, "dem das ZDF Rechnung getragen hat". Dabei sei die Gewichtung von Corona- und anderen Themen ein täglicher Abwägungsprozess in den Redaktionen.

dpa/vr